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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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war alt, wenn das den Vorfall besser oder schlimmer aussehen läßt –, begann zu stöhnen. Die Frau auf der anderen Seite war ganz ruhig. Zu meiner Rechtfertigung möchte ich anführen, daß ich weniger vor den Demonstranten Angst hatte als mich darüber entsetzte, was ich getan hatte.
    Rückblickend weiß ich heute, daß die Stille und dann das Stöhnen in der Stille nur in mir existiert haben konnten. Und immer noch existieren. Denn gewiß hatten doch die Leute, die vor mir auf der Straße saßen und die ich nicht überfuhr, sofort lautstark protestiert, oder? Aber es ist diese schlurfende Stille und dann das Stöhnen, das mir heute weitaus lebhafter in Erinnerung ist als der nun folgende Zorn. Sie zerrten wild am Wagen, an mir. Sie kreischten und hämmerten auf dem Fahrzeug herum. Es war blanke Dummheit, kein Todeswunsch, der mich davon abhielt, die Fenster zuzumachen oder das Verdeck zuklappen zu lassen. Ich gewann den Eindruck, einer der Männer, die nach mir grapschten, sei der Sohn der toten Frau.
    Nach der unendlich langen Stille, die niemals eintrat, schienen nur Sekundenbruchteile zu vergehen, bis mich die Polizei rettete. Ich vermochte kaum an Vincents Investition zu denken und an die Versicherung, die den Schaden abdeckte, und wie ich jemals wieder Tracey und Roddie II gegenübertreten sollte, wenn ich die Szene überlebte, da schlug die Polizei auch schon die Hände und die Schilder und die verzehrenden Gesichter zur Seite. Der erste Polizist, der mich erreichte, starrte mich so wild an wie die Leute, die er fortdrängte. »Schweinehund!« brüllte er. »Mörderischer Schweinehund!«
    Die Wagentür stand schon offen, und er zerrte mich ins Freie. Die Demonstranten wichen zurück und sahen zu, wie er mich trat. Ich rollte mich zusammen, schützte Geschlechtsteile, Magen und Augen. Wahrscheinlich lag ich nur wenige Zentimeter von der Frau entfernt, die ich getötet hatte. Aus irgendeinem Grund tat die Stiefelspitze des Beamten kaum weh. Dann trafen andere Polizisten ein und zerrten mich hoch. Im Lärm meines Brüllens und Fluchens schob einer sein freudig verzerrtes Gesicht heran. »Du kannst die Scheißvorschriften vergessen«, sagte er, »wenn du hier lebendig rauskommen willst.«
    Als sie mich fortschafften – mir den Arm auf den Rücken drehend und mich weiter tretend –, stöhnte der Mann unter meinem Wagen noch immer, das könnte ich beschwören – unbemerkt von seinen Rächern. Er stöhnt auch heute noch, wenn meine Nacht besonders düster ist.
    Die Polizei hatte ihren Mannschaftswagen in einer Seitenstraße abgestellt. Man warf mich hinein, schlug die Tür hinter mir zu. Vor mir befand sich ein grauer Stahlschreibtisch und dahinter eine Konsole mit Schaltern, vier Fernsehschirmen und einem pornographischen Kalender. Auf einem der Schirme sah ich meinen Wagen, nun auf der Seite liegend, der Kühlergrill eingetreten. Es war plötzlich sehr still, bis auf das leisegestellte Krächzen eines Walkie-Talkie-Geräts. Draußen hörte ich das herannahende Jaulen einer Krankenwagensirene. Man half mir auf die Beine.
    »Dürfte ich Ihre Papiere sehen? Führerschein, Versicherungsschein, Mobilitätserlaubnis, Strafkarte? Wir müssen sichergehen, daß es Sie wirklich gibt.«
    Der graugesichtige, sicher auch grau gestimmte Polizeiinspektor machte vermutlich einen Scherz. Ich reichte ihm meine Brieftasche, damit er sich bedienen konnte. Ich blutete aus einem halben Dutzend Wunden im Gesicht. Der Haß der Menge schien mich fast so schlimm getroffen zu haben wie ihre Fäuste. Der Inspektor blätterte meine Dokumente durch. »Ah ja… Sogar mit dem Bart hat Sie mein Sergeant erkannt. Ein großer Verehrer von Ihnen, glaube ich.«
    Wenn er etwas erwartet hatte, etwa ein professionelles Aufbegehren, wurde er enttäuscht. Ich stand auf und starrte ihn an, und Schweiß und Angst kühlten sich ab.
    »Aber, Sir, das können wir nun wirklich nicht gestatten, meinen Sie nicht auch?«
    Er hatte ein Anrecht auf seinen Spaß. »Darf ich mich setzen?« fragte ich.
    Er nickte dem Sergeanten zu, der das Kontrollbrett verließ, um den Tisch herumkam, mir einen Stuhl zurechtschob und ihn wie ein Kellner hielt, bis ich mich bequem gesetzt hatte.
    »Wir können doch nicht zulassen, daß ehrliche, gefeierte Bürger in ihren gesetzmäßigen Tätigkeiten behindert werden. Polizeihandbuch, Teil eins, Kapitel eins, Seite eins.«
    Er bückte sich und holte eine Flasche Wodka und zwei Gläser hinter seinem Tisch hervor.
    »Das Geschenk

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