Tod im Dom
gebracht. Aber das ist schon Jahre her und…«
»Wer übernahm den Weitertransport in die DDR?«
»Eine Spedition, die ebenfalls – durch Strohmänner gedeckt – unter Pastichs Kontrolle stand, die Spedition Blitz. Eine Kölner Firma mit einer Niederlassung in Wien.«
Ich runzelte die Stirn und dachte an das, was mir Reutling über Schönbrunn erzählt hatte. Er war ja nur Fahrer bei ’ner Kölner Spedition…
»Arbeitete Schönbrunn für die Blitz?« fragte ich. »War er der Fahrer?«
Machetzky nickte. »Er erledigte alle KoKo- Transporte. Schönbrunn war Pastichs Vertrauter. Aber was soll das? Warum fragen Sie mich das? Die Holdings wurden kurz nach der Wende aufgelöst, die illegalen Transporte eingestellt. Ich habe damit nichts mehr zu tun.«
»Was ist mit Wernecke aus Leipzig und Dorn und Bollmann aus Berlin?«
»Dorn und Bollmann waren Stasi-Offiziere im besonderen Einsatz, Pastichs Kontaktleute. Dorn arbeitete für die Intrac, eine KoKo- Firma, die die Waren für die Intershops einkaufte. Bollmann saß in der KoKo- Zentrale in der Ostberliner Wallstraße und war direkt Schalck-Golodkowski unterstellt. Von ihnen bekamen wir die Aufträge, gefälschte Papiere, alles, was wir brauchten. Wernecke war Finanzexperte und für die Überwachung der Tessiner Holdings verantwortlich.«
»Gibt es noch jemand, der an den Geschäften beteiligt war oder der von ihnen wußte?«
Machetzky zuckte mit den Schultern. »Schalck-Golodkowski, die Spitze des MfS und natürlich Oberst Scheller, aber Scheller…«
»Wer ist Scheller?«
»Bollmanns Vorgänger. Er war sozusagen der Vater der ganzen Operation. Zwei Jahre vor der Wende wurde er pensioniert, voriges Jahr ist er gestorben.«
Ich fluchte. Das half mir auch nicht weiter.
»Wann haben Sie Pastich zuletzt gesehen?« fragte ich.
»Das ist schon Monate her«, behauptete Machetzky. »Was soll überhaupt…«
»Sie lügen«, sagte ich kalt. »Sie haben vor einer Woche zusammen mit Pastich Ihren Freund Schönbrunn im Schwarzwald besucht. Ein paar Tage später wurde Pastich ermordet. Von ehemaligen Stasi-Leuten. Die Killer haben kurz darauf Schönbrunn in seinem Kurhotel aufgespürt, doch sie kamen zu spät – Schönbrunn war schon tot. Er starb in der Nacht nach Ihrem Besuch.«
Machetzky schluckte nervös. Seine Blicke wanderten von mir zu Anja.
»Pastich ermordet? Das glaube ich nicht!« stieß er hervor. »Das ist völlig unmöglich!«
»Zeig ihm die Zeitung«, forderte ich Anja auf.
Sie zeigte ihm die Titelseite des Express mit der Schlagzeile MORD IM DOM und Pastichs Foto, und das überzeugte ihn. Dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte.
»Kennen Sie diesen Major oder Paul?« fragte ich, als ich fertig war.
Er schüttelte den Kopf.
»Warum wurde Pastich umgebracht? Und warum stehen Sie und die anderen, die an der Onex-Operation beteiligt waren, auf der Liste des Killers?«
»Ich…« Machetzky zögerte. Seine Augen flackerten. »Verdammt«, preßte er hervor. »Ich wußte, daß es nicht gutgehen würde – ich wußte es!«
»So reden Sie schon!« fuhr ich ihn an. »Sagen Sie mir, was Sie wissen! Begreifen Sie endlich – diese Leute sind auch hinter Ihnen her! Sie können jeden Moment hier auftauchen und Sie umbringen! Ich bin der einzige, der Ihnen helfen kann!«
Machetzky zuckte zusammen. Er hatte Angst. Ich sah es ihm an. Zur Aufmunterung hielt ich ihm die Handgranate unter die Nase, und er redete wie ein Wasserfall.
»Gold«, sagte er. »Es geht um Gold. Viel Gold. Über zwei Tonnen im Wert von rund vierzig Millionen Mark. Aus der Geheimreserve der KoKo. Es war Bollmanns Idee. Er sah das Ende kommen, schon vor dem endgültigen Zusammenbruch der DDR. Zusammen mit Dorn und Wernecke schaffte er das Gold beiseite und vernichtete alle Unterlagen über den Geheimfonds. Pastich und Schönbrunn brachten es in den Westen in Sicherheit, ich sollte den Verkauf übernehmen – Schweizer Kontakte, wissen Sie…«
Er lächelte verzerrt.
»Einen kleinen Teil haben wir sofort verkauft und das Geld geteilt, den Rest in der Spedition Blitz deponiert. Es schien uns zu riskant, große Mengen auf einen Schlag zu veräußern, vor allem, da damals in den Medien laufend Enthüllungen über Schalck-Golodkowski und die KoKo- Aktivitäten veröffentlicht wurden. Wir wollten warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«
Er rieb sich den Schweiß aus dem feuerroten Gesicht.
»Vor zwei Wochen sollte das Geld in die Schweiz zum Endabnehmer transportiert werden,
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