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Tod im Dom

Tod im Dom

Titel: Tod im Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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aber dann kam dieses Ermittlungsverfahren gegen Pastich dazwischen… Er wurde von der Polizei beobachtet, geriet in Panik. Er kam zu mir, und wir entschieden uns, die Aktion aufzuschieben…«
    »Waren Sie deshalb bei Schönbrunn? Um ihm das zu sagen?«
    »Ja. Er war nicht begeistert. Keiner von uns war begeistert.«
    Doch für Schönbrunn, dachte ich, war die Enttäuschung zuviel gewesen. Nur – das erklärte immer noch nicht, für wen Paul und der Major arbeiteten.
    »Vielleicht arbeiten sie auf eigene Faust«, vermutete Machetzky. »Wenn die beiden tatsächlich ehemalige Mitarbeiter des MfS sind, könnten sie von der Sache Wind bekommen haben. Vielleicht haben sie irgendwelche Unterlagen gefunden. Im Chaos der Wende sind viele Akten spurlos verschwunden.«
    Er kniff die Augen zusammen.
    »Bollmann«, sagte er. »Sie müssen mit Bollmann sprechen. Wenn jemand herausfinden kann, wer die beiden Killer sind, dann Bollmann. Er kannte das MfS und seine Mitarbeiter wie kein zweiter.«
    »Gut«, sagte ich. »Wir sprechen mit Bollmann. Wir fahren nach Berlin und…«
    »Nicht nach Berlin. Bollmann hat die Stadt verlassen. Er ist untergetaucht. Wie Dorn und Wernecke. In Leipzig, unter falschem Namen.«
    »Leipzig ist gut«, meldete sich Anja zu Wort. »Da kann ich dir zeigen, wo ich herkomme, Harry. Es wird dir bestimmt nicht gefallen, aber was sein muß, muß sein.«
    Ich hörte kaum hin – ich dachte an das Gold.
    Zwei Tonnen. Vierzig Millionen Mark.
    Das reichte für ein ganzes Leben auf Ibiza.
    Wo war das Gold jetzt? Noch immer in der Spedition Blitz? Paul und der Major waren mit einem Fahrzeug der Spedition im Schwarzwald aufgekreuzt – also hatten sie das Gold. Wahrscheinlich war es von ihnen längst an einen anderen Ort geschafft worden, wo es vor Machetzky & Co. in Sicherheit war.
    Um an das Gold zu kommen, brauchten wir die Killer.
    Machetzky hatte recht.
    Wir mußten mit Bollmann sprechen.
    Wir mußten herausfinden, wer die Killer waren, ob sie allein arbeiteten oder es noch Hintermänner gab.
    »Okay«, sagte ich zu Machetzky. »Heißen Dank für Ihre selbstlose Hilfe. Ich frage mich nur, was wir mit Ihnen machen sollen.«
    Er grinste mich grimmig an. »Ich komme natürlich mit. Was dachten Sie denn? Meinen Sie, ich bleibe hier und lasse mich abstechen wie Pastich? Außerdem brauchen Sie mich, wenn Sie Bollmann finden wollen.«
    Das gefiel mir nicht, und ich sagte es ihm.
    Er grinste noch grimmiger. »Meinen Sie, mir gefällt das? Nach allem, was Sie mir mit Ihrem verfluchten Blindenstock angetan haben? Aber Sie haben keine andere Wahl. Sie müßten mich schon mit Ihrer Granate in die Luft sprengen, um mich davon abzuhalten, und dann finden Sie Bollmann nie.«
    »Und das Gold auch nicht«, fügte ich hinzu.
    »Und das Gold auch nicht«, bestätigte Machetzky.

 
10
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    Das Wort Gold hat schon seit Urzeiten einen magischen Klang. Es macht aus friedfertigen Männern blutrünstige Killer, treibt schöne Frauen in die Arme rheumatischer Millionäre und führt überhaupt zu jeder Menge Kriminalität und Unvernunft.
    Auch mich hatte das Goldfieber gepackt, doch nicht schnöde Gier steckte dahinter, sondern ein hartnäckiger Überlebenswille – nach Anjas Konsumtrip durch die Münchener Innenstadt waren unsere Finanzen dermaßen zerrüttet, daß unsere Expedition nach Leipzig fast an den Benzinkosten gescheitert wäre.
    Was sollte bloß erst hinterher aus uns werden?
    Paul und dem Major das Handwerk zu legen und meine Unschuld zu beweisen war eine Sache, die horrenden Lebenshaltungskosten auf Ibiza eine andere. Notfalls konnte ich wieder zu meinem Gewerbe als Taschendieb zurückkehren, doch ich träumte noch immer von einem Leben als reicher, seriöser und gesetzestreuer Privatier, und das war mit dem Inhalt fremder Börsen kaum zu finanzieren.
    Und wenn Anja bei mir blieb, erst recht nicht.
    Seit sie ihre Öljacke gegen Kaschmir eingetauscht hatte, war sie für ein Dasein in Bescheidenheit und Mäßigung verloren. Sie hatte die Höhenluft des Luxus geschnuppert und sich prompt daran berauscht, und ihre materiell ausgehungerte ostdeutsche Seele schrie ohne Unterlaß nach Mehr! Mehr! Mehr!
    Ich konnte es ihr nicht verdenken.
    Die Freuden des Westens sind selbst für uns Wessis unwiderstehlich, und wir wissen immerhin, wie trügerisch sie sind.
    Trotzdem störten mich die Umstände ihrer Bekehrung zum Konsum mehr, als es unserer Beziehung guttun konnte, und damit meine ich nicht nur die Tatsache, daß sie die

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