Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
Minuten lächelnd zu, dann beeilte er sich, das Futter fertigzumachen und in der Voliere zu deponieren.
Normalerweise stürzten sich die Vögel in Windeseile auf die Näpfe, sobald das Gitter der Voliere geöffnet wurde. Heute aber schienen sie sich kaum vom Ravenmaster trennen zu können. Schließlich scheuchte George sie sanft hinein und verschloss das Tor. „Die Tiere sehen gut aus. Du hast dich offenbar vorbildlich um sie gekümmert.“ Er kam in die Hütte zurück und schlug das Buch auf, in dem John die Aufzeichnungen über die Vögel weitergeführt hatte. Zufrieden nickend legte er es wieder weg und sah John an.
„Ich weiß, dass ich keinen besseren finden könnte, also frage ich dich: Möchtest du offiziell Assistent des Ravenmasters werden? Du hättest natürlich noch vieles zu lernen…“
„Sehr gern, George. Es macht mir Freude, für die Vögel zu sorgen.“
Meistens zumindest.
„Ich freue mich, wenn du mir alles beibringst, was du weißt.“ Feierlich schüttelten die Männer sich die Hände.
„Nun erzähle aber mal, George: Wie war das Verhör? Offensichtlich konntest du den Superintendenten von deiner Unschuld überzeugen, sonst hätte er dich nicht so prompt freigelassen.“
George ließ sich auf den Stuhl fallen. „Ich sage dir, vorher habe ich Blut und Wasser geschwitzt. Aber nachdem ich mir geschworen hatte, die reine Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen, fiel es mir gar nicht so schwer, Whittingtons Fragen zu beantworten. Danach fühlte ich mich sogar richtig erleichtert. Die Polizei glaubte mir wohl, denn als das Gespräch zu Ende war, sagte Whittington, ich könne gehen. Nun hoffe ich, dass Richard es genauso machen wird. Das ständige Lügen macht einen ganz kaputt.“
John nickte. „Du hast recht. Was ist mit Marcia?“
„Vor dem Gespräch mit ihr hat mir fast noch mehr gegraut als vor dem Polizeiverhör. Ich dachte, es bricht ihr das Herz, wenn ich ihr von den Fotos erzähle und was sie über Richard aussagen, aber sie hat es erstaunlich gelassen aufgenommen. Nach ihrem Suizidversuch hattest du ihr ja versichert, ich wäre unschuldig. Als ich aber dennoch die Aussage verweigerte, wurde ihr im Lauf der Zeit klar, dass ich damit jemanden decken wollte. Sie wusste, das konnte nur Richard sein. Sie sagte mir, sie habe mich seit Tagen im Gefängnis besuchen wollen, um mir zu sagen, dass ich die Karten auf den Tisch legen soll. Dann aber hätte sie jedes Mal wieder der Mut verlassen, weil sie Angst hatte, was sie über ihren Sohn herausfinden würde. Nun erscheint sie mir, so schlimm die ganze Geschichte auch ist, auch ein wenig erleichtert zu sein.“
John klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Du hast das Richtige getan, George. Nun warten wir´s ab, was Richard aus der Situation macht.“
Beide fuhren herum, als das Telefon klingelte. John hob ab.
„John, ist George bei dir? Er ist schon vor einer Ewigkeit weggegangen.“
„Ja, Marcia, er ist hier.“ Er blinzelte George zu. „Es tut mir leid, ich habe ihn aufgehalten. Und er konnte auch die Raben nicht so schnell wieder verlassen, die Tierchen sind ganz glücklich, dass er wieder hier ist.“
„Das macht doch nichts, John. Du hast so viel für uns getan. Ohne dich hätte ich meinen George nicht wiederbekommen. Ich würde auch gar nicht drängen, dass er wieder zurückkommt, aber Mullins hat gerade angerufen: Er will heute Abend noch eine Willkommensparty für George im Club geben. Vielleicht möchtet ihr euch ja noch ein wenig in Schale werfen?“
Diese Aussicht machte beiden Männern Beine und sie machten sich eilends in ihre jeweiligen Wohnungen auf.
Als John die Water Lane hinunterging, drang bereits Musik und Stimmengewirr aus dem Club. Kurz vor der Eingangstür traf er auf George und Marcia. Angetan mit einem schicken Kleid und einem glücklichen Strahlen, das ihr Gesicht erhellte, wirkte sie so lebendig, wie John es noch nie erlebt hatte.
Als die drei durch die Tür traten, brach lauter Jubel aus. George musste unzählige Hände schütteln. Offensichtlich hatte sich herumgesprochen, dass John großen Anteil an der Freilassung des Ravenmasters gehabt hatte, denn auch ihm wurde ein herzlicher Empfang zuteil. Als Chief Mullins sich zu ihnen durchdrängte und ihre Arme hochhielt wie die zweier Preisboxer, klatschte, trampelte und pfiff die gesamte Tower-Gemeinde.
Sid sprang auf die Theke. „Ein Hoch auf unseren Ravenmaster, der endlich heimgekehrt ist und auf unseren Chief, der uns heute
Weitere Kostenlose Bücher