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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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wissen nichts von mir. Erwarten Sie nicht zuviel. Und wahren Sie Ihre Geheimnisse.«
    »Ich habe keine Geheimnisse, nicht hier, nicht in diesem Zustand.«
    »Na, ist das nicht ein Glück für Sie?«
    Er war nun wütend, was sie ihm nicht übelnahm. Sie waren Kinder, die ein Spiel mit der Wahrheit spielten. Sie wechselte das Thema. »Die Polizei wird nach dem Wagen suchen.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, Rondavel meldet den Diebstahl sicher nicht. Nicht nach gestern abend. Er scheut die Publizität.«
    Sie erinnerte sich, daß er so etwas gesagt hatte, aber die Erinnerung war wie ein Traum. Ihr ganzer Aufenthalt in dem Haus war seltsam unwirklich. »Ein Wagen, der zwanzigtausend Pfund gekostet hat?«
    »Günstiger Preis.«
    Wieder blieben Dinge unausgesprochen, und wieder mußte sie ihn drängen. »Sie haben gesagt, ich bin nicht vergewaltigt worden. Was aber ist gestern nacht geschehen? Wovor hat Mr. Rondavel Angst?«
    »Er… er hat keine klare Erinnerung mehr. Wenn man high genug ist, verschwimmen die Konturen.«
    »Aber…«
    »Nicht weitersprechen, Katherine. Ich verspreche Ihnen, niemand hat Sie berührt. Also brauchen Sie nicht weiter zu fragen.«
    In diesen Worten lag eine andere, eine sanftere Zurückweisung, eine, die nicht weh tat. Sie sah zu, wie er die Überreste des Essens wieder in die Tischdecke wickelte. Irgendwie stimmte sein Interesse an ihr nicht. Sie gab ihm keine Macht, sie gab ihm keinen Sex, auch ihre Krankheit schien ihn nicht anzuregen. Es war fast, als erkläre sie ihm etwas, das er sein ganzes Leben hatte wissen wollen. Etwas, das seine Berechtigung in sich trug. Sie nahm sich zusammen, damit die Sentimentalität von vorhin nicht zurückkehrte. Da war ihre Nacktheit die akademische Nacktheit des Leichenschauhauses gewesen. Deshalb war es nicht darauf angekommen.
    »Fahren wir weiter?« rief er vom Wagen herüber. Sie ging um das Fahrzeug herum und stieg neben ihm ein.
    »Wohin denn?«
    »Das ist eine gute Frage.« Er wühlte in der Seitentasche der Tür. »Ah – hatte ich doch recht, daß uns Rondavel nicht enttäuschen würde.« Er brachte einen Stapel Landkarten zum Vorschein, wählte eine davon und breitete sie auf ihren Knien aus. Nach kurzem Suchen fand er ihren Aufenthaltsort, den Weg, die Brücke, die dünne, blaue Linie des Baches. »Hier gibt’s eine Kommune«, sagte er. »Hier auf dem alten Flughafen. Knapp dreißig Meilen.«
    »Ich will nicht in eine Kommune.«
    »Ich weiß, das haben Sie schon mal gesagt. Aber Sie brauchen ein Dach über dem Kopf und ein richtiges Bett.«
    »Wir haben doch den Wagen.«
    »Und wenn sich jemand um Sie kümmern muß?«
    »Bringen Sie mich bitte zum Meer.« Sie zeigte auf die Karte, auf die nahe Küste. Sie hatte ihn nur zum Schweigen bringen wollen, so wie sie in einem anderen Leben Tasmanien eingesetzt hatte, um Harry zum Schweigen zu bringen. Doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, erkannte sie, daß die See wirklich ihr Ziel war. Sie hätte ihn nicht wie Harry behandeln dürfen. Er war soviel mehr.
    Er faltete die Karte zusammen, steckte sie fort und ließ den Motor an. Als er gerade losfahren wollte, umklammerte sie seinen Arm. »Wie lange habe ich noch?« fragte sie fast unhörbar.
    »Was für eine Frage! Woher soll ich das wissen, zum Teufel?«
    Sie schämte sich. Die Frage war ein Aufschrei aus einer Tiefe gewesen, die sie überwunden geglaubt hatte. Und als sie zu zittern begann, ging sie – vermeintlich stumm – ihre private Litanei durch: Schüttelfrost, Lähmungen, Schweißausbrüche…
    »Ich fahre dann weiter, ja?« Sie hatte ihn völlig vergessen und ließ seinen Arm los. »Sagen Sie Bescheid, wenn ich anhalten soll.«
    Der Wagen setzte sich in Bewegung, fuhr über die kleine Brücke und den Weg entlang. Sie schloß die Augen, um die grellen Bäume und den Himmel verschwinden zu lassen. Dinge doppelt zu sehen war keine amüsante Neuheit mehr.
     
    Ich hatte eine schlimme halbe Stunde hinter mir. Warum mußte sie wegen des Geldes auf mir herumhacken? Natürlich hatte ich Geld – welcher erfahrene Mediamann würde sich ohne gutes Handgeld auf den Weg machen –, aber so zwang sie mich zu der alten Sie-kennen-mich-doch-gar- nicht-Masche. Vincent dachte bestimmt, ich sei verrückt geworden, und vielleicht stimmte das auch. Ich war hier, um ihre Geheimnisse bloßzulegen, nicht um sie zu begraben.
    Und dann ihre Fragen über die Party. Wollte sie wirklich wissen, daß sie laut gebrüllt und ihre Kleidung hochgerafft hatte, bis es

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