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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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hatten.
    Ich wollte Gott so sehr erzürnen, dass er zu mir kommt.
Deshalb habe ich jede Gelegenheit zum Morden wahrgenommen. Ich
hatte keine Angst vor der Lepra, denn der Teufel war mit mir und
hat mich beschützt.« Er hustete; ein leichter
Blutfaden quoll aus seinem Mund. »Ich habe auch Ludwig
Leyendecker getötet.«
    Andreas schaute zu Elisabeth auf, die sich eng in sein
Priestergewand gewickelt hatte. Er sah, dass sie jedes Wort
mitbekommen hatte. Sie rührte sich nicht.
    Heynrici sprach weiter: »Der Plan der Verschwörer
war mir völlig gleichgültig. Ludwig Leyendecker musste
sterben, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Heinrich
Bonenberg war zu feige, ihn eigenhändig aufzuknüpfen,
und hat mir diese Arbeit überlassen. Es waren wertvolle
Worte, die der Sterbende mir mitgeteilt hat. Worte, die zu Gott
und zum Satan führen. Aber meine Arbeit ist nicht
vollendet.«
    Welcher Dämon sprach da aus ihm? Er hatte nur gemordet um
des Mordens willen? Nur um der letzten Worte der Sterbenden
willen?
    Heynrici fuhr fort: »Heute bin ich zu spät
gekommen; eine Wache an der Ehrenpforte hat mich aufgehalten.
Ansonsten wäre das Rathaus schon in die Luft geflogen, und
ihr hättet mich als rettenden Engel mitten zwischen den
Sterbenden gesehen. Oh, wie ich ihre Worte getrunken hätte!
An der Schwelle des Todes sehen die Menschen die jenseitige Welt.
Und sie erkennen deren Geheimnisse. Geheimnisse, die ich ihnen
entreißen wollte. Geheimnisse, die mich auf meinen eigenen
Weg zu Gott gebracht haben. Als meine Frau starb, habe ich zum
ersten Mal versucht, Kontakt mit der jenseitigen Welt
aufzunehmen.« Er lächelte schwach. »Ich bin
immer weiter auf diesem Weg gegangen. Ich wollte Gott zu mir
herabzwingen, auf geraden und auf krummen Wegen.«
    »Wie könnt Ihr Gott noch im Munde
führen!«, erboste sich Andreas und vergaß
beinahe seine Pflichten als Beichtvater.
    Heynrici schnappte nach Luft; ein kleiner Blutstrom floss ihm
aus dem Mundwinkel. »Ich wollte doch nur mit Gott reden!
Warum hat er sich mir nicht gezeigt? Ich wollte ihn reizen und
ihm seine Geheimnisse entreißen… Nichts, was in den
Zauberbüchern steht, ist wahr. Darum habe ich sie verkauft.
Als Bonenberg wissen wollte, wo man ein Zauberbuch herbekommt,
konnte ich ihm den Hinweis auf den Drucker Ulrich Zell geben. Es
war alles sehr gut eingefädelt. Ein vollkommener Mord,
dessen Ausführung mir unendliche Freude verschafft hat.
Leider ist es mir nicht gelungen, Euch das Buch wieder zu
entwenden, damit Ihr nicht auf meine Anmerkungen stoßt. Der
Dieb, den ich gedungen hatte, hat kläglich versagt. Er hat
dafür büßen müssen.« Heynrici lachte
sanft.
    »Wer sind die anderen Verschwörer?«, wollte
Elisabeth wissen. Sie war aschfahl und konnte sich nur mit
Mühe beherrschen.
    Heynrici schaute zu ihr auf. Seine Augen weiteten sich noch
einmal vor Abscheu und Entsetzen. »Du bist des Teufels,
nicht ich«, flüsterte er. Dann sackte sein Kopf zur
Seite. Er war tot. Andreas stand zitternd auf.
    Elisabeth unterdrückte einen Fluch. »Wir
müssen das Pulverfass finden«, sagte sie. Andreas
nickte und nahm die Laterne auf.
    Gemeinsam durchsuchten sie schweigend die angrenzenden
Kellergewölbe. Keiner der Ratsherren ließ sich mehr
blicken. Schließlich fanden sie ganz in der Nähe der
Tragödie ein einzelnes verdächtiges Weinfass und
öffneten es. Es war bis zum Rand mit Schwarzpulver
gefüllt. Die Lunte lag daneben; offenbar war Heynrici bei
seinen Vorbereitungen durch Andreas und den Büttel
gestört worden. Elisabeth schaute den jungen, vor Kälte
zitternden Geistlichen an. Er sah die Frage in ihren Augen.
    »Nein«, flüsterte er. »Ich werde es
niemandem sagen. Ihr sollt frei weiterleben
können.«
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn.

 
EPILOG
     
     
    Am Tag nach der Hinrichtung kamen sie wieder zusammen. Andreas
saß nach der Frühmesse in der Wohnstube Elisabeth
Bonenbergs. Das mächtige Giebelhaus in der Rheingasse war
still geworden. Andreas betrachtete versonnen das schöne
Gesicht der jungen Frau, deren schwarzes hochgeschlossenes Kleid
mit dem ebenfalls schwarzen, spitzenbesetzten Brusttuch einen
harten Kontrast zu dem unter der Haube hervorlugenden blonden
Haar bildete. Er schmeckte noch immer den Kuss, den Elisabeth ihm
in den Gewölben unter dem Rathaus geschenkt hatte. Doch eine
Wiederholung dieses Erlebnisses, das Andreas zu den
schönsten seines

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