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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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Anfang, das ist so. Und das wissen Sie auch. Aber wir halten die Augen immer offen. Wir haben Tina nicht vergessen«, sagte er und sah ihr in die Augen.
    Der Name der Tochter schlug wie ein Blitz ein. Das Gesicht der Mutter erstarrte, der Körper krümmte sich zusammen. Dann kam das Weinen. Wie erwartet.
    Sie hatten sich schon ihre Rituale geschaffen, Yvonne Almgren und er. Das Weinen gehörte dazu, es hatte eine hohe Priorität, und er konnte begreifen, warum das so war. Er blieb sitzen und ließ ihr Gesicht klatschnass werden. Dabei fiel es ihm nicht sonderlich schwer zu schweigen, denn er hatte ohnehin keinen Trost zu spenden. Es war einfach beschissen, anders konnte man es nicht nennen.
    Yvonne Almgren fischte ein Taschentuch aus der Tasche und schnäuzte sich, auch wenn sie wahrscheinlich lieber die Zigaretten herausgeholt hätte. Arme wie Stöcke und trockene, schlaffe Haut. Claesson meinte zu sehen, dass die Lippen noch bläulicher aussahen als früher. Wahrscheinlich rauchte sie wie ein Schlot, der Zigarettengeruch hing ihr in den Kleidern, und die Stimme war brüchig und heiser. Bestimmt bekam sie bald eine chronische Lungenentzündung, wenn sie die nicht schon hatte. Es war, als wäre sie sich selbst völlig egal, solange die Tochter verschwunden war. Wenn sie nicht aufpasste, würde ihr eigenes Leben bald so aussehen, dass sie ständig durch einen durchsichtigen Schlauch mit einem Sauerstoffgerät verbunden sein musste, dachte er finster.
    Er brach die Stille und fragte sie, wie es ihrem Mann Bengt gehe. Sie sah ihn mit leerem Blick an und zuckte mit den Schultern: »Sie wissen ja, wie er ist. Er will nicht darüber reden, zieht sich zurück, bei der Arbeit behaupten sie, er hätte kein einziges Wort zu der Sache gesagt. Als Installateur von Ventilatoren kann er da auch gut für sich bleiben. In seiner Freizeit ist er ziemlich viel weg, nimmt das Auto und fährt los.«
    »Wohin fährt er?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht geht er in den Wald oder angelt, woher soll ich das wissen? Er ist gern bei der Sommerhütte.«
    Claesson nickte.
    »Vielleicht sucht er ja nach ihr. Er weigert sich zu akzeptieren, dass sie weg ist«, erklärte sie mit festerer Stimme und nicht ohne einen gewissen Unmut gegen Claesson und die Polizei, die nichts unternahm.
    Claesson hatte einige Angehörige von vermissten Personen oder nicht aufgeklärten Morden, die am Jahrestag zu ihm kamen oder vor großen Feiertagen, wie Weihnachten oder Mittsommer. Manche tauchten auch erst zehn Jahre später bei ihm auf. Es waren nicht viele, und sie würden wahrscheinlich nie eine Antwort darauf bekommen, was eigentlich geschehen war, wenn es der modernen Kriminaltechnik nicht gelang, irgendetwas zu erfinden, das eine Analyse möglich machte.
    »Und Pär und die Enkel? Wie geht es denen?«, fragte er.
    »Ich kann ihn nicht ausstehen!«, antwortete Yvonne Almgren aufgebracht. »Und jetzt ist er einfach zu weit gegangen.« Sie rang nach Atem. »Er hat doch tatsächlich Bengt und mir verboten, die Kinder zu sehen. Unsere eigenen Enkelkinder! Können Sie sich etwas Schlimmeres vorstellen?«, spie sie mit weit aufgerissenen Augen aus.
    Claesson zog die Augenbrauen hoch und musste daran denken, dass er kürzlich über Großeltern gelesen hatte, denen per Gerichtsbeschluss das Recht eingeräumt worden war, ihre Enkelkinder zu treffen. Es hatte Ärger mit der Schwiegertochter gegeben, die ihnen dieses Recht verweigern wollte. Es gab so viele mehr oder weniger raffinierte Methoden, einander zu bestrafen.
    Es war ein Freitag gewesen, an dem Pär Rosenkvist sein Auto genommen hatte und von zu Hause in dem göttlich schönen Bråbo losgefahren war, weil, wie er behauptete, das Bett neben ihm leer gewesen war, als er am Morgen erwacht war. Tina hatte sich anscheinend davongestohlen, während er schlief. Martin Lerde nahm die Anzeige auf und war somit bereits von Anfang an mit dem Fall befasst.
    Frauen und Männer werden recht oft vermisst gemeldet, ohne dass es einen kriminalistischen Grund dafür gibt. Die überwältigende Mehrheit kehrt zurück, und das Leben geht dann einfach weiter. So hatte nicht nur Lerde, sondern so hatten sie alle zu Anfang gedacht.
    Doch im vorliegenden Fall gab es einige Besonderheiten, und Martin Lerde hatte sie Pär Rosenkvist sehr schnell entlocken können. Das führte nicht ohne Grund zu gewissen Verdächtigungen gegen den Ehemann selbst; allerdings richtet sich in Fällen, in denen ein Mann eine Frau vermisst meldet, zu der er in

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