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Tod in der Königsburg

Tod in der Königsburg

Titel: Tod in der Königsburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Satans?«
    »Er stammte zweifellos nicht aus unserem Königreich«, erwiderte Fidelma und kostete zum erstenmal von ihrem Wein. »Aona, der Herbergswirt am Brunnen von Ara, meint, er habe mit nördlichem Akzent gesprochen.«
    Eadulf stimmte ihr zu. »Wir können mit Sicherheit annehmen, daß er aus dem Norden kam. Selbst die merkwürdige Vogeltätowierung auf seinem Unterarm wird nur an der Nordostküste vorgenommen und ist im Süden ganz unbekannt. Also stammt der Mönch nicht aus dieser Gegend.«
    Abt Ségdae schien plötzlich in seinem Sessel erstarrt. Er war sichtlich blaß geworden und wirkte noch hagerer alssonst. Er sah Fidelma mit beinahe entsetzter Miene an. Mehrmals setzte er zum Sprechen an, ehe die Worte aus seiner trockenen Kehle kamen.
    »Hast du gesagt, der Attentäter hatte einen Vogel auf dem Unterarm eintätowiert? Und er sprach mit nördlichem Akzent?«
    Fidelma bestätigte das und wunderte sich, was in den alten Abt gefahren war.
    »Kannst du den Attentäter beschreiben?« fragte Ségdae.
    »Ein rundes Gesicht, klein, mit dichtem lockigem grauem Haar. Ein fülliger Mann von ungefähr fünfzig Jahren. Die Tätowierung hatte er auf dem linken Unterarm. Der Vogel war ein Bussard.«
    Abt Ségdae schlug plötzlich die Hände vors Gesicht und beugte sich stöhnend vor.
    Fidelma erhob sich und trat unsicheren Schritts auf den zusammengesunkenen alten Mann zu.
    »Was ist?« fragte sie. »Bist du krank?«
    Nach einigen Augenblicken hatte der Abt die Fassung wiedererlangt.
    »Die Person, die du beschreibst, ist Bruder Mochta, unser Bewahrer der heiligen Reliquien. Der Mönch, der aus der Abtei verschwunden ist.«
    Eine Weile herrschte Schweigen.
    »Bist du sicher?« fragte Eadulf und kam sich selber dumm vor dabei, denn die Beschreibung ließ keinen Zweifel zu. Es konnte keine zwei Menschen geben, auf die sie paßte.
    »Mochta stammt aus dem Clan Brasil in Ulaidh«, begann Ségdae zögernd.
    »Einem nördlichen Königreich«, ergänzte Fidelma für Eadulf.
    »Er hatte dieselbe unverwechselbare Tätowierung auf seinem linken Unterarm.«
    Fidelma dachte einen Moment nach.
    »Dann wird die Sache nur noch rätselhafter, Ségdae«, meinte sie schließlich. Ohne auf seinen verständnislosen Blick zu achten, fragte sie: »Wann hast du Bruder Mochta zuletzt gesehen?«
    »Gestern abend beim Vespergebet.«
    Das war das Gebet zur sechsten Stunde des kirchlichen Tages, es fand bei Aufgang des Abendsterns statt.
    »Hat er die Abtei oft verlassen?« wollte Fidelma wissen.
    Ségdae schüttelte den Kopf. »Soviel ich weiß, hat er sie kaum je verlassen, seit er vor zehn Jahren als
scriptor
herkam.«
    Eadulf zog die Brauen hoch und schaute Fidelma bedeutungsvoll an. »Sagtest du, er war euer
scriptor? «
fragte er rasch.
    Ségdae bejahte mit einer Geste. »Er kam her, um unsere Annalen zu führen, und wurde dann Bewahrer der heiligen Reliquien.«
    »In Anbetracht des Wertes und der Bedeutung dieser Reliquien«, forschte Eadulf, »war es doch eigenartig, daß ein Mann aus einem anderen Königreich zu ihrem Bewahrer bestellt wurde?«
    »Bruder Mochta war ein frommer und gewissenhafter Mann, der seine religiösen Pflichten gut und ohne Rücksicht auf regionale Interessen erfüllte. Er war der Abtei und seiner neuen Heimat treu.«
    »Bis jetzt«, ergänzte Eadulf trocken.
    »Er ist seit zehn Jahren bei uns, sechs davon als Bewahrer der Reliquien. Willst du behaupten, daß er die Reliquienstahl und gestern abend nach Cashel ging, um König Colgú zu ermorden? Das ist nicht zu glauben.«
    »Aber wenn er so aussah, wie auch du ihn beschreibst, bis hin zu der Tätowierung des Bussards auf seinem linken Unterarm, dann liegt er jetzt als Leiche in Cashel und wurde erschlagen, als er vom Schauplatz des Überfalls flüchten wollte«, erwiderte Eadulf.
    Abt Ségdae ließ die Schultern hängen. »Doch wie erklärt sich dann seine blutverschmierte und verwüstete Zelle? Bruder Madagan, mein Verwalter, und ich nahmen an, daß Mochta von demjenigen, der die Reliquien stahl, angegriffen und verwundet wurde.«
    Fidelma schaute nachdenklich drein. »Das ist ein Rätsel, das wir lösen müssen. Anscheinend haben wir damit wenigstens den Namen eines der toten Attentäter in Cashel.«
    »Aber ein noch größeres Rätsel als vorher«, seufzte Eadulf. »Wenn dieser Bruder Mochta die Reliquien gestohlen hat und . . .«
    Fidelma unterbrach ihn, langte in ihr
marsupium,
den kleinen Lederbeutel an ihrem Gürtel, und reichte dem Abt ein Stück Papier.

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