Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
entschlossen, wenigstens über seinen Handydiebstahl zu schweigen, wie es mit Ekki und Schnappauf vereinbart worden war. »Es wird sowieso Zeit für uns.« Er erhob sich, und Anne und Roth folgten seinem Beispiel. »Wir haben Ihre Zeit schon über Gebühr in Anspruch genommen. Besten Dank für den Whisky.«
*
»Warum hattest du es denn plötzlich so eilig mit dem Aufbruch?«, fragte Anne. »Er war doch ganz schnuckelig, unser Promi-Präsident. Und so gutaussehend. Also mir hat er gefallen.« Sie gingen die Treppe im Schloss hinunter.
»Vielleicht ja gerade deshalb.« Beaufort äffte Roth nach: »Sie haben ja eine sooooooo charmante Stimme. Warum treffen wir uns nicht mal zu einem Interview?« Er schnaubte verächtlich. »Der Kerl hat dich angebaggert, obwohl ich daneben saß. Der scheint ja nicht lange zu fackeln, wenn sich eine Gelegenheit bietet.«
Vor lauter Entrüstung passte er bei der vorletzten Treppenstufe nicht auf und geriet ins Straucheln. Mit einer Reflexbewegung hielt Anne ihn fest und zog ihn an sich, damit er nicht hinfiel. Sie standen eng umschlungen am Fuße der Treppe und sahen sich fast auf Augenhöhe an. Anne war groß und schlank und nicht viel kleiner als Frank, wenn sie, wie heute, hochhackige Schuhe trug. Sie lächelte verliebt und gab ihm einen Kuss.
»Ich mag es, wenn du ein bisschen eifersüchtig bist. Obwohl du doch wissen müsstest, dass ich nie etwas mit einem kleineren Mann anfangen würde.«
»Auch nicht mit einem Präsidenten?«
»Bin ich Carla Bruni?«
Frank lächelte schief. »Ich weiß ja nicht, ob mich das wirklich beruhigt, wenn ich nur bei den großen Kerlen aufpassen muss.«
»Und beim echten George Clooney natürlich auch – ganz egal, ob der nun größer oder kleiner ist als ich.«
»Oh, das geht in Ordnung. Ich meine, ich würde Scarlett Johansson ja auch nicht von der Bettkante schubsen.«
Anne schüttelte angriffslustig ihre dunklen Haare. »Moment, seit wann stehst du auf Blondinen?«
»Seitdem du auf graumeliert abfährst. Aber da kann ich dich beruhigen. Das wird bei mir von ganz allein daraufhinauslaufen. Du musst nur ein paar Jahre Geduld mitbringen.«
Sie gingen aus dem Gebäude und dann Hand in Hand in den Schlossgarten, der wegen eines Konzerts in der Orangerie heute Abend noch nicht abgesperrt war. Nach einer Weile des einvernehmlichen Schlenderns und Schweigens fragte Beaufort unvermittelt: »Glaubst du wirklich, dass der Mörder auf der Suche nach Schifferlis iPhone war?«
»Wonach sollte er sonst gesucht haben?«
»Ich weiß es nicht. Ich versuche nur, mich in ihn hineinzuversetzen. Wenn ich so brisante Geheimnisse entdeckt hätte, für die jemand, wie wir jetzt wissen, sogar einen Mord begeht, würde ich die dann in meinem Telefon verstecken? Nicht lieber doch woanders? Ich meine, so ein Handy kann man schließlich auch verlieren. Oder es kann einem gestohlen werden. Immerhin sind diese Dinger teuer und heiß begehrt.«
»Aber die Hinweise auf Gäbeleins Betrügereien steckten doch nun mal in seinem Smartphone.«
»Bloß hat mir Tom Schifferli von zwei Akademikern geschrieben, denen er auf die Schliche gekommen ist.«
»Ja, Gäbelein und Corrodi. Wo ist dein Problem?«
»Was ist, wenn er gar nichts von Corrodi wusste? Er wirkte immerhin erstaunt, als ich das mit den Diebstählen in der UB andeutete.«
»Du meinst, es könnte noch einen Dritten geben?«
»Möglich wär’s doch.«
Anne blieb aufgewühlt stehen. »Das würde ja bedeuten, dass der Mörder noch frei herumläuft.«
»Wenn Gäbelein es nicht war: ja. Das bekommen wir aber nur heraus, wenn wir endlich Schifferlis Versteck finden – vorausgesetzt, das gibt es wirklich.«
»Oder es sind doch noch Informationen in seinem iPhone verborgen. Am liebsten würde ich alle Dokumente daraus noch mal in Ruhe überprüfen.«
»Dazu ist es zu spät. Schnappauf hat das Handy jetzt – schon vergessen? Du kannst ihm den Tipp ja gerne geben, aber ob er sich dafür interessiert, wage ich nach meinen Erfahrungen mit ihm zu bezweifeln. Besser, wir konzentrieren uns auf die andere Spur. Wo kann Schifferli sonst noch belastende Dokumente und Fotos oder Dateien davon verborgen haben?«
»Vielleicht auf einem USB-Stick? So ein Stick ist ja nicht größer als ein Radiergummi. Aber der lässt sich praktisch überall verstecken. Sag mal, ist das nicht die Neudecker da vorn?« Anne deutete auf eine schwerbepackte Frau im Sommerkleid, die ihnen entgegenkam. Sie trug einen Stapel großer blauer Bücher
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