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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Radlerin erschrokken ihr Bike herumriß, in seinem Rücken das erste Auto anhielt und unter der Brücke ein paar Gänse schnatternd das Weite suchten, manifestierte sich in Herrn Schweitzer der Gedanke, daß heute der erste Tag seines restlichen Lebens sei. Den 2. Mai, nebenbei der Todestag von Leonardo da Vinci, wolle er fürderhin wie einen Nationalfeiertag huldigen. Nach knapp dreißig Metern ging ihm die Puste aus. Mit puterrotem Gesicht japste er nach Sauerstoff. Herr Schweitzer merkte, wie sein Oberkörper schneller als die Beine wurde, er stolperte und fiel hin. Doch er kam durch. Sofort war nämlich Bertha bei ihm und zerrte ihn hoch. Dabei verlor er die Browning. Er wollte sie aufheben, doch Berthas starker Arm zog ihn weiter.
    Als sie das Ende der Brücke auf der Dribbdebachseite erreichten, schrie Bertha: „Auf, rechts jetzt.“ Herr Schweitzer dachte noch, daß eigentlich ausgemacht war, Ferdi würde sie links am Deutschherrnufer erwarten. Die mangelnde Versorgung seines Gehirns mit Sauerstoff ließ ihn Berthas Anweisung folgend nach rechts ausscheren. Sofort wurde er mit einem heftigen und schmerzvollen Ruck nach links herumgerissen, so daß er sich fast den Arm auskugelte. Hey, was soll das, durchfuhr es ihn, können Frauen nicht mal das tun, was sie sagen. Doch dann fiel Herrn Schweitzer ein, daß viele Frauen immerfort rechts und links verwechselten. Er hatte mal gelesen, es habe etwas mit ihrem anders tickenden Hirn zu tun. Fälschlicherweise denken viele Männer heute noch, Frauen seien deswegen dümmer. Dabei ist gerade dieses scheinbare Manko dafür verantwortlich, daß es die Menschheit überhaupt so weit gebracht hat. Dazu müssen wir in die Zeit zurückgehen, als ganz Europa gerade mal von sechzigtausend Homo sapiens besiedelt war, die in kleinen Familienverbänden in Höhlen lebten, und Inzucht an der Tagesordnung war. Was für Auswirkungen Inzucht haben kann, ist noch heute in einigen abgelegenen Bergdörfern wie Offenbach zu beobachten, wo allenthalben Debilität herrscht. Wegen der beengten Platzverhältnisse in Höhlen waren die Partner damals gezwungen, sich lauschige Plätzchen außerhalb zu suchen. „Schatz, ich hätte heute Lust, laß uns doch, wenn die Sonne am höchsten steht, auf dem großen freien Platz fünf Steinwürfe links von der kahlen Eiche am Forellenbach miteinander Spaß haben.“ So oder so ähnlich könnte einst eine Anmache seitens einer Homo-sapiens-Dame gelautet haben. Doch der frühe Mann war mit seinem Wissen noch nicht so weit, wie wir es heute sind, und ist tatsächlich an der kahlen Eiche am Forellenbach nach links abgebogen, während die Dame ihrer eigenen Logik folgend ihn rechts von der kahlen Eiche am Forellenbach sehnsüchtig erwartete. Das war aber nicht weiter tragisch, denn links von der kahlen Eiche am Forellenbach wartete auf den Homo-sapiens-Mann bereits eine Homo-sapiens-Dame vom Nachbarstamm, die mit ihrem Wunschpartner dasselbe Problem hatte. Da man aber schon mal da war, und fünf Steinwürfe aufgrund des unwegsamen Geländes – Straßen gab’s noch nicht – auch nicht gerade ein Pappenstiel waren, fiel man halt stammesübergreifend übereinander her. Das ergab oft Kinder, die nicht dem Inzest entsprangen und dementsprechend klüger waren. Weil Männer oft etwas länger brauchen bis sie etwas schnallen, sollten noch zig Jahrtausende ins Land gehen, bis sie sich das Rechts-Links-Verständnis der Mädels angeeignet hatten. Doch war es dann auch schon egal, denn die Ansiedlungen waren groß und größer geworden, und die Inzestgefahr dementsprechend geringer. Nur dank dieses größten Mißverständnisses aller Zeiten müssen wir heute nicht mehr in Höhlen leben und dürfen uns im Fortschritt suhlen.
    Doch, wie gesagt, Herrn Schweitzers Sauerstoffzufuhr war mangelhaft, sonst hätte er die Frauen- automatisch in die Männersprache übersetzt, so wie es der kluge Mann von heute quasi mit dem Aufsaugen der Muttermilch verinnerlicht hat.
    Sie erreichten Ferdis Taxi. Die Seitentüren waren geöffnet. Mehr tot als lebendig hechtete respektive plumpste Herr Schweitzer ins Fahrzeug. Ferdi gab sofort Gas.
    Nachdem Herr Schweitzer sich aus ihrem Schoß aufgerappelt hatte, fragte Maria: „Und? Erzähl doch mal. Wie war’s?“
    Erzähl doch mal, wie war’s? Als ob er gerade von einem Theaterbesuch nach Hause gekommen war. Maria hat vielleicht Nerven, dachte er, doch sprechen konnte er noch nicht. Seine Lungen pfiffen und rasselten, was das Zeug

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