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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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sind tot. Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich nicht darüber sprechen wollte.«
    Mikes Mitgefühl hielt sich in Grenzen. »Wie viel ist es wert?«
    »Nicht so viel wie der Rembrandt, aber auch mehrere Millionen. Vermeer hat insgesamt nur fünfunddreißig Bilder gemalt.«
    »Befand es sich noch in Varellis Studio, als Sie am nächsten Tag dorthin zurückkamen?«
    »Nein, ich habe es niemals wieder gesehen. Und er hat es auch nie wieder erwähnt. Wir setzten unsere Arbeit an den Bildern für die Tate Gallery fort, mit der wir vor Denise Caxtons Besuch begonnen hatten. Natürlich wollte ich am nächsten Vormittag wissen, was er und Denise Caxton gefunden hatten, nachdem er mich weggeschickt hatte. Aber er sagte kein Wort. Die Bücher, die ich mir angesehen hatte, waren noch vor dem Diebstahl im Gardner verfasst worden, also hatte ich keine Ahnung, dass der Vermeer gestohlen worden war. Ich dachte, dass das Museum das Bild vielleicht verkaufen wollte, und es leuchtete mir ein, dass die Caxtons zu den wenigen Sammlern gehörten, die die Mittel hätten, um es – natürlich auf ganz legalem Weg – zu erwerben. Es war auch nicht ungewöhnlich, dass Marco nichts sagte. Als wir schließlich Mittagspause machten, wollte ich ihn mit meinem Wissen beeindrucken. Ich wollte der perfekte Schüler sein und ihm die Fragen beantworten, die er mir am Tag zuvor gestellt hatte.«
    »Hat es funktioniert?«
    »Der Schuss ging total nach hinten los. Marco riss mir fast den Kopf ab. Ich sagte ihm, dass ich nicht nur zu wissen glaubte, aus welchem Jahrhundert und aus welcher Schule das Gemälde stammte, sondern sogar, wer der Künstler war und um welches Bild es sich handelte. Er war überrascht und stellte mich neugierig auf die Probe.« Cannon sah uns ziemlich verlegen an. »Als ich die Namen aussprach, wurde er wütend. ›Aber warum?‹ fragte ich ihn. ›Warum sind Sie so wütend?‹ ›Du hast diesen Vermeer niemals, niemals gesehen, mein Junge, verstehst du? Er ist nie in Marco Varellis Studio gewesen.‹ Dann schimpfte er wie ein Rohrspatz – dass ihm Denise eine Fälschung gebracht hätte, einen völlig misslungenen Versuch eines miserablen Kopisten, ein holländisches Interieur darzustellen, dass Denise eine blutige Anfängerin sei, die manchmal Glück hatte, aber sich in diesem Fall geirrt hatte. Ich musste ihm mehr oder weniger schwören, dass ihr Besuch nie stattgefunden hatte.«
    »Haben Sie jemals irgendwem davon erzählt?«
    »Natürlich meiner Freundin. Aber sonst niemandem. Ich bin sofort zurück in die Bibliothek und habe die Fachzeitschriften durchsucht. Da erst wurde mir klar, dass es sich um den gestohlenen Vermeer handeln musste und dass Varelli damit nichts zu tun haben wollte. Ich respektierte ihn dafür und dachte, die Sache wäre damit erledigt.«
    »Sie war es also nicht? Ist Deni zurückgekommen?«
    »Natürlich. Einige Male, nicht lang darauf, vermutlich, um sich wieder bei ihm einzuschmeicheln. Sie war charmant und kokett wie eh und je und brachte immer einen guten Tropfen und Geschenke mit. Marco war kein bisschen materialistisch, aber ihren ausgefallenen Mitbringseln – kleine Skulpturen, Gemälde, Kunstgegenstände – konnte er nicht widerstehen.«
    »Wurde der Vermeer jemals wieder erwähnt?«
    »Kein einziges Mal. Und Marco wollte mich auch wieder dabei haben, wenn sie da war und ihn bezirzte. Also war sie die nächsten Male nicht allein mit ihm. Dann« – Cannon rieb sich die Augen – »kam der nächste Sturm. Wenn ich nicht so ein Feigling wäre, dann hätte ich vielleicht damals etwas getan. Deni kam eines Tages sehr aufgeregt, sehr nervös ins Studio.«
    »Erinnern Sie sich, wann das war?«
    »Nicht auf Anhieb.«
    »Monate später, Don?«
    »Nein, nein, höchstens drei oder vier Wochen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie in der Zwischenzeit außer Landes gewesen war. Ich glaube, es war kurz nachdem sie und ihr Mann einen Riesenkrach hatten und sich getrennt hatten. Auf jeden Fall wusste ich sofort, dass irgendetwas los war.«
    »Warum?«
    »Sie war kaum zur Tür hereingekommen, da bat sie mich zu gehen. Sogar Marco war verdutzt, dass sie auf die übliche Flirterei verzichtete. ›Es macht Ihnen doch nichts aus? Ich muss etwas Privates mit Signor Varelli besprechen. Es ist schon Nachmittag, Marco – gib ihm für heute frei, ja?‹ Zum ersten Mal schien es ihm nicht zu passen, dass ich ging. Ich glaube, dass er ihr zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr richtig traute. Aber sie bestand

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