Tod im Tal der Heiden
Gleann Geis gibt.«
Fidelma bemühte sich, ihre Überraschung nicht zu zeigen.
»Das verstehe ich nicht. Ich habe immer gehört, Gleann Geis sei eine Bastion des alten Glaubens und der alten Sitten. Ist das nicht richtig?«
»Das ist richtig«, warf Murgal mit brüchiger Stimme ein, »und so sollte es auch bleiben.«
»Das ist eine falsche Einstellung«, wies ihn Laisre zurecht. »Die Zeiten haben sich geändert, und wir müssen mit ihnen gehen, oder wir gehen unter.«
Fidelma betrachtete ihn mit Interesse. Sie fragte sich, ob sie den Fürsten nicht unterschätzt hätte. Es war klar, daß manchen seiner Leute sein Kontakt mit dem Bischof von Imleach mißfiel, doch jetzt bewies er seine Fähigkeiten als ein kraftvoller Führer seines Volkes.
Mit einem lauten Zischen bekundete Murgal seine Verärgerung.
Es trat ein unbehagliches Schweigen ein, bevor Laisre fortfuhr.
»Im Laufe der Jahre sind unsere Männer und Frauen Ehen mit Mitgliedern anderer Clans eingegangen, und aufdiese Weise haben wir unsere Kraft als Volk bewahrt. Wir haben den alten Gesetzen gegen Inzest gehorcht und sind stark und gesund geblieben. Doch die Ehefrauen und Ehemänner, die so zu uns gekommen sind, gehörten oft der neuen Religion an. Sie haben den neuen Glauben nach Gleann Geis mitgebracht, und viele haben auch ihre Kinder darin erzogen. Diese Gemeinschaft ist nun so angewachsen, daß sie eine Kirche und einen Priester des Glaubens für ihre geistlichen Bedürfnisse fordern und eine Schule, in der sie im Glauben unterwiesen werden.«
Colla murmelte etwas Unverständliches.
Laisre ging nicht auf ihn ein. Er wandte sich direkt an Fidelma.
»Einige von uns erkennen den unvermeidlichen Sieg eures Glaubens an. In den letzten beiden Jahrhunderten haben sich die fünf Königreiche verändert, ob manchen von uns das gefällt oder nicht.«
»Ein Grundgesetz unseres Glaubens besagt, daß niemand uns vorschreibt, welche Götter oder Göttinnen wir verehren«, schaltete sich Murgal ein. »Seit der Zeit, als die Anhänger des neuen Glaubens unsere Könige davon abspenstig machten, wird uns befohlen, zu welchen Göttern wir zu beten haben. Es heißt, wir dürfen nur zu dreien beten …«
»Es gibt nur einen Gott!« platzte Eadulf heraus, der sich dem Gespräch nicht mehr fernhalten konnte.
»Einer?« höhnte Murgal. »Kennst du deinen eigenen Glauben nicht? Es sind drei, die ihr die heilige Dreieinigkeit nennt. Und betet ihr nicht auch zu einer Göttin, der Mutter eures Christus?«
Fidelma schüttelte den Kopf.
»So sehen wir, die Vertreter des Glaubens, die Sachenicht, Murgal«, wandte sie höflich ein. Dann sagte sie zu Laisre: »Aber hier ist sicherlich nicht der Ort, theologische Fragen zu erörtern, und zu diesem Zweck bin ich auch nicht nach Gleann Geis gekommen.«
Der Fürst senkte einen Moment nachdenklich den Kopf, dann nickte er.
»Über die Freiheit des einzelnen und die Freiheit der Religion können wir zu anderer Zeit einmal reden«, fügte Fidelma hinzu.
»Dann denke daran«, mahnte Murgal, »wenn du von Freiheit sprichst, daß unsere Religion mit dem Boden dieser Gegend verbunden ist; es ist die Religion unserer Vorfahren seit unzähligen Generationen, zurück bis in die Dunkelheit der Vorgeschichte. Bedenke, daß es schwer ist, etwas völlig aus dem Boden auszurotten, auf dem es gewachsen ist, aus dem es sich gespeist und auf dem es Frucht getragen hat. Denke daran, daß Freiheit von der Bindung an den Boden keine Freiheit für den Baum bedeutet.«
Fidelma wurde klar, daß Murgal kein blind ergebener Vertreter des sterbenden Glaubens war, sondern ein in geistigen Dingen tief nachdenkender Mann. Fidelma begriff, daß sie in ihm einen nicht zu unterschätzenden Gegner hatte.
»Ich werde an das denken, was du sagst, Murgal«, versprach sie ihm. »Doch unsere unmittelbare Aufgabe besteht darin, zu einer Übereinkunft zu gelangen, das heißt, wenn ihr wirklich eine Kirche und eine Schule in diesem Tal haben wollt. Ich hatte den Eindruck, daß euer Rat dem bereits zugestimmt hätte, denn ich bin nicht hergekommen, um nur über theologische Fragen zu debattieren.«
Laisre errötete leicht.
»Ich habe dich hierher eingeladen, Fidelma, weil es mein Wunsch ist, daß mein Volk diese Dinge erhält, damit alle seine religiösen Bedürfnisse befriedigt werden können. Während einige Mitglieder meines Rates sich unweigerlich gegen Veränderungen stemmen, muß ich mich vom größeren Wohlergehen des größeren Teils meines Volkes
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