Tod im Tal der Heiden
nehmen, und so würde ein Schritt unweigerlich den nächsten nach sich ziehen.«
»Und was verhinderte, daß dieser große Plan in Erfüllung ging – wenn er denn jemals existierte?« Laisre schien nicht überzeugt.
»Ich war die Klerikerin, die ins Tal gekommen ist, doch da ich zugleich auch eine
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bin, brauchte ich Beweise, bevor ich handelte. Das brachte den Zeitplan der Verschwörer durcheinander.«
»Ein schlechter Plan«, meinte Colla, »mit zu vielen Wenns und Abers.«
»Nein. Denn der Plan hatte Anhänger hier in Gleann Geis, Leute, denen es gleich war, wie viele Menschen ihres Clans ums Leben kamen, wenn alles nur zu den richtigen Ergebnissen führte, denn für sie war es ein Schritt auf dem Wege zu größerer Macht, die ihnen Mael Dúin versprochen hatte, wenn er erst Großkönig wäre.«
Murgal lachte ungläubig auf.
»Willst du behaupten, ein paar von uns hier in Gleann Geis hätten sich von Mael Dúin von Ailech mit Angeboten von Macht und Reichtum bestechen lassen? Meinst du, daß wir, oder einige von uns, mit Mael Dúin von Ailech zusammenarbeiten,um unser Volk zugrunde zu richten für Brosamen von seinem Tische?«
»Genau das. Mael Dúins Plan konnte nicht funktionieren ohne einen oder mehrere solcher Verbündete. Der Umsturz in Muman mußte von innen kommen, wenn er glücken sollte.«
»Das wirst du beweisen müssen.«
Fidelma lächelte Murgal an und ließ dann ihre Blicke im Raum umherwandern, als wolle sie die Gedanken der Anwesenden lesen. Schließlich sagte sie: »Das ist genau das, was ich vorhabe. Ich bin in der Lage dazu dank eines anderen Ereignisses, das hier eintrat und von dem ich anfangs, wie ich schon erwähnte, annahm, es hinge damit zusammen, was aber nicht der Fall war. Doch dieser unabhängige Vorfall führte mich zu dem schuldigen Verbündeten von Ailech.«
»Wer ist es?« fragte Colla gespannt.
»Laßt mich zuerst die Ereignisse nachvollziehen. Der Plan wird in Gang gesetzt. Mael Dúin hat eine Schar Krieger mit Gefangenen als Opfer losgeschickt, die das Ritual vollziehen, das den Zorn von Cashel und Imleach entfachen soll. So weit, so gut. Der Verbündete in Gleann Geis hat alles vorbereitet. Eine Einladung nach Imleach ist ergangen, um sicherzustellen, daß ein Kleriker sich auf den Weg nach Gleann Geis macht und über den Ritualmord stolpert. Wachposten beobachten die Annäherung des Klerikers, damit die Krieger aus Ailech wissen, wann und wo sie ihr widerliches Verbrechen zu verüben haben.«
Sie legte eine dramatische Pause ein.
»Nun besitzt Mael Dúin auch einen mächtigen Verbündeten im Norden, Ultan selbst, den Bischof von Armagh.Er hat versprochen, Mael Dúin bei seinem Griff nach der Macht zu unterstützen. Wieviel wußte Ultan von diesem Plan? Das kann ich nicht sagen. Aber er schickte seinen Sekretär und einen jungen Schreiber nach Gleann Geis. Es könnte sein, daß Bruder Solin ausgesandt wurde, um als sogenannter unabhängiger Zeuge für den erwarteten Marsch Cashels auf Gleann Geis zu dienen, der den anderen Provinzkönigen Bericht erstatten würde, damit Armagh die übrigen Provinzkönige zum Angriff auf Cashel auffordern könnte. Bruder Solin war jedenfalls in die Verschwörung eingeweiht, auch wenn Ultan es vielleicht nicht war.«
»Woher weißt du das?« fragte Murgal.
»Tatsache ist, daß Sechnassach von Tara vermutete, daß Mael Dúin nach der Macht strebte, und ahnte, daß er eine Intrige spann. Er hatte auch entdeckt, daß Ultan sich mit Mael Dúin verbündet hatte, doch wußte er nicht, bis zu welchem Grade. Deshalb beauftragte Sechnassach einige Krieger, Ultan im Auge zu behalten, und sie fanden heraus, daß Bruder Solin in die Sache verwickelt war. Sie verfolgten Bruder Solin und seinen jungen Schreiber, Bruder Dianach, und sahen, daß sie sich mit einer Schar von Mael Dúins Kriegern trafen. Diese Krieger waren mit dreiunddreißig Gefangenen nach Gleann Geis unterwegs. Dreiunddreißig«, wiederholte sie bedeutungsvoll. Nach einer Pause fuhr sie fort.
»Die Krieger Sechnassachs beobachteten, daß eine Frau sich zu dem Treffen von Bruder Solin und Dianach mit den Männern von Ailech hinzugesellte. Als einer der Gefangenen flüchtete, ritt diese Frau ihm nach und fing ihn wieder ein. Sie führte Bruder Solin und seinen Schreiber zum Eingang der Schlucht nach Gleann Geis.«
»Aber Solin und Dianach kamen allein nach Gleann Geis«, unterbrach sie Orla mit gerötetem Gesicht. »Das wird dir jeder unserer Wachposten an der Schlucht
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