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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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Lund genommen, die standen immer noch im Schuppen am Axel-Munthes-Stig in Oskarshamn. Bei Robert und Britta-Stina.
    Ein Wollschal, der sich um den Hals schmiegte, und eine dicke und winddichte Mütze wären auch nicht dumm. Sie könnte heute einfach in einen Laden gehen und sich welche kaufen. Aber wo? Sie kannte sich in Oskarhamns Läden nicht mehr aus, es fiel ihr nicht gleich ein passendes Geschäft ein, und plötzlich war sie sehr müde.
    Nicht heute, dachte sie. Ich muss versuchen, Sam zu erreichen. Sie sah ihn die Schultern bis zu den Ohren hochziehen, sich zusammenkrümmen und in der Kälte schnattern und dann fast verlegen unter der Haartolle hervorkucken. Oder ganz einfach aus Scham. Sie erinnerte sich, dass er oft den Blick schweifen ließ, als gäbe es etwas, wofür er sich schämte, als hätte er ungewollt irgendetwas falsch gemacht. Er hatte nur allzu oft ungerechte Beschuldigungen über sich ergehen lassen müssen.
    Ein Taugenichts, sagten ein paar der Alten im Dorf. Flink und witzig, sagten andere. Als sie klein waren, hatte sie sich immer für Samuel geschämt, und gleichzeitig hatte er ihr leidgetan. Sie, die Schwester des Taugenichts.
    Ganz sicher fror Samuel in diesem kalten Winter. Er hatte immer so viel im Kopf gehabt, dass ihm ganz egal gewesen war, was er anzog. Er nahm einfach das, was Mama ihm hingelegt hatte. Bestimmt machte er es immer noch so, dass er sich das Nächstbeste griff, was er selbst beim Ausziehen auf den Boden hatte fallen lassen. Vielleicht nur eine dünne Jeans und ein Hemd, oder ein verwaschenes T-Shirt, oder einen zu klein gewordenen Pullover, bei dem die Hände aus abgewetzten und schmuddeligen Bündchen herausstaken. Und dann nur eine alte Sommerjacke, obwohl es Winter war. Das schnitt ins Herz. Es war eine so wahnsinnig traurige Vorstellung, dass sie es kaum aushielt. Sie wollte, dass es genau andersherum wäre, dass mit Samuel alles in Ordnung wäre. Dass er es gut hatte. Dass ihm warm war und seine Wangen rosig. Aber nicht, dass er sich mit Alkohol wärmte, bloß nicht!
    Aber warum sollte er das auch, nur weil er Künstler war? Und weil er an dem Abend vor zwei Jahren, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, sternhagelvoll gewesen war? Damals hatte sie keine Lust mehr gehabt, ihn öfter zu treffen.
    Ein Auto dröhnte an ihr vorbei und fuhr so schnell und so nah am Bordstein, dass sie von einer Schneematschkaskade durchtränkt wurde. Idiot! Sie versuchte, das Schlimmste abzuklopfen. Die Schuhe waren undicht. Die Strümpfe waren nass, aber das merkte sie nicht mehr. In fünf Minuten war sie zu Hause in der Dammgatan. Eine typische Seitenstraße mitten im Zentrum, mit Autowerkstatt und Flohmarkt in den alten Fabrikgebäuden direkt gegenüber.
    Als sie endlich an der Ampel in der Stengatan ankam, war die Straße stärker befahren, und so sprang sie aufs Fahrrad und rollte das letzte Stück herunter, bremste vorsichtig ab und bog in die Straße ein, in der sie wohnte.
    Das Gebäude hatte einen Fahrradkeller, sie bemühte sich, das Rad so hinzustellen, dass das Schloss über Nacht nicht einfror, und versuchte dann, Leben in ihre Füße zu bekommen, indem sie zum Eingangsbereich im Erdgeschoss lief. In dem Moment öffnete sich die Eingangstür aus Glas, und sie konnte eine Daunenjacke erkennen, die nach draußen verschwand. Sie kannte niemanden im Haus, und man begegnete sich nur selten.
    Die Wohnung, die sie über eine Annonce gefunden hatte, passte ausgezeichnet. EineEinzimmerwohnung mit verhältnismäßig geräumiger Küche und einem kleinen Flur. Die Küche ging zur Straße raus, das Zimmer nach hinten zum Hof. Manchmal lärmte der Kühlschrank, aber ansonsten herrschte des Nachts Friedhofsstille, als würden nur sie, die Nähmaschine, der Sternenhimmel und die Stimmen aus dem Radio allein auf der ganzen Welt existieren. Abgesehen von den inzwischen vertrauten Motorengeräuschen der Schlange aus Autos und Lastwagen, die die Gotlandfähre verließen und dann über die Norra Fabriksgatan aus der Stadt fuhren. Das geschah immer gegen zwanzig Uhr.
    Davon abgesehen passierte auch tagsüber kein nennenswerter Verkehr die Dammgatan. Als sie das erste Mal die Haustür aufgeschlossen hatte und über die Schwelle getreten war, hatte sie gedacht, dies sei ein Ort, an dem man Angst bekommen könnte. Aber sie bekam keine Angst. Sie hatte schließlich nicht vor, in Oskarshamn zu bleiben.
    Als sie nach dem Abitur die Stadt verlassen hatte, war sie wie eine Löwenzahndolde

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