Tod im Dünengras
sie
auf eine Taste drückte und das Handy erneut ans Ohr nahm. »Ich binâs noch mal.
Ich kann leider doch nicht â¦Â«
Der Rest ging in einer Windbö unter, und schon bald hatte sich
Susanna Larsen so weit entfernt, dass Mamma Carlotta nicht mehr verstehen
konnte, was sie sagte.
Kurz darauf raschelte es erneut, und Vera machte einen Schritt auf
die StraÃe. Atemlos beobachtete Mamma Carlotta, wie sie ihr Handy aus der
Tasche nahm und eine Taste wählte, ehe sie das Handy ans Ohr setzte. »Ich
binâs! Geben Sie mir bitte meinen Mann!« Ihr Gesicht veränderte sich, bevor sie
fragte: »Wann ist er aus dem Haus gegangen?« Sie lauschte, und ihre Miene
versteinerte sich. »Also gut. Ich bin gleich zurück.« Sie steckte das Handy in
die Tasche zurück, fasste Susannas Gestalt ins Auge und folgte ihr langsam.
Mamma Carlotta atmete erleichtert auf, als sie sich in Sicherheit
wiegen durfte. Gerade wollte sie sich erheben, da erklangen erneut Schritte.
Wieder duckte sie sich, bog die Zweige auseinander und spähte auf die StraÃe.
Ein Mann kam Vera Ingwersen auf der anderen StraÃenseite entgegen. Sie erkannte
ihn an seinem schmalen Gang und den groÃen FüÃen. Carlotta beobachtete, wie er
stockte, stehen blieb, als sei er erschrocken, und dann sogar zwei, drei
Schritte rückwärts machte. Er starrte in Veras Richtung, sein Zögern wirkte
ängstlich, dann aber schien er zu bemerken, dass Vera ihn nicht sah. Sie
starrte auf ihre FüÃe und hatte keinen Blick für ihre Umgebung. Mit einem
groÃen Schritt verschwand er hinter dem dicken Pfeiler eines Gartentors und
tauchte erst wieder auf, als Vera vorbeigegangen war.
Mamma Carlotta zog es vor, sich erst blicken zu lassen, als Willem
Jäger bereits auf die Tür der Tanzschule zuging. Warum versteckte er sich vor
Vera Ingwersen? Was hatte er zu verbergen?
Es war ein gemütliches kleines Zimmer, das Erik mit Sören
betrat. Das Muster der Sesselbezüge kannten sie bereits vom Restaurant, aber
Susanna Larsen war es gelungen, dem vorgefertigten Ambiente eine persönliche
Note zu geben. Sie begrüÃte die beiden Polizeibeamten ernst, aber verzweifelt
wirkte sie nicht, und geweint hatte sie augenscheinlich auch nicht. Aus der
winzigen Küche holte sie eine Teekanne und fragte: »Mögen Sie Ingwertee? Der
ist gut für die Nerven. Ich gieÃe jeden Morgen kochendes Wasser über ein Stück
Ingwerwurzel.«
Erik lehnte dankend ab, aber Sören nickte mit leuchtenden Augen. Er
hätte sich von Susanna Larsen vermutlich fröhlichen Herzens Blausäuretee
vorsetzen lassen. Wieder starrte er Susannas groÃe Augen und ihren ausdrucksvollen
Mund an, als hätte er nie etwas Schöneres gesehen. Sie hatte sich bereits für
die Arbeit umgezogen. Aber selbst das Einheitsdirndl, das auf Veras Geheià alle
Kellnerinnen der Muschel II zu tragen
hatten, konnte ihrer Attraktivität nichts anhaben.
»Susala«, sagte Erik nachdenklich und sah sie lächelnd an. »Ist das
eine Zusammensetzung aus Ihrem Vor- und Nachnamen?«
Susanna nickte. »Gute Freunde nennen mich so.«
»Und Francesco Corrado gehörte zu Ihren guten Freunden?«
»Wir kennen uns seit unserer Kindheit.« Susanna stellte die Teekanne
auf die Fensterbank, nachdem sie eingeschenkt hatte, dann reichte sie Sören den
Zucker und holte eine Flasche Mineralwasser aus der Küche. Ohne Erik zu fragen,
goss sie ihm ein Glas ein. »Schon als kleines Mädchen bin ich mit meinen Eltern
jeden Sommer in die Toskana gefahren. Nach Chiusi, in die Pension von
Francescos GroÃeltern. Er war zwei Jahre älter als ich, und natürlich habe ich
ihn angehimmelt.« Sie lachte kurz, schien sich dann aber zu erinnern, dass
Fröhlichkeit unangebracht war, und wurde schnell wieder ernst. »Wir haben alles
gemacht, was unsere Eltern uns verboten hatten. Herrliche Ferien waren das.«
Wieder lächelte sie, diesmal wehmütig und verträumt. »Mit fünfzehn habe ich
mich dann richtig in Francesco verknallt, aber meine Eltern haben das
spitzgekriegt. Von da an war Schluss mit Ferien in der Toskana.«
»Sie sind also nicht mehr in die Pension von Francescos GroÃeltern
gefahren?«
»Nie wieder! Aber nicht nur wegen Francesco und mir. Auch, weil
meinen Eltern die Pension nicht mehr komfortabel genug war. Wir sind dann immer
nach Rimini gefahren. In ein groÃes Hotel.«
»Aber
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