Tod in Garmisch
im Umlauf waren. Magdalena neigte zu der ihres Vaters, wobei es dafür
keinen konkreten Grund gab außer dem, dass eben ihr Vater sie erzählt hatte.
In dieser Fassung
hatte Maiches Schwester Leni einen Antrag von Berni Schedlbauers Großonkel Max
mit so drastischen Worten abgelehnt, dass der beleidigte Max die körperliche
Auseinandersetzung mit Maiches älterem Bruder Edi gesucht hatte. Der Kampf war
dann derartig unentschieden ausgegangen, dass er bei jeder Gelegenheit zwischen
allen Mitgliedern der beiden Familien fortgesetzt wurde, auch nach dem Ableben
aller direkt Beteiligten. Maiche war damals erst vierzehn gewesen.
Magdalena hatte aber
auch schon die Version gehört, dass Edi Meixner dem Schedlbauer Max eine
kaputte Dreschmaschine verkauft und sich geweigert hatte, sie zurückzunehmen.
Magdalenas Vater
jedenfalls hatte es geschafft, die Fehde in eine Art Waffenstillstand zu
verwandeln, indem er den verblüfften Schedlbauers das Wegerecht für die Zufahrt
zu einer ihrer Skischulen zugestand – gegen den heftigen Widerstand seines
Vaters Maiche. Die Schedlbauers bekamen eine direkte Zufahrt zu ihrer neuen
Geldquelle, und im Gegenzug sagte Konrad Schedlbauer Magdalenas Vater zu, den
Streit zu begraben – gegen den Protest seiner Gattin Mirl Schedlbauer, die
Maiche Meixner in puncto Sturheit in nichts nachstand.
Das war jetzt neun
Jahre her, und die Friedensstifter von damals waren leider beide mittlerweile
verstorben.
Magdalena nahm noch
einen Schluck Kaffee. Die Schedlbauers waren aber auch ein wirklich
unangenehmer Haufen geblieben. Außer Vinzenz, dachte sie.
»De Schedlbauers san
aber a wirklich furchtbare Leut«, sagte Reserl und schnitt eine Scheibe von dem
gekümmelten Brot ab. »Außer dem junga, dem Vinz, vielleicht.«
»Ja. Aber wenn
Großvater in Zukunft jede furchtbare Person mit der Flinte bedroht, kriegen wir
eine Menge Spaß«, sagte Magdalena. Sie nahm die Brotscheibe, strich dick Butter
darauf und säbelte ein Stück vom Speck ab.
»Der wird aber a
immer noch sturer«, sagte Reserl. »Des hab i ma ned vorstelln kenna, dass des
geht. Und beinah jeden Tag in sein Wald. Sakra, der is fünfundachzge …
Wenigstens hat er den Hund dabei. Aber der Sento werd ja a ned jünger.«
Magdalena lachte
leise und biss in ihr Speckbrot. Natürlich war Großvater über die Jahre langsamer geworden und die Brille dicker, aber körperlich war er noch sehr gut
beieinander. Von seinem Wald würde er jedenfalls nicht lassen, solange sein alter
russischer Geländewagen ihn hintrug.
»I woaß a gar ned,
was der Berni da zum Sucha ghabt hätt«, sagte Reserl. Sie hatte das Geschirr
weggeräumt und nahm nun den Korb Kartoffeln heraus, um sie für das Mittagessen
vorzubereiten.
»Vielleicht will er noch eine Skischule aufmachen und sucht nach einer günstigen Zufahrt«, sagte
Magdalena. Sie schloss die Augen und nahm einen Schluck aus ihrem Becher.
»Da is der beim
Maiche aber grad an den Rechten gratn. Bis heut woaß i ned, wia dei Vater des
angstellt hat, dass der Oide den Schedlbauers des Wegrecht geben hat. Muass mi
ja a schon zsammreißn, wenn mia de Mirl untn im Ort übern Weg laft. I grüaß
immer artig, aber mei Freundin werd die nimmer. Und die Nanni, die Tochter …«
Reserl brach ab. Mit einem Kopfschütteln nahm sie die erste Kartoffel aus dem
Korb und begann, sie auf ihre ruhige, sorgfältige Art zu schälen.
Magdalena sagte
nichts. Nanni war wirklich eine grauenhafte Person. Snobistisch, arrogant und
dumm. Und geldgierig. Sie achtete sehr darauf, dass man im Ort genau über sie
informiert blieb. Seit einigen Monaten war ihre Verlobung mit Ludwig
Allensteiner das eingehend diskutierte Thema. Ludwig war der Sohn von Leopold
Allensteiner, dem Besitzer der Kunststofffabrik in Kaltenbrunn, und eigentlich
hatte jeder Mitleid mit dem armen Viggerl. Nicht nur, dass er mit seinen
neunundvierzig Jahren mehr als zwanzig Jahre älter war als seine Verlobte, er
litt auch an einer fast krankhaften Schüchternheit und würde seiner zukünftigen
Gattin wohl hilflos ausgeliefert sein. Niemand, der die beiden kannte,
zweifelte daran, dass sie ihn nur wegen seines Geldes nahm.
»Du hast ja
verzählt, der Vinz sei a ganz a Netter«, sagte Reserl. »Obwohl man sich des
kaum vorstelln kann. Wo sei Bruder, der Berni, so a Fieser ist. Den hams ja
sogar mal verhaftet.«
»Großvater auch«,
sagte Magdalena.
»Ach, was redst denn
da! Des is so lang her!«
Magdalena griff nach
der Thermoskanne und schenkte sich
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