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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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mich frei gemacht hatten. Dempsey hatte mich auch kommen sehen, und mein Dewar’s on the rocks stand schon auf dem Tresen.
    »Also dann.« Nur mit Mühe übertönte Trebeks Stimme den Lärm der Musikbox und das Geschnatter von über einhundert durstigen Gesetzeshütern. »Die Antwort lautet: Die Stadt, die während des Bürgerkriegs der Sitz des größten Gefängnisses der Konföderierten war.«
    Da musste ich passen. Ich schüttelte den Kopf und stützte ihn in meine rechte Hand, während ich mit der linken Hand mein Glas Scotch hielt. Chapman schrieb wie wild auf einer Cocktailserviette. »Das ist nicht fair. Das ist keine Frage über New York, sondern über Militärgeschichte«, stöhnte ich.
    Mike Chapmans Hauptfach am Fordham College war Geschichte gewesen, und sein Wissen, was Schlachten, Kanonenboote, Krieger und sogar die Namen der Hengste, auf denen sie ritten, anging, war schier unbegrenzt. Unsere alte Gewohnheit, auf das Jeopardy-Finale eine Wette abzuschließen – egal, ob wir uns gerade an einem Tatort, beim Essen oder in einer Cocktailrunde befanden –, hatte jeden von uns gelehrt, sich von den Kategorien fern zu halten, die die Stärken des anderen waren. Jetzt würde ich also vor meinen Kollegen von Chapman zerlegt werden – natürlich zu seinem großen Vergnügen.
    Während das Ticken der Stoppuhr und die Titelmelodie zu hören waren, ging ich in Gedanken einige Namen in Upstate New York durch. Aber alles, was mir einfiel, waren Gefängnisse, in die man Vergewaltiger eingeliefert hatte, die ich in den letzten zehn Jahren überführt hatte – Green Haven, Ossining, Clinton, Auburn und so weiter. Nichts, was den Bürgerkrieg heraufbeschwor. Mike lenkte mich noch mehr ab, indem er mit schmachtender Stimme eine irische Ballade anstimmte. Als er den Namen der Stadt in dem Lied durch den einer der schrecklichsten Gefängniseinrichtungen ersetzte und mir »How are things in Dannemora?« ins Ohr sang, versuchte ich, ihn wegzuschubsen.
    Trebek nahm die Karte auf, die auf dem Pult vor dem etwa siebzigjährigen Tapezierer aus Minnesota lag, sah, dass nichts darauf geschrieben stand und bemerkte, dass es schade sei, dass er nicht einmal geraten hatte.
    »Willst du’s nicht einfach versuchen, Cooper?«, fragte Mike.
    »Was ist Attica?«, sagte ich, während ich mit einem Finger die Eiswürfel umrührte.
    »Bzzz.« Mike imitierte den Strafpunktesummer, als genau in dem Moment auch die zweite Kandidatin mit ihrer Antwort danebenlag. »Was ist Elmira?«, sagte er so laut, dass es jeder auf unserer Seite der Bar hören konnte.
    Auch der Professor der Stanford University, der diese Woche bereits vier Mal gewonnen hatte, wusste die richtige Antwort und strahlte genauso stolz wie Chapman in die Runde, als Trebek ihm gratulierte und verkündete, dass er in fünf Tagen 38000 Dollar gewonnen hatte.
    »Die nächste Runde geht auf Cooper, Dempsey. Für mich und alle in der Dienststelle 50. Elmira, die Zierde des Chemung County. 1791 Vertrag von Painted Post zur Beendigung des Irokesenkrieges. Na ja, das brauchst du ja nicht wissen, Mädel. Aber dreitausend Südstaatensoldaten sind dort begraben. Während des Krieges wurde der Ort ›Hellmira‹ genannt, ›Höllmira‹, da die Zustände dort so furchtbar waren. Was für eine Frage hast du denn erwartet, Coop? Wo sind die Niagarafälle? Wer ist in Grants Grabmal bestattet? Du hast am Wellesley College zu viel Zeit mit den elisabethanischen Dichtern und dem ganzen Chaucer-Mist, den du so gut drauf hast, vergeudet.«
    »Ich muss zurück ins Büro, Mike. Willst du mir jetzt von der Obduktion berichten, bevor ich gehe, oder nicht?«
    »Das ist nicht dein Ernst. Wir haben einen Tisch im Hinterzimmer bekommen – wir essen alle zusammen zu Abend. Bleibst du nicht zum Essen?«
    »Ich nehme mir einen Salat mit hinauf ins Büro. Ehrlich gesagt werde ich das ganze Wochenende in der Bibliothek sein. Sag mir schon endlich, was am Nachmittag passiert ist.«
    Chapman und ich gingen von der Bar ins hintere Eck des Raumes und setzten uns an einen kleinen Tisch. »Noch immer keine Identifikation. Laut Dr. Fleisher ist sie so um die vierzig Jahre alt und bei bester Gesundheit – mit Ausnahme des Kraters in ihrem Hinterkopf. Keine Kinder – hat niemals entbunden. Er hatte auch Recht, was die Todesursache angeht – Gewalteinwirkung durch einen stumpfen Gegenstand. Sie war tot, lange bevor sie ins Wasser geworfen wurde.«
    »Weiß er, wodurch die Fleischwunde verursacht wurde?«, fragte

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