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Tod im Tal der Heiden

Tod im Tal der Heiden

Titel: Tod im Tal der Heiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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töricht vor. Er stand nicht so weit unter Alkohol, daß er alles Feingefühl verloren hätte. Er verwünschte es, daß er schlechten Wein mit starkem Met gemischt hatte.
    Fidelma am obersten Tisch wußte, daß es sich nicht geziemte, Laisre oder seinen Tanist noch weiter zu den bevorstehenden Verhandlungen zu befragen. Die Festhalle war ein Ort, an dem Waffen, Politik und Geschäfte traditionell draußen vor der Tür blieben. So hatte Fidelma das Gespräch auf die Geschichte des Volkes von Gleann Geis gelenkt, denn sie erfuhr gern so viel wie möglich über die verschiedenen Teile des Landes. Doch die Unterhaltung war vorsichtig und steif.
    Deshalb war sie dankbar, als Musikanten die Halle betraten.Laisre hatte verkündet, daß er im Gegensatz zu den meisten Fürsten während der Mahlzeit keine Musikanten zuließ. Erst nach Beendigung des Mahls durften sie hereinkommen.
    »Musik während des Essens kränkt sowohl den Koch als auch die Musiker und tötet das Gespräch«, erklärte er.
    Während nun Wein und Met bei den Gästen kreisten, trat ein Harfenspieler vor. Er trug eine
cruit,
eine kleine Handharfe, und setzte sich mit gekreuzten Beinen vor dem Fürsten auf der anderen Seite des Tisches auf den Boden. Er spielte eine energische Melodie, seine flinken Finger bewegten sich erstaunlich rasch und geschickt, vollführten schwierige Modulationen in perfekter Harmonie und vollendeten die Kadenzen auf volle, doch zugleich zarte Weise. Der helle Klang der hohen Noten über den tieferen Tönen der Baßsaiten schmeichelte den Ohren.
    Am Ende des Stückes beugte sich Orla zu Fidelma hinüber. »Wie du siehst, können selbst wir armen Heiden uns an unserer Musik erfreuen.«
    Fidelma überhörte Orlas verborgene Spitze.
    »Mein Mentor, der Brehon Morann von Tara, sagte einmal, wo Musik ist, kann es nichts Böses geben.«
    »Eine weise Bemerkung«, stimmte ihr Laisre zu. »Nun wähle ein Lied, Fidelma, und meine Musiker werden dir eine Probe ihres Könnens geben.«
    Zu dem Spieler der
cruit
hatte sich ein weiterer Harfenspieler mit einer
ceis,
einer kleineren, viereckigen Harfe, gesellt, mit der er die
cruit
begleitete. Die Gruppe wurde vervollständigt durch ein
timpan,
ein Instrument mit acht Saiten, das mit Bogen und Plektron gespielt wurde, und einen Pfeifer mit seinem
cruisech
.
    Bei einem Festmahl wurden vorzugsweise drei Arten von Musik vorgetragen.
Gen-traige
regte die Zuhörer zu Fröhlichkeit und Lachen an und schloß auch lebhafte Tanzweisen ein;
gol-traige
drückte Kummer und Klage aus, hier vernahm man unter anderem traurige Lieder auf den Tod von Helden;
súan-traige
war eine sanftere Art von Musik, dazu gehörten Liebes- und Schlaflieder.
    Die Musik war ein wesentlicher Teil von Fidelmas Kindheit gewesen. Im Palast von Cashel mangelte es nie an Musikanten, Sängern und Balladendichtern.
    Sie dachte noch über die Wahl eines Liedes nach, als Murgal, der neben Bruder Solin am Nebentisch saß, sich mühsam auf die Füße stellte. Sein Gesicht war gerötet, und Fidelma sah sofort, daß er dem Wein reichlich zugesprochen hatte.
    »Ich kenne ein Lied, das nach dem Geschmack einer Eóghanacht-Prinzessin sein wird«, spottete er. »Das werde ich singen:
    ›Die Burg auf dem großen Felsen von Muman,
    Einst gehörte sie Eoghan, einst gehörte sie Conall,
    Sie gehörte Nad Froích, sie gehörte Feidelmid,
    Sie gehörte Fíngen, sie gehörte Faílbe Fland,
    Jetzt gehört sie Colgú;
     
    Die Burg überlebt einen jeden und seine Zeit –
    Und die Könige schlafen in der Erde.‹«
    Die Krieger an ihrem Tisch brüllten vor Lachen, und manche klopften vor Begeisterung mit ihren Messergriffen auf die Holzplatte.
    Es war unzweifelhaft, was Murgal damit sagen wollte: Die Autorität der Könige von Cashel bestand nur vorübergehend.
    Laisres Gesicht drückte Zorn aus.
    »Murgal, der Wein steckt in dir, und dein Verstand ist draußen! Willst du deinen Fürsten beleidigen, indem du ihn in den Augen seiner Gäste herabsetzt?«
    Murgal wandte sich seinem Fürsten zu und lächelte einfältig. Der Wein machte ihm Mut.
    »Deine Besucherin von den Eóghanacht wollte ein Lied hören. So habe ich eins zu Ehren ihres Bruders in Cashel gesungen.«
    Noch immer lächelnd, ließ er sich schwerfällig nieder. Fidelma sah, daß Bruder Solin über ihre vermeintliche Verlegenheit schmunzelte. Ihr fiel eine junge Frau an der anderen Seite Murgals auf, eine schlanke, recht attraktive blonde Frau. Sie verzog keine Miene und schaute vor sich auf den

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