Tod im Dünengras
nicht,
denn die Sohle war voller Sand.
Während Fietje beteuerte, wie gut ein nächtlicher Strandspaziergang
für seine Gesundheit sei, holte Mamma Carlotta die Schuhe aus dem Karton und
betrachtete sie genauer. Groà waren sie, sehr groÃ. Sie sah unter die Sohle:
GröÃe siebenundvierzig! DrauÃen redete Fietje von seinen Schlafstörungen, die
er bekämpfte, indem er sich an die frische Luft begab. Dass er dabei
gelegentlich auf heimliche Liebespaare oder sogar auf Mordopfer stieÃ, war
natürlich reiner Zufall. Was konnte er dafür?
Erik schien einzusehen, dass aus Fietje nichts herauszuholen war.
Mamma Carlotta hörte das Klappern von Geldmünzen und Eriks Worte: »Stimmt so!«,
dann seine schleppenden Schritte, die sie so gut kannte. »Sollte sich
rausstellen, Herr Tiensch, dass Sie nicht die Wahrheit gesagt haben, kriegen
Sie richtig Ãrger, kapiert?«
Fietje antwortete nicht, aber Mamma Carlotta war sicher, dass er
nickte.
»Wenn Sie sich Ihre Aussage noch mal überlegen wollen â Sie wissen
ja, wo Sie mich finden.«
Kurz darauf fiel die Tür von
Käptens Kajüte ins Schloss, Mamma Carlotta konnte sich vorstellen, dass vor und
hinter der Theke befreit aufgeatmet wurde.
Tove erschien in der Küche. »Sie sind noch da?«
»Aus dem Fenster steigen, das ist nichts für mein Alter.«
»Die Luft ist rein.« Plötzlich verdüsterte sich Toves Gesicht. »Was
haben Sie da?«
Mamma Carlotta hielt ihm die Turnschuhe entgegen. »Die lagen in dem
Karton mit den Dosensuppen.«
Tove riss sie ihr aus der Hand und warf sie ärgerlich in eine
Zimmerecke. »Hat Fietje auf dem Parkplatz von Buhne 16 gefunden. In einem
Papierkorb!«
»Aber die sind doch noch total in Ordnung!«
»Tja, was die Leute so alles wegwerfen!«
»Warum hat Fietje sie nicht selbst behalten?«
»Gucken Sie sich mal seine FüÃchen an. SchuhgröÃe siebenundvierzig
hat der nicht.«
»Aber Sie?« Mamma Carlotta blickte auf Toves FüÃe und nickte. »Nett
von Fietje, dass er Ihnen die Schuhe überlassen hat. Wahrscheinlich als Dank,
weil Sie sich so für ihn eingesetzt haben.« Sie lächelte in Toves mürrisches
Gesicht. »Sie wissen schon. Fietje hatte doch beobachtet, wie Henner Jesse
zusammengeschlagen wurde. Und Sie haben so groÃen Wert darauf gelegt, dass er
keine Aussage zu machen braucht.«
Toves Gesicht glättete sich. »Aber man kann sich ja auf nichts mehr
verlassen. Wenn Fietje nicht zur Polizei geht, dann kommt die glatt zu ihm.« Er
griff nach Mamma Carlottas Schulter und schob sie durch die Tür. »Auf diesen
Schreck kriegen Sie erst mal ein Glas Rotwein aus Montepulciano.«
Sören bremste scharf neben ihm und öffnete die
Beifahrertür. »Rein mit Ihnen! Der Vermieter der Wohnung wartet schon.«
Erik war beeindruckt von Sörens Schwung. Seinem Assistenten schien
das Erfolgserlebnis gutzutun. Er schäumte geradezu über vor Arbeitsfreude. »Ich
musste nicht einmal lange suchen«, erzählte er auf dem Weg nach Westerland.
»Meine Tante wusste sofort, dass dieser Schlüssel zu den Apartments gehört, die
von Jens Möllers vermietet werden.«
»Immobilien-Möllers?« Erik kannte die Firma. Sie verwaltete und
vermietete unzählige Ferienwohnungen.
Sören lächelte. »Die Wohnung gehört einem gewissen Ilario Capra.«
»Capra?« Erik war überrascht. »Ein Verwandter von Antonio Capra?«
Sören nickte. »Vermutlich sein Bruder.«
»Also Francescos Onkel«, ergänzte Erik nachdenklich.
»Er besitzt mehrere Apartments auf Sylt. Als Kapitalanlage! Eins
davon hat er früher selbst genutzt, die anderen wurden über Jens Möllers
vermietet. Seit ein paar Jahren sitzt Capra jedoch im Rollstuhl, seitdem war er
nie wieder auf Sylt. Auch die Wohnung, die er früher selbst nutzte, befindet
sich nun in Jens Möllersâ Obhut, der sie für ihn vermietet.« Sören bog in den
Bahnweg ein, von dort in die Friesische StraÃe. »Anfang des Jahres hat Capra
zwei Apartments wieder aus der Vermietung genommen. Sie würden bis auf Weiteres
von einem Verwandten genutzt, hat er Möllers erzählt.«
Sören hielt vor einem der gigantischen Apartmenthäuser, die den
Strand von Westerland verschandelten. Grauer Beton, riesige Front, ein
Balkonkäfig neben dem anderen. Ein Luxusgefängnis, das
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