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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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wollte sie aufsetzen und ließ es dann doch. Er konnte es nachholen, später, wenn er auf der Straße war, was im Übrigen auch viel mehr den guten Sitten entsprach. Beschwingt von diesem weiteren Erfolg, sagte er: »Erinnert Ihr Euch an gestern, Herr Apotheker? Da besuchte ich Euch, um Euch ein wenig Mut zu machen und äußerte dabei die Hoffnung, in Eurem Fall weiterzukommen.« »Ich erinnere mich.«
    »Nun, jetzt sind wir weiter. Dass wir die drei Halunken hinter Schloss und Riegel bringen können, gibt uns die Möglichkeit, alles, was sie wissen, aus ihnen herauszuquetschen. Und ich denke, das wird nicht wenig sein. Ich glaube, Ihr werdet Euch in Kürze wieder an Eurer kompletten Sammlung erfreuen können!« Der Apotheker Rapp lächelte. »Das glaube ich auch, Meister Ladiges, das glaube ich auch.«

 
    Kapitel zwanzig,
    in welchem die Witwe Kruse den Gehilfen Hauser
    aufs Schmerzlichste vermisst, am Ende aber doch
    mit Teodorus Rapp vorlieb nimmt.
     
    E s war Montagmorgen, der vierzehnte Dezember; die Witwe Kruse hatte wieder einmal eine Nacht ohne Schlaf hinter sich. Stundenlang hatte sie wach gelegen und in sich hineingehorcht, immer auf der Suche nach dem Schmerz, der ihr an so vielfältigen Körperstellen zusetzte. Mal glaubte sie ihn im Unterleib zu spüren, was ihr Anlass gab, an Blasenentzündung, Magengeschwüre und Koliken zu denken, mal weiter oben, was Brustfraß, Katarrh und Gallensteine befürchten ließ, mal im Kopf, was auf Migräne, Geschwülste und Vereiterung der Nasenhöhlen hindeutete. Und zwischendurch immer die Hitzewallungen und die Schweißausbrüche! Die Standuhr in ihrem teuer möblierten Schlafzimmer zeigte bald achteinhalb Uhr, und sie hatte noch immer kein Auge zugetan. Draußen dämmerte es. Sie war ganz allein im Haus, Isi hatte sich schon vor geraumer Zeit fröhlich pfeifend auf den Schulweg gemacht, und die Zugehfrau war seit Tagen einfach fortgeblieben. Wie alle anderen vor ihr auch. Die Kruse seufzte kläglich. Was hatte sie nur verbrochen, dass ihr das Leben so übel mitspielte? »Ich-weiß-es-nicht-ich-weiß-es-nicht«, antwortete sie sich selbst.
    Sie beschloss, aufzustehen, zuvor aber griff sie neben sich, schob die zahllosen Töpfchen, Döschen und Fläschchen mit Medikamenten beiseite und schenkte sich ein großes Glas Madeira aus der bereitstehenden Karaffe ein. Sie trank. »Ah-das-tut-gut«, stöhnte sie und ließ sich wieder in die Kissen zurückfallen. Alsbald wärmte ihr der Wein das Gedärm, und Schweißperlen traten ihr auf die Stirn. Schon wieder eine Hitzewallung! Ihr blieb auch nichts erspart. Sie zog die dicke Daunendecke hinauf bis ans Kinn, aus Angst, sie könne sich nach Abklingen der Wallung erkälten. Dabei war es angenehm warm im Zimmer, eigentlich zu warm. Aber ein Öffnen der Fenster kam nicht in Frage. Die bloße Vorstellung, ein Kranker könne auf der Straße vorbeigehen und sie mit seinem Leiden anstecken, trieb ihr das Fieber in die Adern. Sie goss sich nochmals ein.
    Dann erhob sie sich ächzend. Sie musste etwas gegen ihre Schlaflosigkeit unternehmen, gewiss war sie die Ursache all ihrer körperlichen Pein. Und vielleicht auch der Verstopfung. Sie war seit zwei Tagen nicht zu Stuhle gekommen und machte sich ernsthaft Sorgen.
    Nachdem sie sich angekleidet hatte, ein Unterfangen, das seine Zeit brauchte, trank sie abschließend noch ein Gläschen, wobei sie Schluckbeschwerden zu spüren glaubte. Waren das noch Auswirkungen ihrer Rauchvergiftung? Sie hatte die Tobackwickel doch so sorgfältig angelegt und auch Linderung verspürt? Es würde gut sein, gleich jetzt zum Apothekenhaus Rapp zu laufen und um arzneilichen Rat zu bitten. Der Gehilfe Hauser, der seit einiger Zeit dort arbeitete, machte wirklich einen tüchtigen Eindruck, er würde wissen, was zu tun war. Bevor sie das Haus verließ, überprüfte sie ihr Äußeres in einem Spiegel und kam zu der Erkenntnis, dass sie grauenhaft aussah. Hohle Wangen, spitzes Kinn, trübe Augen, dazu eine Gesichtsfarbe, die an einen Aschekasten erinnerte. Höchste Zeit, zur Apotheke zu eilen!
    Mit schnellen Schritten, denen man ihren schrecklichen Zustand keineswegs ansah, verließ sie ihr Haus und machte sich auf den Weg in die Deichstraße. Es war ein Tag mit durchwachsenem Hamburger Wetter, und sie war froh, in letzter Minute neben ihrem Ridikül noch einen Schirm mitgenommen zu haben. Als sie ihr Ziel fast erreicht hatte, fiel ihr plötzlich etwas Entsetzliches auf: Es war erst zehneinhalb Uhr, und das

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