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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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darauf und er schickte mich raus.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, was sie wollte? Hatte sie dieselbe Tasche bei sich?«
    »Nein, nicht die Segeltasche. Nur ihre Handtasche. Ich zog meinen Arbeitskittel aus, verabschiedete mich und machte die Tür hinter mir zu.«
    »Hat Varelli Ihnen jemals erzählt, worum es ging?«
    »Er musste es nicht, Detective.« Cannon schürzte die Lippen und sah zur Seite, bevor er weitersprach. »Ich bin wahrlich nicht stolz darauf, aber ich konnte einfach nicht anders. Anstatt zu gehen, lief ich die Treppe hinunter, dann zog ich meine Sandalen aus, schlich wieder nach oben und setzte mich auf den Treppenabsatz, um zu lauschen. Denise Caxton war in Höchstform und zog alle Register. Sie flehte Marco an, sich anzusehen, was sie mitgebracht hatte – sie bezirzte und umgarnte ihn mit den wenigen italienischen Phrasen, die sie kannte. Immer und immer wieder sagte sie etwas von ›meinen kleinen Prachtstücken.‹ Dann hörte ich, wie sie ihm sagte, dass er der einzige Mensch auf der ganzen Welt sei, der die Wahrheit wissen könne und dass es die Krönung seiner illustren Laufbahn und sein großes Vermächtnis sein würde, der Welt ein unschätzbares Gemälde zurückzugeben.«
    »Kleine Prachtstücke?«, fragte Chapman. »Konnten Sie sehen, worüber sie sich unterhielten?«
    »Ich habe sie nie gesehen, aber es ging ziemlich deutlich aus ihrer Unterhaltung hervor. Sie hatte einen kleinen Beutel bei sich, dessen Inhalt sie auf Marcos Werkbank legte. Splitter, ein Dutzend kleiner Farbsplitter.«
    »Von dem gestohlenen Rembrandt?«
    »Genau das wollte sie wissen.«
    »Ich bin mir Varellis Könnens bewusst«, sagte ich, »aber könnte ein Restaurator das wirklich feststellen?«
    »Ich nehme an, dass Sie beide wissen, dass die Diebe im Falle von Christus auf dem See Genezareth ungewöhnlich schlampig vorgegangen sind. Sie haben das Gemälde mit einem Messer aus dem Rahmen geschnitten und eine Hand voll Farbsplitter zurückgelassen. Das heißt aber wahrscheinlich auch, dass noch mehr Splitter von dem Gemälde fielen, so dass jeder, der es besessen hat, welche haben müsste. Letztendlich müsste ein wissenschaftliches Labor anhand des Alters der Splitter definitiv feststellen, ob sie authentisch sind. Das geschieht mithilfe von polarisiertem Licht und Elektronenmikroskopen, wie sie auch das FBI verwendet. Es sind zum Beispiel schon Betrugsfälle aufgedeckt worden, weil Spezialisten beweisen konnten, dass winzigste Kreiderückstände in einer Farbgrundierung zwanzig und nicht zweihundert Jahre alt waren. Das ist nun mal die Technik. Aber wenn man eine erste Einschätzung wollte, dann war man bei Marco an der richtigen Adresse. Was Labortechniker mit ihren Hilfsmitteln und Mikroskopen tun, das machte er mit seiner Nase und seinen Fingern und seinem unfehlbaren Auge. Deshalb war er ja ein Genie. Außerdem, Miss Cooper, konnte Denise Caxton ja schlecht zum FBI gehen und fragen, ob die Fragmente, die sie besaß, mit denen identisch waren, die bei dem Diebstahl im Gardner zurückgeblieben waren, oder?«
    »Hat Varelli sich die Splitter angesehen?«
    »Ich habe es nie herausgefunden. Als ich ging, weigerte er sich noch immer stur, auf Mrs. Caxtons Bitte einzugehen.«
    »Warum haben Sie nicht gewartet?«
    »Glauben Sie mir, ich wollte ja. Aber zwei der Arbeiter kamen mit einigen großen Bilderrahmen zurück, die Marco hatte vergolden lassen. Wir hatten sie schon früher am Nachmittag erwartet. Als es läutete, hatte ich Angst, dass Mr. Varelli die Tür öffnen und mich ertappen würde. Also bin ich gegangen. Am nächsten Tag war alles so wie immer. Und nach der Sache mit dem Vermeer traute ich mich nicht, ihn nach den Farbsplittern zu fragen. Ich glaube, ich habe zwei Monate lang den Namen Rembrandt nicht in den Mund genommen.«
    »Hat er denn nicht mehr über Deni gesprochen? Ist sie überhaupt wieder gekommen?«
    »Nicht mehr oft, soviel ich weiß. Aber jedes Mal, wenn sie kam, bestand er darauf, dass ich ihm assistierte oder ein Glas Wein mit ihnen trank. Er war viel zu taktvoll, als dass er über sie gesprochen hätte. Aber wenn sie ging, schüttelte er den Kopf und sagte, dass sie verrückt sei. ›Bella pazza‹ , meine schöne Verrückte. So hat er sie in letzter Zeit genannt.«
    »Und als sie umgebracht wurde – hat er da etwas über sie gesagt?«
    Don Cannon schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich war mit meiner Freundin beim Campen im Yosemite-Park. Nicht mal meine Familie konnte mich

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