Tod im Dünengras
nicht die Hoffnung hatte, dass die beiden sich noch auf der Insel
aufhielten. Aber sie wurden auch überregional gesucht, und sogar Interpol war
eingeschaltet worden. Alviso und Follini standen im dringenden Verdacht, für
Henner Jesses und Utta Ingwersens Tod verantwortlich zu sein.
Erik seufzte auf und lehnte sich zurück. Alle MaÃnahmen gründeten
sich auf die Informationen, die Girotti ihnen gegeben hatte. Doch stand
wirklich fest, dass Francesco die beiden angeheuert hatte? Noch waren die
Schuhabdrücke, die sie neben Henner Jesse gefunden hatten, in Italien nicht
überprüft worden. Erst wenn Girotti die Abdrücke verglichen hatte, konnten sie
ganz sicher sein. Aber vor allem â konnte man wirklich darauf vertrauen, dass
die Mafia-Familie Capra zerschlagen war und Francesco nur wie ein kleiner Junge
das Spiel weitergespielt hatte, das ihm so gut gefiel? Die Erleichterung, die
die Staatsanwältin verströmt hatte, war bei Erik noch immer nicht angekommen.
Ob auch Francescos Tod auf das Konto seiner beiden Freunde ging, war
nach wie vor unklar. Ein Motiv für ihre Täterschaft lag nicht auf der Hand, und
Indizien gab es auch keine. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aber
Erik hoffte darauf, dass Vetterich bald etwas finden würde, was sie
weiterbrachte.
»Ob uns die junge Frau helfen könnte, die Francesco heiraten
wollte?«, überlegte Erik.
»Aber wie sollen wir die finden?«, fragte Sören zurück. »Wir wissen
nichts von ihr. AuÃer dass sie eine Deutsche ist.«
»Womöglich lebt sie auf Sylt.«
»Kann sein, muss aber nicht.« Sören dachte angestrengt nach,
kippelte ein klein wenig mit seinem Stuhl, stellte ihn dann aber wieder auf
seine vier Beine, weil er anscheinend endlich durch Schaden klug geworden war.
»Warum dieses Geheimnis um ihren Namen? Das hört sich so an, als wäre er seiner
Familie bekannt.«
Erik runzelte die Stirn. »Sie meinen ⦠eine Prominente?«
»Zum Beispiel.« Sören wusste von einer Fernsehschauspielerin, die
sich zurzeit auf Sylt erholte, und von einer Kabarettistin, die ihm auf der
FriedrichstraÃe begegnet war. »Aber die kennt in Italien keiner.«
In diesem Augenblick klingelte Eriks Telefon, Vetterich war dran.
»Haben Sie was für mich?«, fragte Erik aufgeregt.
Vetterich brummte etwas Zustimmendes in den Hörer. »Die haben zwar
gründlich sauber gemacht, aber natürlich nicht gründlich genug. Zwei Schuhabdrücke
haben wir gefunden. Und die sind identisch mit denen, die wir auch neben Henner
Jesse gesichert haben.«
Erik lächelte zufrieden. »Der
Tatverdacht gegen die beiden hat sich also erhärtet. Sie haben Jesse
zusammengeschlagen, vermutlich weil er sich geweigert hat, das Schutzgeld zu
zahlen. Oder weil er nicht so viel aufbringen konnte, wie die beiden Kerle
haben wollten. Und einer von ihnen hat kaltblütig Utta Ingwersen ermordet, weil
ihr Mann noch weiter gegangen ist als Henner Jesse. Harm Ingwersen hat klipp
und klar gesagt, dass er sich nicht erpressen lässt, und hat sogar Anzeige
erstattet. Dafür musste seine Frau sterben. Bleibt nur noch die Frage, wer
Francesco auf dem Gewissen hat.«
»Vielleicht hilft Ihnen eine Telefonnummer weiter«, gab Vetterich zurück.
»Ich habe sie gefunden, als wir eine Kommode von der Wand gerückt haben. Der
Zettel mit der Handynummer war dahintergerutscht.«
»Stand sonst noch was auf dem Zettel?«
»Ein Wort, vielleicht ein Name.« Vetterich zögerte, dann las es
langsam vor, indem er jede Silbe betonte: »Susala.«
»Klingt wie ein Mädchenname«, sagte Erik.
»Das ist Ihr Job, Wolf«, meinte Vetterich. »Ich suche weiter. Sollte
ich noch was finden, gebe ich Bescheid.« Dann diktierte er Erik die Handynummer
und legte auf.
»Susala!« Auch Sören lieà den Klang der Silben auf den Lippen
zergehen. »Meinen Sie wirklich, dass das ein Name ist?«
Erik griff zum Telefonhörer. »Das werden wir hoffentlich gleich
erfahren.«
Er wählte die Nummer und lauschte auf das Freizeichen. Als sich am
anderen Ende eine helle Stimme meldete, war er so verblüfft, dass er schwieg,
bis die Stimme ungeduldig rief: »Hallo! Wer ist denn da?«
Der Chor drängte aus dem Ãbungsraum, die Mitglieder schienen
sich zu fragen, ob es unter den neuen Umständen zu verantworten sei, auch
diesen Abend mit munterem Geplauder
Weitere Kostenlose Bücher