Tod im Jungfernturm
vorhatte.« Arvidsson ließ sich ins Sofa sinken, so daß er mit seinen langen Beinen wie eine Spinne mit gespreizten Beinen aussah.
»Wer sagt denn, daß sie Birgitta nicht selbst umgebracht hat? Es ist doch nicht völlig undenkbar, daß sie selbst auf den Turm geklettert ist«, gab Trygvesson zu bedenken. »Oder daß sie für Henrik Dune Schmiere gestanden hat, der raufgeklettert ist und Birgitta mit einer Insulininjektion umgebracht hat.«
»Mona Jacobsson hatte Zugang zu Insulin.« Maria sah zu Hartman. »Anselm ist Diabetiker. Sie gibt ihm mehrmals täglich Insulin. Sie weiß, daß man das nicht in eine Arterie spritzen darf.«
»Ist unter den Verdächtigen eigentlich einer, der sich nicht mit Leichtigkeit Insulin besorgen konnte?« fragte Hartman.
»Henrik Dune«, schlug Ek vor.
»Der kann es von Mona bekommen haben«, warf Trygvesson ein. »Ebenso Olov und Christoffer. Olov kann es sich außerdem bei der Arbeit beschaffen.«
»Arne Folhammar?« meinte Maria. »Woher könnte er Insulin bekommen haben?«
»Ich glaube nicht, daß er überhaupt noch Kontakt zu seiner Mutter hat«, sagte Arvidsson. »Jedenfalls nicht, seit er als Jugendlicher von Wilhelm zusammengeschlagen wurde. Er glaubte, sie habe die Seiten gewechselt.«
»Er war nicht einmal auf Wilhelms Beerdigung.« Maria nahm einen Schluck von ihrem kalt gewordenen Kaffee und stellte den Becher wieder weg.
»Was können wir Mona denn anbieten, wenn sie redet?« fragte Ek. »Welche Strafe riskiert sie? Wie würde man das einordnen?«
»Vielleicht Beihilfe zum Mord und Strafvereitelung durch das Unterdrücken von Beweismaterial oder das Decken eines Täters.« Trygvesson sah sehr müde aus. Der Schweiß glänzte auf seiner Stirn, und er mußte die Lesebrille andauernd auf der Nase hochschieben, weil sie immer wieder herunterrutschte.
»Ich habe mal ein wenig in den Paragraphen für Straffreiheit nachgeschaut«, sagte Maria. »Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofes kann ihr Straffreiheit bewilligt werden, wenn sie in enger Beziehung zu dem Mörder steht und sich von ihm bedroht fühlt. Natürlich wird es als strafmildernd angesehen, wenn sie mit der Polizei zusammenarbeiten will.«
»Können wir also davon ausgehen, daß sie um das Gefängnis herumkommt, wenn sie mit uns zusammenarbeitet?« fragte Ek.
Trygvesson hegte Zweifel. »Das können wir ihr kaum versprechen. Das muß das Gericht entscheiden.«
Maria hatte sich in der Cafeteria des Polizeigebäudes mit dem Staatsanwalt verabredet. Sie kaufte sich Kaffee und eine Tafel Schokolade und setzte sich zum Azubi an den Tisch. Er sah ein wenig allein aus, die anderen saßen draußen.
»Wie geht es Ihnen?« fragte Maria wohlwollend.
Er zögerte mit der Antwort. »Geht so.«
»Ist es etwas Bestimmtes? Sie können es mir gern erzählen, wenn Sie wollen. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
»Alle sind wirklich supernett, aber …«
Maria wartete.
»Aber …?« versuchte sie ihm auf die Sprünge zu helfen.
»Ja, also, Trygvesson steckt seine Nase in alles, was ich mache. Ich glaube, er will mich nicht hier haben«, sagte der Auszubildende resigniert.
»Er kann manchmal etwas grob sein. Ich glaube, daß er ziemlich am Ende ist. Er trägt viel Verantwortung.« Maria lächelte beruhigend. »Wir sind alle etwas gestreßt. Ich finde, Sie machen Ihre Arbeit gut.«
»Das ist es ja nicht. Ich weiß nur nicht, wie ich es sagen soll. Na ja, alle wissen schließlich, daß ich Trygvesson nicht mag und daß er meinen Anblick nicht ertragen kann. Deshalb wird mir sowieso niemand glauben.«
»Wie meinen Sie das?« fragte Maria, die plötzlich hellhörig geworden war.
»Ich hatte gehofft, daß Sie sich hierher setzen würden. Ich habe mir selbst gelobt, wenn Sie es tun, dann erzähle ich Ihnen, was ich weiß. Also … ganz früh an dem Morgen, als Wilhelm Jacobsson verschwand, ist ein alter Mann aus Eksta hergekommen und hat gesagt, daß er ein Auto im Wald habe stehen sehen, direkt oberhalb des Fischereianlegers. Es hätte dort fast einen Tag gestanden. Daran ist ja nichts Seltsames, aber ich habe im Kraftfahrzeugregister nachgeschaut, und es war das Auto von Trygvesson!«
»Es ist ja wohl nichts dabei, wenn er in seinem Auto zum Tatort fährt, oder?«
»Das dachte ich auch erst, aber dann habe ich darüber nachgedacht. Das Auto stand dort schon am Abend, bevor Wilhelm Jacobsson verschwand. Der Alte hatte auch schon bei anderen Gelegenheiten am Fischereianleger stehen sehen. Jetzt, wo er sowieso
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