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Tod im Dom

Tod im Dom

Titel: Tod im Dom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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fünfzehn Riesen des Majors fast völlig verbraten hatte: der winzige Kofferraum des Trabbis war vollgepackt mit dem teuersten modischen Krimskrams von der Maximilianstraße, wo die Boutiquen schon für einen Hosenknopf einen Hunderter verlangen.
    Noch nerviger war ihr endloser Redeschwall, mit dem sie Machetzky förmlich ertränkte. Aufgrund seiner luxuriösen Schwabinger Penthousewohnung schien sie ihn für eine Art Yuppie-Guru zu halten und löcherte ihn mit Fragen über Armani, Dior, Lagerfeld, Cartier, Tiffany und sonstigen Heiligen der Überflußgesellschaft, die er mit gönnerhaftem Grinsen ausführlich beantwortete.
    Ich traute Machetzky nicht.
    Er redete zuviel, grinste zuviel, schwitzte zuviel.
    Daß er unbedingt mit uns nach Leipzig wollte, konnte ich verstehen – wenn er in München blieb, würden ihn Paul und der Major früher oder später erwischen –, aber er führte uns mit Sicherheit nicht aus purer Selbstlosigkeit zu Bollmann und seinen anderen Stasi-Freunden.
    Andererseits war es besser für uns, wenn wir ihn im Auge behielten. Wenn Stasi-Bollmann Schwierigkeiten machte, konnte uns Machetzky als Geisel noch gute Dienste leisten. Doch ich hoffte, daß es nicht dazu kommen würde. Schließlich hatten wir die gleichen Interessen – wir wollten Paul und den Major und ihre möglichen Hintermänner.
    Erst wenn wir sie aufgespürt und erledigt hatten und es um das Gold ging, würde es gefährlich werden.
    Dann schlug wieder Onkel Makarows Stunde.
    Und Onkel Makarow hatte nach wie vor drei Handgranaten.
     
    Wir fuhren die ganze Nacht, zu dritt im rosaroten Trabbi. Anja und ich saßen vorn, Machetzky hinten. Beim Anblick des Wagens hatte Machetzky entsetzt vorgeschlagen, seinen schicken Mercedes der S-Klasse zu nehmen, und Anja damit die Konsumröte ins Gesicht getrieben, doch ich hatte kompromißlos auf dem Trabbi bestanden.
    Schon aus erzieherischen Gründen.
    Außerdem hatte ich die Qualitäten der tollen Kiste aus Zwickau inzwischen zu schätzen gelernt. Trotz der atemberaubenden Enge und des höllischen Motorenlärms.
    Wir nahmen die A9 Richtung Nürnberg und passierten am frühen Morgen die ehemalige innerdeutsche Grenze bei Rudolphstein. Ich schlief die meiste Zeit, um den Cognac zu verarbeiten und frische Kräfte für die Begegnung mit den flotten Jungs von der Stasi zu sammeln, und als ich erwachte, befanden wir uns schon tief im wilden Osten.
    Ich blinzelte müde ins graue Tageslicht und sah grauen Asphalt, graue Häuser, graue Landschaft und jede Menge Trabbis auf der Autobahn. Immerhin schneite es nicht. Dafür stank es bestialisch.
    »Himmel, wo sind wir?« fragte ich mit cognacrauher Stimme. »Und was ist das für ein wahnsinniger Gestank?«
    »Kurz vor dem Hermsdorfer Kreuz«, sagte Anja munter. »Der Gestank kommt von den Braunkohlekraftwerken, die hier überall herumstehen. Schwefelwasserstoff pur.«
    Auf dem Rücksitz schnarchte Machetzky lautstark vor sich hin. Gelegentlich versuchte er, die verkrampften Gliedmaßen im Schlaf zu bewegen, scheiterte aber an den Platzverhältnissen, grunzte protestierend und gab wieder Ruhe.
    »Ich hab’ Hunger«, erklärte ich. »Laß uns irgendwo anhalten und frühstücken. Was ist mit dir? Soll ich dich ablösen? Du mußt doch total übermüdet sein.«
    »Ich bin fit«, versicherte sie. »Mach dir um mich keine Sorgen. Ich könnte noch tagelang so weiterfahren.«
    Ein paar Minuten später hielten wir an einer Autobahnraststätte, die so einladend wirkte wie der Wartesaal eines seit Jahren aufgegebenen Bahnhofs, weckten Machetzky, würgten ein Frühstück hinunter, an das ich mich lieber nicht erinnern will, und setzten unsere Fahrt durch die Braunkohleabgasschwaden fort.
    Je näher wir Leipzig kamen, desto schlimmer wurde der Gestank, und die Aussicht wurde auch immer häßlicher: riesige Abraumhalden aus dem Braunkohletagebau, schmutzige Fabrikkomplexe, die schon seit Beginn der Industrialisierung das Land verpesteten, verfallene Häuser mit abblätterndem Verputz und löchrigen Fassaden, die nur noch von der eisernen Willenskraft ihrer Bewohner vor dem Einsturz bewahrt zu werden schienen. Über allem hing eine fahle Smogdecke wie ein unendliches Leichentuch.
    Leipzig selbst war die Art Stadt, in der ich nicht einmal begraben werden wollte. Dreckig, verrottet, häßlich, das Klein-Bronx des Ostens. Auf dem sechsspurigen Ring um die City drängten sich die Trabbis, Wartburgs und Westautos so dicht, als würden sich sämtliche Arbeitslosen des Landes

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