Tod in der Königsburg
gezwungen hattet, ihre Pläne zu ändern. Dann vernahm ich etwas Seltsames.«
»Was denn?« fragte Fidelma.
»Hufschlag von Pferden, die sich der Stelle näherten, an der Samradán und seine Leute hielten. Samradán wurde von dem offenkundigen Anführer der Reiter mit Namen begrüßt. Dessen Stimme kannte ich nicht. Es war niemand aus Muman, der Mann sprach mit nördlichem Akzent.
Nach der Begrüßung merkte ich, wie sich jemand an der Plane zu schaffen machte. Ich lag mit geschlossenen Augen da. Jemand schüttelte mich, aber ich atmete tief und gleichmäßig und rührte mich nicht. Eine Stimme sagte: ›Er ist noch bewußtlos. Wir können offen miteinander reden.‹ Dann wurde die Plane wieder geschlossen.«
»Worüber wurde geredet?«
»Samradán beklagte sich, daß bei dem Überfall die Schmiede zerstört worden war und er sich nun jemand anderes suchen müsse, der das Silber ausschmolz. Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Sein Gesprächspartner lachte nur. Er sagte, daran ließe sich nichts ändern. Samradáns illegale Geschäfte gingen weder ihn noch den Comarb etwas an. Samradán protestierte und sagte, der
rígdomna
habe sie gebilligt und er habe mit dessen Einverständnis gehandelt. Der andere erwiderte, soviel er wisse, sei Samradán lediglich ein Bote zwischen dem
rígdomna
und dem Comarb.«
»Beide sprachen von einem
rígdomna
?« fragte Fidelma.
»Ja. Der Mann betonte noch einmal, was Samradán tue, ginge ihn nichts an, er habe seine Befehle. Er sei nur dem Comarb Rechenschaft schuldig. Dann entfernten sie sich vom Wagen und waren außerhalb meiner Hörweite.«
»Und du bist sicher, daß sie von einem Comarb sprachen?« wollte sie wissen.
»Meinst du, ich wüßte nicht, was dieser Titel bedeutet?« antwortete Bruder Bardán. »Es gibt nur zwei Comarbs in den fünf Königreichen, den Comarb von Ailbe und den Comarb von Patrick.«
Eadulf stieß einen leisen Pfiff aus.
»Was geschah dann?« drängte Fidelma. »Hast du noch mehr erfahren?«
»Nach einer Weile hörte ich, wie die Reiter fortritten. Kurz danach wurde die Plane zurückgeschlagen. Es war Samradán, und ich hatte keine Zeit mehr, mich bewußtlos zu stellen. Er nahm mir den Knebel aus dem Mund und drohte, ihn mir wieder hineinzustecken, wenn ich nur ein Wort sagte. Er gab mir zu trinken und zu essen und legte dann den Knebel sofort wieder an. Zweifellos glaubte er, ich wäre gerade erst zu mir gekommen und hätte nichts von seinem Gespräch mit den Reitern gehört. Er machte die Plane wieder fest. Nach einiger Zeit ging es weiter.
Es war eine schreckliche Fahrt. Ich merkte, daß es Nacht wurde, alles war dunkel. Die Wagen hielten an. Ich schlief ab und zu. Es war ruhig und still. Gelegentlich wachteich auf und glaubte Stimmen zu hören. Einmal kam es mir sogar so vor, als vernehme ich deine Stimme, Schwester Fidelma.«
»Das stimmt. Der Wagen stand auf dem Hof des Gasthauses am Brunnen von Ara, dort brachtet ihr die Nacht bis zum Morgengrauen zu. Dann fuhr Samradán mit seinen Wagen hierher. In jener Nacht muß ich dir zum Greifen nahe gewesen sein.«
Bruder Bardán sah sie forschend an.
»Was ist geschehen?« fragte er. »Wie habt ihr mich gefunden?«
»Erzähl erst deine Geschichte weiter«, drängte ihn Fidelma.
»Nun, du hast recht. Als die Wagen schließlich hielten, standen sie in einem großen Lagerhaus. Man holte mich heraus und brachte mich in diesen Keller, und hier habe ich im Dunkeln gelegen, bis ihr mich entdeckt habt.«
Fidelma überlegte rasch. »Als erstes müssen wir dich hier herausbringen, Bruder Bardán, und an einen sicheren Ort schaffen.«
»Bin ich denn in Gefahr, Schwester?«
»Ja, und zwar in erheblicher. Hätte Samradán deine Anwesenheit gegenüber den Reitern erwähnt, mit denen er sprach, dann wärst du bereits tot. Zum Glück war den Reitern Samradáns illegaler Bergbau egal. Und Samradán selbst glaubte, du wärest rein zufällig auf seine illegale Schürfstelle gestoßen. So bist du Zeuge einer Verschwörung geworden, und das bringt dich in höchste Gefahr. Wir schaffen dich zu einer Freundin, und dort mußt du bis morgen abend bleiben.«
»Wieso morgen abend?«
»Dann holen wir dich ab und schmuggeln dich in den Palast von Cashel. Ich möchte nicht, daß jemand von deiner Anwesenheit hier etwas erfährt.«
»Samradán merkt es aber, wenn ich nicht mehr hier bin.«
»Stimmt auffallend«, murmelte Eadulf.
»Daran habe ich schon gedacht. Wenn Bruder Bardán sicher untergebracht ist,
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