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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Schüler waren, als dass Sie nicht registriert hätten, was jeden Tag in dieser kleinen Dachstube vor sich ging. Wenn Sie ein besonderes Talent haben, Mr. Cannon, dann ist es doch Ihre Beobachtungsgabe, oder? Sagen Sie mir, was Sie dort gesehen oder gehört haben.« Während Mikes Stimme durch das kleine Zimmer dröhnte, sah Cannon mich an, als ob er mich bitten wollte, den zornigen Detective zur Ruhe zu bringen. »Sie steht auf meiner Seite, Junge. Wenn Cooper Sie nur eine Viertelstunde lang in die Mangel nimmt, dann werden Sie ganz schnell den Schwanz einziehen.« Chapman war vor lauter Brüllen schon ganz rot im Gesicht. »Drei Leute sind tot, und mein Partner liegt mit einem Loch in der Brust im Krankenhaus. Hören Sie endlich auf, mir meine Zeit zu stehlen!«
    »Brauche ich einen Anwalt?«, fragte Cannon leise zu mir gewandt.
    Ich wollte ihm antworten, aber Chapman kam mir zuvor: »Wenn Sie mir sagen, dass Sie jemanden umgebracht haben, dann werden wir einen Anwalt rufen. Aber das scheint mir nicht das Problem zu sein. Sagen Sie mir nur, was Ihnen durch den Kopf geht, und über alles andere machen wir uns später Sorgen.«
    »Nun, was, wenn ich etwas über ein Verbrechen weiß?«
    Mike schlug mit der flachen Hand erneut auf den Schreibtisch. »Was glauben Sie eigentlich, was ich seit einer Stunde von Ihnen hören will?«
    25
    Cannon wusste, dass Mike ihn nicht länger um den heißen Brei herumreden lassen würde. »Ich glaube, es waren zwei Sachen, die dazu führten, dass sich das Verhältnis zwischen Mrs. Caxton und Marco veränderte. Das erste Problem fing vor ungefähr einem Jahr an.«
    »Wann genau? ›Ungefähr‹ hilft mir nicht viel weiter.«
    »Ich kann Ihnen kein genaues Datum nennen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es vor ihren Eheproblemen war. Ich dachte mir nämlich noch, dass es seltsam sei, dass sie in so einer wichtigen Angelegenheit zu Marco kam. Er musste ihr versprechen, Lowell nichts davon zu sagen.«
    »Das ist ja schon mal ein Anfang. Coop, mach mir bitte eine Liste. Erstens – wir müssen das genaue Datum dieses Besuchs herausfinden. Was passierte an dem Tag?«
    »Denise war in bester Laune, als sie kam. Sie war total aufgedonnert und sah umwerfend aus. Es muss im Frühjahr oder Sommer gewesen sein, denn sie trug keinen Mantel. Sie begannen ihr übliches Spielchen, und Marco vergewisserte sich, dass ich alles mitbekam. Sie gab mir eine Flasche Wein – sie vergaß nicht zu erwähnen, dass es ein besonders edler Tropfen sei – und bat mich, sie zu öffnen. Als ich das getan hatte, lud Marco mich ein, mir auch ein Glas einzuschenken.«
    »Wussten Sie und Varelli, dass sie kommen würde?«
    »Ja, sie hatte am Tag zuvor angerufen und Marco etwas von einem Gemälde gesagt, das sie hätte, eine Überraschung. Sie fragte ihn, ob er es sich ansehen würde. Natürlich sagte er Ja.«
    Cannon atmete tief durch, bevor er weitersprach. Er rieb seine Handflächen aneinander und redete bedachtsam, so als ob er nicht sicher sei, ob er überhaupt etwas sagen sollte. »Nachdem sie ihm eine halbe Stunde lang schöngetan hatte, stand sie auf und griff nach der Tasche, die sie dabei hatte – eine dieser großen Segelleinentaschen. Sie holte etwas daraus hervor; anfangs konnte ich nur die Luftpolsterverpackung sehen, mehrere Lagen davon, bis schließlich ein Bild zum Vorschein kam. Dann ging sie zu einer der Staffeleien und stellte es darauf. ›Komm, Marcolino – komm spiel mit mir.‹ Mrs. Caxton nahm Marco bei der Hand und zog ihn vor das Bild.«
    »Wussten Sie, was es war?«
    »Absolut nicht. Es war dunkel, voller Schmutz und schwer zu erkennen.«
    »Hat Varelli irgendetwas gesagt?«
    »Auf der Stelle? Nein, das wäre sehr ungewöhnlich gewesen. Er sagte immer erst etwas, wenn er sich an die Arbeit gemacht hatte und sich sicher war, was er vor sich hatte.«
    »Was hat er also getan?«
    »Was er am besten konnte, Detective. Er stellte das Glas Wein ab, setzte sich seine Kopfmontur, so eine Art Fernglas mit einer kleinen Lampe auf der Stirn, auf und stellte sich vor die Staffelei, um sich jeden Zentimeter des Bildes genau anzusehen. Wollen Sie die Details hören?«
    »Jedes einzelne.«
    »Es war offensichtlich, dass das Bild nicht nur mit Ruß und Lack zugedeckt war, sondern dass das Original übermalt worden war. Das ist bei Ölgemälden nichts Außergewöhnliches, denn oft ändert der Künstler seine Meinung darüber, was er darstellen will. Aber in diesem Fall sah es so aus, als ob man mit der

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