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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Geldsäcken über den Ku’damm. Und im nächsten Augenblick …«
    »… bin ich in der Prinz-Albrecht-Straße.«
    »Ein neues und radikales Regime muss sich schützen. Kraft durch Furcht.«
    »Und im nächsten Augenblick … sprechen Sie weiter.«
    »Denken Sie international. Deutschland ist nicht mehr nur Deutschland. Deutschland ist ganz Europa. Eine Weltmacht. Politisch und wirtschaftlich. Denken Sie nicht so beschränkt.«
    »Das ist meine Bauernmentalität. So sorge ich dafür, dass das, wofür ich mein Geld kriege, auch erledigt wird.«
    »Das ist gut, aber Sie sollten auch das größere Bild sehen. Himmler möchte die SS zu einer selbstständigen wirtschaftlichen Macht im neuen Deutschen Reich ausbauen. Denken Sie darüber nach.«
    Schließlich bog der Wagen in die Nürnberger Straße und hielt vor Felsens Haus. Er stieg aus, ging in den zweiten Stock und bemerkte, dass seine Wohnungstür repariert worden war. Er schloss auf und zündete sich eine Zigarette an, spähte durch die dunklen Vorhänge und stellte fest, dass der Wagen weg war. Er zog Hut und Mantel über und trat erneut in die Nacht.
    Der Weg bis zur Kurfürstenstraße war nicht weit. Er ging mitten auf der Straße, wo man besser vorankam. Die Temperaturen waren wieder deutlich gefallen. Keine Menschenseele war unterwegs.
    Felsen ging durch die schmale Gasse neben Evas Wohnhaus und öffnete das Tor zum Hinterhof. Die Hügel des aus dem Keller transportierten Schutts waren dick mit Schnee bedeckt. Die Hintertür war verschlossen. Er hämmerte mit der Faust dagegen und erklomm dann einen der Hügel, um zu sehen, ob aus irgendwelchen Fensterritzen Licht drang. Er brüllte Evas Namen, bis irgendwo ein Mann ein Fenster öffnete und rief, er solle sein Gelalle einstellen.
    Er ging zurück nach Hause, nahm ein heißes Bad und legte sich ins Bett. Es war halb drei. Er würde sie am Morgen anrufen, dachte er, als er zum ersten Mal einschlief. Viermal wachte er auf, jedes Mal mit einem Pochen und Rauschen im Kopf, als wäre er von einem Ziegelstein getroffen worden. Er hatte den Geruch von Scheiße in der Nase, und die letzten Bilder des Traumes hingen ihm nach: das Weiß des sich endlos ausdehnenden Exerzierplatzes. Danach musste er das Licht brennen lassen.

3
    26. Februar 1941,
    SS-Kaserne, Unter den Eichen, Berlin-Lichterfelde
     
    Felsen, der sich in seiner SS-Hauptsturmführer-Uniform sichtlich unbehaglich fühlte, saß in dem gebohnerten Flur vor Lehrers Büro. Ein Adjutant kam heraus und winkte ihn herein. Felsen salutierte, und Lehrer wies mit dem Kopf auf einen Stuhl mit hoher Lehne, der vor einem Schreibtisch mit schwarzer lederbezogener Arbeitsfläche stand. Felsen zog seine Zigaretten aus der Tasche, steckte sich eine in den Mund und musste sich daran erinnern lassen, dass er um Erlaubnis zu fragen hatte, wenn er vor einem höherrangigen Offizier rauchte.
    »Sie werden sich daran gewöhnen«, sagte Lehrer. »Mit der Zeit wird es Ihnen sogar gefallen.«
    »Ich wüsste nicht, wie.«
    »Die größte Last«, sagte Lehrer und bedachte ihn mit einem Blick, in dem seine volle Autorität lag, »die wahre Last, nämlich die der Verantwortung, liegt wie ein eisernes Joch auf meinen Schultern. Ihre Aktionen werden ein zusätzliches Gewicht darstellen. Sie hingegen genießen die Leichtigkeit eines Mannes, der unbelastet im Feld agiert.«
    »Ich befolge Befehle.«
    »Sie werden feststellen, dass Sie freiere Hand haben als die meisten anderen.«
    »Nachdem ich jetzt vollwertiges und zahlungspflichtiges Mitglied der SS bin …«
    »Es ist nur eine Mark Ihres Solds pro Monat, und alles fließt in die SS-Spargemeinschaft für zinslose Darlehen und …«
    »Die Mark pro Monat ist nicht mein Problem. Die Frage ist vielmehr: Wofür werde ich bezahlt? Darf ich das jetzt schon wissen?«
    »Ich wollte Sie nicht langweilen, Hauptsturmführer Felsen, ich wollte Ihnen lediglich ein praktisches Beispiel geben … für das, was ich gestern Abend im Wagen erwähnte.«
    »Die SS als wirtschaftliche Macht im neuen Deutschen Reich, das sich vom Nordkap bis zu den Pyrenäen und von Brest bis nach Lublin erstreckt.«
    »Vergessen Sie nicht Großbritannien und die Iberische Halbinsel, die Ukraine, die Staaten am Schwarzen Meer und so weiter und so weiter«, sagte Lehrer. »Wie gesagt, das große Ganze.«
    »Für den Augenblick würde mir auch schon eine kleine Skizze reichen. Mein Bauernverstand, Sie verstehen, Herr Gruppenführer.«
    »Sie wissen wahrscheinlich, dass die SS

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