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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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endlich ging sie vor ihnen her in die Küche, wo
sie ihnen Platz an einem kleinen Resopaltisch anbot.
    Es gab eine zweite Tür, wahrscheinlich zum Esszimmer.
Sie wurde vorsichtig einen Spaltbreit geöffnet, ohne dass sich jemand sehen
ließ.
    »Wer ist da?«, fragte Fonsi.
    »Ich hab Besuch«, sagte Frau Schimunek.
    »Du hast nie Besuch«, sagte Fonsi.
    »Heute schon. Geh spielen, mein Schatz.«
    Die Tür schloss sich wieder.
    »Sie klingen, als stammten Sie nicht von hier«, sagte
Schwemmer.
    »Ich komme aus Neustadt.«
    »Neustadt an der Weinstraße?«
    »Am Rübenberge.«
    »Aha …«, sagte Schwemmer, der von diesem Neustadt noch
nie gehört hatte. »Sie haben dem Herrn Schafmann erzählt, Sie seien schon über
dreißig Jahre bei den Schedlbauers. Wie lange denn genau?«
    »Bald sechsunddreißig«, sagte sie, ohne zu zögern. »Im
Mai.«
    Schwemmer nickte. »Können Sie sich vielleicht denken,
warum wir hier sind, Frau Schimunek?«
    Sie sah ihn unsicher an. »Wegen Mirls Unfall?«
    »Nein. Es geht um Vinz.«
    »Vinz?« Sie schreckte hoch. »Ist ihm was passiert?«
    Schafmann räusperte sich. »Wissen Sie, wo er ist?«
    »In den Anden. Fliegen. Ist ihm was passiert?«
    Schwemmer holte Luft. »Frau Schimunek, der Vinz … ist
tot«, sagte er dann.
    Frau Schimunek schloss die Augen. Sie weinte nicht,
sie gab keinen Ton von sich, aber ihr Oberkörper sackte nach vorne auf den
kleinen Küchentisch und regte sich nicht mehr.
    »Frau Schimunek …« Schafmann fühlte ihren Puls.
    »Wir sollten sie auf die Bank legen«, sagte Schwemmer,
da schlug sie die Augen wieder auf, blieb aber reglos auf dem Tisch liegen.
    »Das will ich nicht«, sagte sie. »Ich will nicht, dass
Vinz tot ist.«
    Schafmann öffnete ein paar der Hängeschränke, bis er Gläser
fand, und füllte eines mit Leitungswasser. Als er es neben Frau Schimunek auf
den Tisch stellte, richtete sie sich mühsam auf. Sie griff danach und trank
gierig. Dann saß sie schweigend da, ihr Kopf pendelte langsam wie ohne Halt hin
und her.
    Sie ließen ihr alle Zeit.
    »Ist er abgestürzt?«, fragte sie endlich.
    Schwemmer zog eine Fotokopie aus der Innentasche. Er
strich das Blatt glatt und reichte es ihr.
    »Das hat der Vinz geschrieben, in sein Tagebuch. Dann
hat er es wieder herausgerissen.«
    Sie nahm das Blatt und starrte es an.
    »Stimmt das, was da steht?«, fragte Schwemmer.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Frau Schimunek.
    »Aber das müssen Sie doch …«, sagte Schwemmer, doch
Schafmann bedeutete ihm mit einer Geste zu schweigen.
    »Wenn Sie möchten, les ich es Ihnen vor«, sagte er.
    Frau Schimunek nickte nur, ohne ihn anzusehen.
    Schafmann nahm ihr sanft das Blatt aus der Hand und
las.
    »Ein letzter Versuch, mit Nanni zu reden. Sie hat nur
geschrien. Verräter und Judas hat sie mich schon oft genannt, aber diesmal hat
sie gesagt, ich sei gar nicht ihr Bruder! Ich sei NICHT Mirls Sohn! Der Vater hätte was mit der Inge
angefangen, kaum dass sie auf den Hof gekommen war, und ich sei dabei
rausgekommen.«
    Schafmann hielt inne. »Stimmt das?«
    Frau Schimunek zitterte am ganzen Leib. »Ja, das
stimmt«, stieß sie hervor. »Und nie hab ich es ihm sagen dürfen! Nie hab ich es
meinem Kind sagen dürfen! Meinem eigenen Kind! Und jetzt ist er tot!« Die
letzten Worte schrie sie in endloser Verzweiflung heraus.
    »Inge!« Die Tür flog auf, und eine massige
schwarzhaarige Gestalt stürmte herein. Ein Riese mit einem Kindergesicht, der
voller Sorge zu seiner Inge stürmte, ohne auch nur zu bemerken, dass er
Schafmann dabei schlicht vom Stuhl fegte.
    »Inge! Nicht weinen!« Er zog sie einfach von der Bank
hoch und wiegte sie in seinen Armen wie einen Teddy. »Nicht weinen!«
    »Nicht so fest, Fonsi, du tust mir weh«, sagte Frau
Schimunek sanft, und er setzte sie gehorsam wieder auf die Bank.
    »Haben die Männer dir wehgetan?«, fragte er und sah
die beiden auf eine Art an, die Schwemmer in erhöhte Verteidigungsbereitschaft
versetzte. Auch Schafmann kam betont langsam wieder auf die Füße.
    »Nein, Fonsi. Die Männer sind unsere Freunde«, sagte
Frau Schimunek mit einem tränenüberströmten Lächeln. »Sie tun uns nichts.«
    »Freunde! Schön!« Fonsi strahlte Schwemmer an und
ergriff seine Hand. Schwemmer hatte das Gefühl, in eine Hydraulikpresse geraten
zu sein.
    »Freunde sind schön«, wiederholte Fonsi. »Dann muss
ich nicht aufpassen. Papa hat gesagt, ich muss immer auf Inge aufpassen. Und
das tu ich auch. Und Inge passt auf mich auf. Das hat der Papa

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