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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Bauchnabel war zu sehen, die Haut goldbraun. Der helle Flaum auf den Armen richtete sich auf. Er ging davon aus, daß sie fror, und legte den Arm um sie. Sie trat einen Schritt zurück.
    »Willst du eine Zigarette?«
    »Na klar.« Sie lächelte und warf das Haar wieder zurück. Er zündete eine an und reichte sie ihr. Sie steckte sie sich weltgewandt zwischen ihre hellen Lippen. Die Augen wurden schmal, und sie schob das Kinn ein wenig vor. Er beobachtete sie belustigt, als sie pustete und nichts geschah. Kein Rauch, nur etwas Glut. Offenkundig eine Anfängerin.
    »Du mußt den Rauch einsaugen.«
    Sie sog mit derselben Intensität und brach in einen Hustenanfall aus. Die Tränen liefen, die Wimperntusche folgte in schwarzen Rinnsalen die Wangen hinunter. Schon da hätte er innehalten können, wenn er nachgedacht hätte. Wenn er nur ein klein wenig Selbsterhaltungstrieb gehabt hätte. Aber nach ein paar Bieren war sein Bewußtsein trübe wie Maische. Er zog ein Taschentuch aus seiner graublauen Uniformhose, faßte sie unter dem Kinn, als ob sie seine kleine Schwester wäre, und trocknete das Schlimmste ab. Sie roch nach Vanille.
    »Wie alt bist du eigentlich?«
    »Siebzehn. Ich bin im naturwissenschaftlichen Zweig. Und du?« schwindelte sie.
    »Ich heiße Tommy Trygvesson und mache gerade Wehrdienst. Meine Eltern vermieten hier eine Hütte. Willst du tanzen?«
    »Zu Curt Görans? Glaube nicht.« Hinterher war ihm klar geworden, daß sie weder das Geld für den Eintritt gehabt hätte noch einen einzigen Tanzschritt beherrschte. Aber in diesem Moment sah er nur ihre hellblauen Zichorienaugen, den braunen, flachen Bauch mit seinem lustigen kleinen Nabel und das dicke, blonde Haar, das nach Vanille duftete.
    »Ich könnte ein paar Bier holen, und dann setzen wir uns ans Wasser. Bist du dabei?« Er zeigte ein Stück den Weg hinauf zu einem Sommerhaus. Sie lächelte ihn an, und von dem Moment an gab es kein Zurück. Er wollte dieses Lächeln wiedersehen. Sie hatte so eine süße Oberlippe, ein wenig abstehend. Er wollte sie bei sich behalten, sie berühren und diese Oberlippe küssen. Hinterher dachte er, daß es mit ihr genauso war wie mit einer Sommerferienkatze. Er liebte sie und schmuste mit ihr, aber wenn die Kälte kam, blieb sie zurück und mußte allein klarkommen.
    »Wenn der Wehrdienst um ist, fange ich auf der Polizeischule an. Ich habe zum Herbst einen Platz.«
    »Auf dem Festland?« Sie klang traurig. Er hörte es in ihrer Stimme, auch wenn das Lächeln noch da war.
    »Ja.« Er hielt die Dose und die Zigarette in der einen Hand, die andere hatte sich um ihre Schultern geschlichen. Sie legte den Kopf an seine Schulter. Er mußte dringend aufs Klo, wollte aber den Zauber nicht brechen. Sieben leere Dosen lagen zu seinen Füßen, zwei davon hatte sie getrunken, und jetzt nippte sie vorsichtig an der dritten.
    Die Nacht war lau, und vor ihnen lagen die Karlsinseln im verführerischen Licht des Sonnenuntergangs. Er versteckte sein Gesicht in ihrem Haar und murmelte Dinge, die Frauen hören wollen, während seine Hände gleichzeitig ihre Bluse aufknöpften. Sie protestierte nicht, sondern legte sich einfach in den Sand und sah an seinem Gesicht vorbei in den Himmel. Eine weiße Möwe segelte über das Meer. Sie blickte dem Vogel nach.
    Da näherten sich bedrohliche Stimmen. Jemand flüsterte im Busch nebenan, dann ein gellendes Frauenlachen und eine heisere Stimme im Stimmbruch.
    »Verdammt, da bist du ja, Trygvesson.« Ein pickliger, grinsender Jüngling bohrte sein Gesicht in ihr Blickfeld und leckte sich den Mund. In der Hand hielt er eine Bockwurst. ›Nicht von der Wurst wird man dick, sondern von der Soße‹, sagte das Mädchen. ›Sag Bescheid, wenn du müde wirst, dann übernehme ich.‹ Er stolperte auf sie zu und kniff sie in die Brust. »Gott, was für Titten!«
    Trygvesson selbst war viel zu betrunken gewesen, um in dem Moment auf diese Kränkung zu reagieren. Doch hinterher hatte es ihn erstaunt, daß sie keine Miene verzogen hatte. Alle Mädchen, die er bis dahin kennengelernt hatte, wären unglaublich wütend gewesen. Aber sie lag ganz einfach nur da, ohne ihre Brust zu schützen, und sah die Möwen vorübergleiten, als ob alles, was geschah, sie nichts anginge.
    Als sie mit dem Fahrrad nach Hause fahren wollte, fragte er, ob sie sich wiedersehen könnten. Sie nickte.
    »Wie heißt du denn?« hatte er gefragt. »Du hast mir gar nicht gesagt, wie du heißt.«
    »Mona.« Und schon war sie verschwunden,

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