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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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stemmte sich
gegen den Wind.
    Veras dunkler Mantel tauchte vor einer hellen Hauswand auf, die Bö,
die Mamma Carlotta entgegenkam, trug ihre Schritte heran. Dann – von einem
Augenblick auf den anderen – waren der Mantel verschwunden und das helle
Tack-tack der Absätze verstummt. Wo war Vera geblieben? Carlotta sah sich um,
aber die Chorleiterin war nirgendwo zu entdecken.
    In diesem Moment fiel ihr eine andere Gestalt auf. Susanna Larsen
ging die Straße entlang, mit dem Handy am Ohr. Ihre Stimme flog Mamma Carlotta
entgegen, was sie sagte, war jedoch nicht zu verstehen. Langsam, sehr langsam
trat Carlotta in die Pedalen, nicht kräftiger, als nötig war, um das Fahrrad
auf dem Weg zu halten. Kurz bevor sie Susanna erreichte, sah sie im Augenwinkel
eine Bewegung hinter einem Gebüsch. Vera Ingwersen! Sie folgte ihrer Kellnerin
heimlich. Warum? Hoffte sie darauf, Susanna mit ihrem Mann in flagranti zu
erwischen?
    Auf keinen Fall wollte Mamma Carlotta ihre Chorleiterin der
peinlichen Situation aussetzen, bei diesem unwürdigen Spiel ertappt zu werden.
Also ließ sie sich nichts anmerken und fuhr gemächlich weiter. Susanna Larsen
drehte ihr prompt den Rücken zu, während Mamma Carlotta vorbeikam, doch sie
verstand trotzdem, was Susanna sagte: »Bist du schon da?« An ihrem Lachen war
zu erkennen, dass sie eine positive Antwort erhalten hatte. »Und es hat dich
keiner gesehen?«
    Damit waren Vera Ingwersens schlimmste Befürchtungen bestätigt
worden. Was konnte dieser Satz anderes bedeuten als Heimlichkeit und Betrug?
Die arme Vera! Bitter genug, dass sie hintergangen wurde, aber dass ihr Mann
sie ausgerechnet mit einer Angestellten betrog, machte die Sache noch
schlimmer. Kein Wunder, dass sie unbedingt wissen wollte, woran sie war. Dann
würde sie endlich einen guten Grund haben, die junge, schöne Kellnerin vor die
Tür zu setzen!
    Mamma Carlotta nutzte die Gelegenheit, die ihr ein dicht bewachsenes
Grundstück bot: Sie sprang vom Rad, schob es hinter den Zaun, ließ es dort
einfach auf den Rasen fallen und duckte sich hinter einen Busch. Susanna Larsen
konnte nicht wissen, wo sie wohnte. In vielen Häusern Keitums wurden Zimmer
vermietet. Warum nicht auch hier? Außerdem hatte Susanna sie vermutlich gar
nicht bemerkt, weil sie völlig auf ihr Telefongespräch konzentriert gewesen
war. In diesem Moment wühlte die junge Kellnerin in ihrer Tasche, um ihr Handy
erneut herauszuholen, das soeben wieder zu zirpen begonnen hatte. Diesmal blieb
sie stehen, Mamma Carlotta konnte durch die feinen Zweige der Büsche ihr erstauntes
Gesicht erkennen. Susanna sah aus, als bekäme sie etwas zu hören, was ihr die
Beine lähmte. Sie bewegte sich keinen Zentimeter mehr vorwärts.
    Â»Wieso fragen Sie mich nach Francesco? Was ist mit ihm?«
    Mamma Carlotta hielt den Atem an. Francesco? Mit wem redete Susanna
Larsen?
    Â»Nein, warum sollte ich ihn vermisst haben? Ich verstehe Ihre Fragen
nicht, Herr Hauptkommissar.«
    Carlotta zog den Reißverschluss ein Stück herunter, weil ihr
plötzlich warm wurde. Warum sprach Erik mit Susanna Larsen über den toten
Francesco? Sie selbst wurde ständig ermahnt, kein Wort über diesen Mord zu
verlieren, und er …
    Â»Was sagen Sie da? Aber … das kann doch nicht sein!«
    Es raschelte in der Nähe, Mamma Carlotta duckte sich noch tiefer.
Hoffentlich tauchte nicht der Hauseigentümer auf, der sich über das Fahrrad auf
seinem Rasen wunderte.
    Â»In einer Stunde fängt meine Schicht an.«
    Wieder raschelte es, aber Mamma Carlotta stellte erleichtert fest,
dass das Geräusch nicht aus diesem Garten kam, sondern von der anderen Seite
des Zauns. Vera hatte sich herangepirscht. Sie nutzte den Schutz eines
parkenden Autos, das sie Susannas Blicken entzog. Jedem anderen jedoch
präsentierte sie sich vollkommen ungeschützt. Das zeigte immerhin, dass sie
Mamma Carlotta nicht in der Nähe vermutete, aber besonders beruhigend war das
nicht. Erwischt werden konnte sie immer noch. Und wie sie Vera Ingwersen
erklären sollte, warum sie hinter diesem Gartenzaun hockte, wusste sie wirklich
nicht. Also verhielt sie sich mucksmäuschenstill, um weder Susanna Larsen noch
Vera Ingwersen auf sich aufmerksam zu machen.
    Â»Einverstanden«, hörte sie Susanna Larsen sagen. »Ich werde auf Sie
warten.«
    Sie beendete das Gespräch. Dann ging sie langsam weiter, während

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