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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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sengender
Sonne nicht lieber in einem Stall wären.
    Auch in Peißenberg war es noch still; ein, zwei Autos kamen ihm
entgegen. Es schlug genau Viertel vor sieben, als Gerhard in Peiting vor der
Raiffeisenbank parkte. Da war allerdings einiges los: ein Polizeiwagen, erste
Glotzer, zwei Burschen in Trachtenornat und mit starrem Blick. Als er an ihnen
vorbeiging, roch er den Alkohol, der sie streng umwehte. So als wolle der Dunst
sie nicht loslassen. Und da war Baier.
    »Gut schauen Sie aus, Baier«, sagte Gerhard.
    »Sie nicht«, antwortete Baier und machte lediglich eine Kopfbewegung
in Richtung Tür.
    Gerhard grüßte die beiden Schongauer Kollegen, die am Fuße der
Treppe standen, ging hinauf, Baier hinter ihm. Er betrat den Raum und sah sich
um. Rechts ein knallroter Postkasten von allgäu mail, was immer das war. Er
kannte nur die gute alte gelbe Post, die sich nach und nach aus den Städten
geschlichen hatte und nun gerne in Getränkemärkten unterkroch. Es gab ein paar
Aufsteller, einige Poster an den Wänden. Gerhard registrierte, dass die Tür
unentwegt auf- und zuging. Er trat weiter in den Raum, vor ihm schirmte ein
halbhoher Paravent den Geldautomaten ab. Zumindest nahm Gerhard an, dass sich
der Automat da verbarg und damit die Milliardentransaktionen verdeckte, die der
Peitinger so durchführte. Baier machte wieder eine Kopfbewegung, Gerhard
umrundete die Holzbalustrade. Zwischen Geldautomat und Holzwand hing ein Mann.
Vor ihm stand ein leerer Bierkasten. Eine Flasche schien seiner Hand entglitten
zu sein und schwamm in einer Pfütze. Man hätte meinen können, der Typ wäre im
Alkoholdelirium, was angesichts der Biermenge ja nicht unwahrscheinlich war.
Wäre da nicht an seiner Kehle eine ungute Färbung gewesen. Ein
blutunterlaufener Ring umgab seinen Hals.
    Gerhard beugte sich hinunter. Der Typ roch ebenfalls sehr ungut,
nach Alkohol und angetrockneter Kotze, die sein Hemd und die selbst gestickten
Hosenträger befleckte. Er war erwürgt worden, keine Frage. Die Male ließen auf
dünnen Draht schließen oder etwas Ähnliches. So wie er da in sich hineingesackt
war, schien er auch wenig Gegenwehr geleistet zu haben. Kein Wunder bei dem
ganzen Alk!
    »An Derwürgten hatten wir schon länger nicht mehr«, brummte Baier.
»Den letzten, kurz nachdem Sie hier aufgeschlagen sind, Weinzirl. Der Schnitzer
am Döttenbichl.«
    Der Schnitzer, ja. Der Viergesang, alle viere tot. Ein atonales Ende
für die einst so harmonischen Sänger. Das war Gerhards erste Begegnung mit dem
Oberland und seinen neuen Kollegen gewesen. Sein erster Fall, und in der
Rückschau war das sein liebster gewesen. Wenn man bei Mord und Totschlag
überhaupt Wertungen abgeben konnte. Aber vor vier Jahren hatte er Baier
schätzen gelernt und den Mann leider an dessen Rentnerdasein verloren. Baier
fehlte ihm, das traf ihn für den Moment wie ein Hammerschlag. Weil er seit
Baiers Weggang einfach von zu vielen Weibern umgeben war, weil er keinen zum
gemeinsamen Schweigen hatte. Generell waren ihm tote Männer lieber, tote Frauen
oder gar tote Kinder erschütterten sein sonst relativ unerschütterliches Gemüt.
Der hier war eindeutig ein Mann, ein übergewichtiger, gewamperter Typ, den der
Erstickungstod ziemlich entstellt hatte. Allerdings wäre er ohne das
Aufgedunsene wohl auch keine Schönheit gewesen.
    Gerhard richtete sich auf.
    »Okay, Baier, dieser Kamerad hier ist tot. Derwürgt, ohne Zweifel.
Was macht er hier? Was machen Sie hier? Was haben Sie damit zu tun?«
    »Erste Frage: Er war der Wächter. Zweite Frage: Der Winnie hat mich
geholt. Dritte Frage: Ich bin überall, wo ich gebraucht werde.« Er lachte
trocken auf.
    Gerhard atmete tief durch. Es war kurz vor sieben Uhr. Da hing ein
Trachtler mit vollgekotzten Hosenträgern über einem Bierkasten, eine Marke, die
Gerhard überdies für unwürdig hielt. Davon musste einem schlecht werden, aber
gleich sterben? Ein erwürgter Trachtler in einer Landraiffeisenbank, und der
war ein Wächter gewesen? Er hatte gestern – seit langer Zeit mal wieder – mit
Hajo, seinem Vermieter, gepflegt getrunken. Gepflegte italienische Weine,
eventuell war eine der letzten Flaschen schlecht gewesen, aber so übel fühlte
er sich eigentlich gar nicht. Wächter, Winnie, Baier?
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