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Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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anzuschaffen, wenn kein Geld für Stoff da ist (er im Wohnzimmer Wache haltend, sie im Schlafzimmer arbeitend)? Sich hin und wieder Sorgen zu machen, dass er vielleicht einen winzigen Schritt zu weit gehen könnte – und sie tötete?
    Im Alter zwischen fünfundzwanzig und dreiunddreißig verbrachte er insgesamt fünfundneunzig Tage außerhalb des Gefängnisses. Meist waren es schwere Körperverletzung und Drogendelikte, die er begangen hatte, aber sein Strafmaß wurde aufgrund seines Verhaltens im Gefängnis – Krawalle, Drogenkonsum, Geiselnahme, Körperverletzungen – immer wieder verlängert. Einmal hatte er seine Scheiße in der gesamten Zelle verschmiert: dirty protest nach Art der IRA.
    In all diesen Jahren hatte ihn Cynthia regelmäßig besucht, doch als sie dreiunddreißig wurde, wollte sie es mit einem Entzug versuchen. Oder war sie zu einer ganz normalen Frau geworden, mit einer ganz normal tickenden biologischen Uhr?
    »Es gibt einen anderen«, sagte sie Heath eines regnerischen Novembertages im Besucherraum des Gefängnisses von Saughton.
    »Jede Wette, dass du dich nicht traust, ihn zu heiraten«, knurrte Heath.
    Also heiratete sie ihn. Aber nicht, weil Heath ihr das nicht zugetraut hätte – in Wahrheit war es eine Warnung gewesen, die er ausgesprochen hatte –, sondern weil sie dachte, dass Will die Antwort auf ihre Probleme sein könnte. Er schaffte es vielleicht, sie vom Heroin und – was weit wichtiger war – von Heath abzubringen.
    Ihre Angst war so groß, dass sie Heath noch mehr besuchte.
    Zunächst fand Cynthia es ziemlich angenehm, sich verhätscheln zu lassen. Aber Will Marion war ein Langweiler, und Nüchternheit war etwas, was überbewertet wurde. Sie war froh, als Heath eines Tages auf ihrer Türschwelle stand und sagte: »Wenn das nicht Mrs Marion ist!« Mit Heath als heimlichem Liebhaber käme sie vielleicht mit dem Trott des Vorstadtlebens klar. So dachte sie. Vielleicht schaffte sie es sogar, ihren Kindern eine gute Mutter zu sein.
    Als Cynthia in Dahab im Zelt lag und Peter neben ihr schnarchte, beglückwünschte sie sich wieder einmal dazu, Will verlassen zu haben. Es war die richtige Entscheidung gewesen; sie war für so ein Leben einfach nicht geschaffen. Für Will und die Mädchen wäre sie nur eine Last gewesen. Sie nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette und drehte sich auf den Rücken, um an Heath zu denken. Die Jahre nachdem sie Will verlassen hatte, verschwammen in einem gewaltigen Drogennebel – in wie vielen Wohnungen hatte sie mit Heath gelebt? Mit wem hatten sie gegessen? Sie konnte sich an nichts erinnern. Aber es hatte Spaß gemacht, oder? Manchmal war es auch beängstigend gewesen, zum Beispiel als Heath ein Auto geklaut hatte, um sie von einem Klub aus nach Hause zu bringen. Als sie sich einer roten Ampel näherten, hatte er die Augen geschlossen. »Wenn wir füreinander bestimmt sind, wird der Kosmos uns beschützen«, hatte er gesagt. »Zehn Sekunden? Fünfzehn?« Er hatte Cynthias Schreie ignoriert und ihre Hand mit seinem Ellbogen vom Steuer gestoßen. »Wenn Gott uns liebt, überleben wir. Wenn nicht, will ich nicht weiterleben. Eins, zwei, drei.« Es stellte sich heraus, dass Gott Heath und Cynthia weit mehr liebte als Miriam aus Jedburgh und den Begleiter vom Eskortservice, den sie gerade gemietet hatte. Dann war da mal ein Freier, der etwas machte, was ihr nicht gefiel, und als sie schrie und protestierte, war Heath ins Schlafzimmer gekommen und hatte den Kopf des Mannes gegen die Fensterscheibe geschlagen, bis der sich nicht mehr rührte. Aber zum Spaßhaben gehört Angsthaben schließlich dazu. Richtig?
    Als er zweiundvierzig war, bekam er lebenslänglich, was mindestens zehn Jahre Knast in Manchester bedeutete. Cynthia wartete und wartete. Sie versuchte es mit einer Entziehungskur. Sie versuchte es mit Singen, mal wieder. Sie versuchte, im Supermarkt an der Ecke neue Freunde zu finden. Sie versuchte, die Tage bis zu seiner Entlassung irgendwie durchzustehen. Aber die Ablehnung seines letzten Bewährungsantrages war zu viel für sie gewesen. Sie entschloss sich, mit seiner Abwesenheit auf die gleiche Weise umzugehen, wie sie damals, 1991, in Glasgow mit ihren schwindenden Koksvorräten umgegangen war: Sie akzeptierte die Tatsachen. Sie brach zu neuen Ufern auf. Sie zog sich zurück. Sie legte einen spektakulären Abgang hin, indem sie die verbliebenen Vorräte ihrer drogendealenden Mitbewohner in Finsbury klaute, den Stoff vertickte und in ein

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