Tod im Tal der Heiden
Cashel ebenso freut.«
Murgal blinzelte langsam, seine Lider senkten sich, als wäre er müde und müßte die Augen schließen. Er begriff jetzt, daß er eine Gegnerin mit Geist und Scharfsinn vor sich hatte, die er mit Geschick und Vorsicht behandeln mußte.
»Deine Grundsätze sind zu bewundern – die Gewißheit, einer gerechten Sache gegen eine ungerechte zu dienen, ist doch sicherlich ein Trost?« antwortete er.
Fidelma setzte zu einer Entgegnung an, doch Laisre nahm lächelnd ihren Arm, wandte sie von Murgal weg und sagte: »Nun, an Grundsätzen ist nichts verkehrt, obgleich es oft leichter ist, für Grundsätze zu kämpfen, als sie zu befolgen. Komm, Fidelma, ich möchte dir meinen Tanist vorstellen, Colla, den Gatten meiner Schwester Orla.«
Der Mann neben Orla trat einen Schritt vor und neigte grüßend den Kopf. Der Tanist war der erwählte Nachfolger bei jedem Stamm und in jedem Königreich. Colla war ebenso alt wie Laisre, doch gut einen Kopf größer als der Fürst. Es gab kaum Zweifel, daß er ein Mann der Tat war. Er hatte den Körperbau eines Kriegers. Seine Haut war von der Sonne gebräunt und stand im Gegensatz zu seinem feuerroten Haar und seinen hellblauen Augen. Er war nicht schön, doch hatte er eine feine männliche Anziehungskraft, die Fidelma nicht entging. Vielleicht war es seine Haltung, eine innere Stärke oder das stille Lächeln in seinem Gesicht, was den Eindruck von Unbeschwertheit und Umgänglichkeit hervorrief, doch die stählerne Härte seines Charakters dem geübten Blick nicht verbergen konnte. Er trug die Tracht eines Kriegers und sein Schwert griffbereit.
»Ich freue mich, daß du gut hier angekommen bist, Fidelma«, grüßte er sie mit einer tiefen, dröhnenden Stimme, die Fidelma leicht zusammenfahren ließ. »Meine Frau, Orla, hat mir von dem schrecklichen Anblick berichtet, den ihr im jenseitigen Tal angetroffen habt, und ich kann dir nur versichern, daß ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um die Schuldigen zu finden und der Gerechtigkeit zuzuführen. Der Grund für dieses sinnlose Morden muß aufgedeckt werden, denn es gereicht unserem Volk nicht zur Ehre.«
Fidelma sah ihn einen Moment ernst an und fragte dannharmlos: »Warum sagst du, es sei ein sinnloses Morden gewesen?«
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, erwiderte der Tanist überrascht.
»Wenn du den Grund dafür nicht kennst, warum sagst du, es sei ein sinnloses Morden gewesen?« erklärte sie ihre Frage.
Nach einer verlegenen Pause zuckte Colla die Achseln. »Das war nur so dahergeredet …«
Er wurde von Gelächter unterbrochen. Laisre war außer sich vor Vergnügen.
»Du hast einen scharfen Verstand, Fidelma. Unsere Verhandlung wird interessant werden. Aber im Ernst, als Orla und Artgal die Sache berichteten, waren wir alle ratlos. Die Uí Fidgente haben Ruhe gegeben, seit das Heer deines Bruders sie voriges Jahr am Berg Áine schlug. Bis dahin waren sie die einzigen, die in feindlicher Absicht in dieses Land einfielen. Manche der Stämme jenseits dieses Tals verloren dadurch Teile ihrer Herden. Doch warum jene Fremden töten und noch dazu auf die Art? Woher kamen sie? Bisher scheint niemand eine Antwort auf diese verwirrenden Fragen zu kennen.«
Fidelma war plötzlich interessiert.
»Sind wir sicher, daß es sich um Fremde handelt?«
Laisre hatte keinen Zweifel.
»Artgal hat sich das Gesicht jeder Leiche angesehen. Wir sind keine so große Gemeinschaft, daß dreißig unserer jungen Männer verschwinden könnten, ohne daß wir es wüßten. Er hat keinen erkannt.«
»Dreiunddreißig, genau gesagt«, antwortete Fidelma und wandte sich bewußt Murgal zu. »Dreiunddreißig Leichen.Dreiunddreißig ist eine eigenartige Zahl. Dreiunddreißig in einem Sonnenkreis abgelegt. Jeder auf dreierlei Art getötet – der Dreifache Tod.«
Eisiges Schweigen herrschte in der Ratshalle; es war so still, daß man das leise Schnarchen eines der Jagdhunde durch das Knistern des Feuers hindurch hören konnte. Niemand antwortete. Alle verstanden, was sie damit sagen wollte. Denen, die der alten Art der Götterverehrung anhingen, bedeutete diese Symbolik viel. Schließlich trat Murgal zornig einen Schritt vor.
»Sprich weiter, Gesandte von Cashel. Ich meine, es steckt eine Anklage hinter deinen Worten.«
Laisre schaute seinen Brehon verlegen an.
»Ich habe keine Anklage gehört, Murgal«, wies er ihn zurecht. Dann wandte er sich an Fidelma und fuhr höflich fort: »Die Vorstellung, daß wir, die wir bei
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