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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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die Schifffahrt ins Blaue, die Sie mir übergeben haben? Vier Mädchen aus Jersey feierten ihren High-School-Abschluss mit einer Wochenendkreuzfahrt. Sie gingen im Hafen von New York an Bord, dann segelte das Schiff drei Tage lang vor Long Island herum. Ich hatte keine Ahnung, dass irgendetwas Schwimmbares so viel Alkohol transportieren kann, ohne abzusaufen. Oder dass irgendein Landsäugetier so viel vertragen kann wie diese Kids.«
    »Ich erinnere mich nicht an die Tatumstände. Es tut mir Leid, aber ich bin in letzter Zeit so mit meinen Anhörungen beschäftigt.«
    »Die Mädchen fingen am Samstag zum Frühstück mit Mimosas an. Stacey, das Opfer – das Wort verwende ich hier im weitesten Sinn, Alex –, wurde seekrank und ging in ihre Kabine hinunter, wo sie sich zwei Stunden lang auskotzte. Am Nachmittag war sie wieder fit für einige Bloody Marys und ein paar Bier, danach Wein und Champagner zum Abendessen. Kann sich an nichts erinnern, was nach zehn Uhr passiert ist. Als das Schiff am Sonntagmorgen am Dock anlegte, war sie leicht überrascht, den Zauberer des Schiffes splitternackt neben sich im Bett zu finden. Sie schreit Vergewaltigung und verklagt übrigens auch das Ausflugsschiff.«
    »Das Traumschiff «, sagte Mike.
    »Nun, ihre Kabinengenossinnen sehen das auch so, aber sie besteht darauf, dass sie nie im Leben so etwas getan hätte, wenn sie nüchtern gewesen wäre. Wenn Sie mich fragen, ich bin mir nicht einmal sicher, ob das in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, da es mehr als drei Meilen außerhalb des Hafens passiert ist, aber ich weiß, dass Sie jeden sehen wollen, der eine Beschwerde einreicht.«
    Jahrzehnte-, ja, jahrhundertelang, als das Rechtssystem keine Anklagen wegen Vergewaltigung vorsah und sich nicht um die Überlebenden kümmerte, wussten Frauen nicht, wohin sie sich wenden sollten, damit ihnen Hilfe oder Gerechtigkeit zuteil würde. Eines unserer Ziele beim Aufbau einer Sonderabteilung war es, alle Frauen, die Fälle anzeigen wollten, anzuhören und ihnen die entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen – egal ob ihre Angelegenheit vor Gericht oder anderswohin gehörte.
    »Machen Sie mit ihr einen Termin für übernächsten Freitag aus und sagen Sie Laura, sie soll ihn in meinem Kalender eintragen. Geben Sie mir Ihre Vernehmungsnotizen vorher, damit ich weiß, wo die Ungereimtheiten sind, wenn wir uns mit Stacey unterhalten. Rufen Sie Laura auf alle Fälle nochmals am Donnerstag an, denn falls ich dann nach wie vor mit diesem neuen Mordfall beschäftigt bin, müssen wir den Termin um ein paar Tage verschieben. Und noch etwas, Ryan, was machen Sie in der Mittagspause?«
    Sein Gesicht hellte sich in Erwartung einer Einladung auf. »Gehen Sie mit Chapman über die Straße und geben Sie ihm was zu Essen. Lassen Sie’s auf meine Rechnung setzen. Ich muss arbeiten.«
    »Ich rufe Sie an, wenn wir mit Gertie fertig sind, Miss Cooper. Ich persönlich mache mir allerdings ein bisschen Sorgen um dich . Ich glaube, dein Vater hat Recht – den ganzen Tag solche Geschichten über Sex und Gewalt zu hören kann nicht gut für dich sein. Kommen Sie, Ryan.« Mike war schon fast draußen, als er sich noch einmal umdrehte: »Was ist nur aus der guten alten Romantik geworden? Glaubt denn heute niemand mehr an ein schönes Abendessen und einen Kinobesuch?«

5
    Alex Trebek verkündete der lärmenden Menge von Anklägern und Polizisten im »Trakt F«, dass das Thema des heutigen Jeopardy-Finales die Geschichte des Staates New York sei. »Trakt F« war der Spitzname der Bar im Forlini’s, da zu manchen Zeiten an einem Freitagnachmittag dort wahrscheinlich mehr Angestellte der Staatsanwaltschaft zu finden waren als in den Dutzenden von Gerichtsgebäudetrakten auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Ich konnte Chapmans dunklen Haarschopf unterhalb des Fernsehgeräts sehen, das am anderen Ende des Raums unter der Decke angebracht war. Er war umringt von sechs Jungs von der Dienststelle 50 der Prozessabteilung, die das Ende der Arbeitswoche feierten.
    »Raus mit der Kohle, Blondie!«, rief Mike mir entgegen, während ich mich durch die freundlich grüßenden Kollegen und Kolleginnen hindurchquetschte, die gerade ihre letzten Kreuzverhöre Revue passieren ließen und sich gegenseitig von ihren Siegen und Niederlagen erzählten. »Wie gut kennst du dich im Empire State aus?«
    »Ich setze meine üblichen zehn Dollar«, sagte ich und rutschte auf den Platz, den Ed Broderick und Kevin Guadagno für

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