Tod im Jungfernturm
gerade in der Stadt war, kam er aus purer Neugier rein, um zu fragen, wem es gehörte. Ich habe eine Aktennotiz dazu geschrieben. Aber die liegt nicht in der Akte. Jemand hat meine Aktennotiz rausgenommen. Was machen wir denn jetzt?« fragte der Auszubildende.
»Haben Sie den Namen des Mannes in Eksta?«
»Ich habe ihn auf einen Zettel geschrieben und in die Hosentasche getan. Was soll ich tun?«
»Versuchen Sie, den Mann zu finden. Wissen Sie, wo Trygvesson gerade ist?«
»Ich glaube, er ist nach Hause gegangen. Seine Frau hat versucht ihn zu erreichen. Er wollte in einer Stunde wieder dasein. Sagen Sie ihm bloß nichts, er würde mich umbringen!«
Maria blieb mit dem Kaffeebecher in der Hand stehen und dachte nach. Was, wenn sich ihre schlimmsten Vermutungen bestätigten?
46
»Ich finde das ziemlich weit hergeholt«, sagte Hartman. »Es muß eine normale Erklärung dafür geben, daß sein Auto da gestanden hat, und sei es, daß er sich dort heimlich mit seiner Freundin trifft. Vielleicht hat der Alte sich ja auch mit dem Autokennzeichen vertan. Es ist doch klar, daß er es nicht ist. Vielleicht will der Azubi ihm auch an den Karren fahren. Trygvesson war ja nicht sonderlich nett zu ihm. Wenn er Gegenstand einer internen Ermittlung wird, dann verschwindet er erst mal für eine Weile. Das würde dem Auszubildenden sicher sehr gut in den Kram passen.«
»Du hast doch selbst gesagt, du kannst dir nicht vorstellen, daß Henrik Dune beide Morde begangen hat. Hat er ein Motiv? Für den Totschlag an Wilhelm vielleicht, aber nicht für den Mord an Birgitta. Und ich bin geneigt, dir insoweit zuzustimmen«, sagte Maria. »Und doch deutet alles darauf hin, daß Dune der ist, den wir suchen. Es ist doch schon ein Klassiker, einen Dritten ins Spiel zu bringen, den anonymen Anrufer. Wie oft haben wir nicht schon die Story von dem großen Unbekannten gehört … Und trotzdem habe ich das Gefühl, als würde Henrik Dune die Wahrheit sagen.«
»Dann hätte also jemand die Waffe bei ihm zu Hause und den Schürhaken unter dem Asphalt plaziert. Ziemlich weit hergeholt. Das kriege ich nicht zusammen.«
»Wer hatte denn die Idee, den Asphalt wieder aufzubrechen?«
»Trygvesson.« Hartman sah bestürzt aus.
»Ja, und er ist Diabetiker. Bis dahin folgst du mir, oder?«
»Natürlich. Aber wir müssen es sehr vorsichtig angehen. Ich glaube, daß du dich täuschst und daß dir die Müdigkeit einen Streich spielt. Es muß eine ganz harmlose Erklärung geben.«
Sie meldeten sich am Empfang ab und gingen zum Parkplatz. Der Auszubildende sah ihnen nach, weiß im Gesicht. Er vertraute zumindest teilweise auf die Diskretion von Maria Wern. Auf jeden Fall vertraute er ihrer Einschätzung mehr als der jedes anderen. Wenn er sich getäuscht hatte, dann würde er seinen Platz räumen und nie wiederkommen. Das gelobte er sich selbst.
Sie parkten vor dem Pulverturm und spazierten zur Fiskargränd. Sie befanden sich am äußersten Ende des Botanischen Gartens, und Maria fiel ein, daß Trygvesson nur ein paar Minuten zu Fuß vom Jungfernturm entfernt wohnte.
Die Fiskargränd war eine schmale Gasse mit vielen Kletterrosen und Clematis. Die schmalen, niedrigen Häuser standen dicht aneinandergedrängt, die Fensterläden waren verziert, und die Scheiben waren nicht einsehbar. Trygvessons Haustür war angelehnt. Maria klingelte, aber es kam niemand. Sie trat in den dunklen Flur und hörte ein schwaches Geräusch aus dem Innern des Hauses. Was würde sie sagen, wenn sie Tommy Trygvesson hier begegnete? Sie kam an einer gemütlichen kleinen Küche vorbei und blieb in der Türöffnung zum Schlafzimmer stehen. Dann bedeutete sie Hartman zu bleiben, wo er war.
»Maria Wern von der Polizei«, stellte sie sich der Frau vor, die gerade Kleider in zwei große Reisetaschen packte. Sie hatte eine blonde Pagenfrisur und trug ein ärmelloses blaues Batikkleid. Sie war ungefähr fünfzig, ein wenig rundlich, mit rosigen Wangen.
»Lillemor Trygvesson«, sagte die Frau.
»Ich sehe, Sie packen.« Maria setzte sich auf die Bettkante.
»Wollen Sie verreisen?«
»Nein, nicht verreisen. Ich werde ihn jetzt verlassen.« Lillemor Trygvesson sank auf dem Bett in sich zusammen. Sie sah verzweifelt und traurig aus. »Ich dachte, er würde kommen.«
»Ist er denn nicht hier?«
»Nein. Ich habe ihn gebeten, nach Hause zu kommen, damit ich ihm den Schlüssel geben kann. Ich wollte einfach nur meine Kleider holen. Den Rest müssen wir später aufteilen. Ich kann
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