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Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Ditfurth
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krächzender Gesang wehten übers Planufer.
    How does it feel
To be on your own
With no direction home
Like a complete unknown
Like a rolling stone?
    Eine Harley wummerte vorbei. Draußen liefen zwei Mädchen, Hand in Hand, die eine trug eine weiße Schleife im Haar. Ihre Schatten verschmolzen miteinander.
    »Landschaftspflege«, sagte Runde. »Das ist in Berlin so üblich.«
    Der Chef fuhr sich durch die Haare. »Was üblich ist bei Kolding, bestimmt der Vorstand, und in Berlin bin ich das. Ist Ihnen das entgangen?«
    Runde sackte ein paar Zentimeter in sich zusammen.
    »Hauen Sie ab!« sagte der Chef, leise und gefährlich. »Sie gehen jetzt ins Büro und schreiben einen Bericht, detailliert und ausführlich. Wenn Sie etwas auslassen, mache ich Sie fertig, dann werde ich dafür sorgen, dass Sie in unserer Branche nicht mal mehr Pförtner werden können. Sie können froh sein, wenn ich Sie nur entlasse und nicht auch noch auf Schadenersatz verklage.«
    Runde wurde noch kleiner.
    »Ja, gehen Sie«, sagte Dornröschen.
    Runde stieg aus und schlich davon. Auf der Admiralbrücke warf er einen wütenden Blick zurück zum Auto, stampfte einmal auf, was ein paar angetrunkene Jugendliche lachen ließ.
    »Und wenn der gegen Ihren Willen nicht nur Leute schmiert, sondern auch welche umbringen lässt?«, fragte Matti.
    Der Chef hob die Augenbrauen. »Das halte ich für unmöglich. Aber gut, dass ein leitender Mitarbeiter im Namen unserer Firma Leute vom Senat besticht, hätte ich bis vor ein paar Minuten auch für unmöglich gehalten. Doch Mord ist ein anderes Kaliber.«
    »Und wenn die Schlägertruppe Rosi aus Versehen umgebracht hat?«, fragte Twiggy. »Uns haben die auch ganz schön rangenommen.«
    Der Chef schaute Matti an und Twiggy und Dornröschen. Ihre Gesichter waren noch verdellt, und Twiggys Auge trug einen Trauerrand.
    Der Chef guckte mitleidig, dann zuckte er mit den Achseln. »Ich habe keine Ahnung.« Er schaute traurig und sagte: »Sie müssen es mir nicht glauben, aber nicht einmal dieser Runde würde eine … Schlägertruppe anheuern. Ich halte schon Bestechung für dumm, aber es ist eine gewaltfreie Strategie. Wie Sie wissen, haben auch sehr auf Anstand bedachte Großkonzerne wie Siemens zu diesem Mittel gegriffen. Manchmal bringt uns die Politik in große Schwierigkeiten, und wir brauchen Hilfe. Dann reden wir mit dem Bausenator oder einem Minister in Baden-Württemberg oder Sachsen. Wir laden schon mal einen zum Essen ein, wir schicken Karten für ein Länderspiel, ein Geschenk für den Sohnemann oder das Töchterchen. Gewiss, streng genommen ist das auch Korruption. Mich plagt das schon lang.«
    »Bevor Sie jetzt anfangen zu weinen: Wie fühlt man sich denn, wenn man Hunderte von Leuten aus ihrem Kiez vertreibt? Macht das Spaß? Ist das ein Sport, und die Immohaie haben ein Jahrestreffen, auf dem sie damit angeben, wie viele Mieter sie nach Marzahn oder Moabit verjagt haben?«
    »Wollen wir das nicht im Büro besprechen? Da kann ich Ihnen auch ein paar Unterlagen zeigen.«
    Die drei blickten sich an, Dornröschen nickte.
    Stahl, Glas, schwarz lackiertes Holz, schwarzes Leder, an der Wand des riesigen Büros ein Kandinsky, wie Matti erkannte, und ein ihm unbekanntes abstraktes Gemälde, ein Original natürlich. Der Schreibtisch stand mitten im Raum. Dazu ein Konferenztisch, an dem sieben Stühle standen. Auf den an der Schmalseite setzte sich gleich Dornröschen. Wie auf einen Geheimbefehl öffnete sich die Tür, und eine schicke junge Frau rollte einen Teewagen in den Raum. Darauf in Silberkannen Kaffee und Tee, belegte Brote, Matti sah Lachs, Schinken und Kaviar, eine Champagnerflasche im Kühler, Mineralwasser verschiedener Sorten, Zucker, Sahne, Servietten. Sie lächelte freundlich und verschwand lautlos, nur die Tür klickte.
    Der Chef setzte sich zwischen Twiggy und Dornröschen. Er räusperte sich. »Es gibt eine starke Nachfrage nach aufgewertetem Wohnraum. Und wir sind eine Firma, die diese Nachfrage befriedigt. Es ist der Markt. Und die Politik, allen voran der Regierende Bürgermeister, unterstützt diese Entwicklung, weil sie der Stadt mehr Steuern bringt.«
    »Und was wird aus den Mietern?«, fragte Matti.
    »Die Politik bestimmt den Rahmen, in dem wir uns bewegen. Wenn die Politik die Aufwertung nicht will, dann muss sie die verhindern. Und auf die Menschen mit höheren Einkommen verzichten. Höhere Gehälter bedeuten mehr Steuern, es handelt sich um produktive, kreative Menschen. Nicht

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