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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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wichtiger ist, dass
die Richtung stimmt. Unsere Road Map . Zu wissen,
wohin die Reise gehen soll.«
    »Sie meinen, dass Leistung sich wieder lohnen soll?«
    »In etwa«, nickte er eifrig. »Sie sind auf der richtigen Fährte.
Aber ich spreche von radikalen Umbauten in unserem Wertesystem.«
    »Leistung im Sinne von: Morde sollen sich lohnen, weil man damit
ohne Weiteres durchkommt?«
    Die Begeisterung, die Hillgrubers Hamstergesicht zum Leuchten
gebracht hatte, verlosch wie eine Nachttischlampe, die ausgeknipst wird. »Jetzt
fangen Sie schon wieder damit an.«
    »Genau das«, sagte ich, erhob mich und wandte mich zum Gehen. »Es
war ja der Grund meines Besuchs, Herr Hillgruber. Danke für Ihr windiges
Angebot, aber ich sagte klar und deutlich: nur so lange, bis sich etwas
Besseres bietet.«
    »Sie wissen gar nicht, was Sie da ausschlagen.«
    »Doch, weiß ich.«
    »Es mag Ihrer spießigen Weltsicht noch so sehr gegen den Strich
gehen«, rief er mir hinterher. »Aber unter gewissen Umständen bedarf es kühner,
wenn auch unangenehmer Schritte, um etwas Neues in Gang zu setzen.«
    »Also geben Sie zu, dass Sie die Morde begangen haben?«
    »Es ist doch gar nicht die Frage, ob ich etwas zugebe«, bügelte er
meine Frage platt, »sondern wofür wir stehen. Nämlich für den Mittelstand.«
    Ich zog meine Jacke über, während er weiter auf mich einredete.
    »Er ist nichts Geringeres als der Durchschnitt unserer Gesellschaft.
Was und wo – sagen Sie mir das doch bitte – wären wir ohne diesen Durchschnitt?
Ohne diejenigen, die das Wagnis auf sich genommen haben, sich anzupassen. Da
sind die Tugenden, die wir viel zu schnell in ein schlechtes Licht rücken,
Frings, und die Liste ist länger, als Sie denken. Durchschnittlichkeit soll
sich wieder lohnen. Angepasstheit natürlich auch. Absahnen, das hat so einen
negativen Beigeschmack. Aber auch Absahnen muss sich wieder lohnen. Und wenn
wir schon dabei sind, dann sollte sich auch Hinterhältigkeit –«
    Die Tür fiel hinter mir ins Schloss. Es war ein schöner
Frühlingstag. Der neue Hausangestellte mähte den Rasen, und ich winkte ihm zum
Abschied zu.

32
    Bevor ich bei Gorbitsch aufkreuzte, fuhr ich zur JVA und stattete Conny Löwenich einen Besuch ab, der
schon lange fällig war. Wie sich herausstellte, hatte er sich in der Haft ganz
gut eingelebt. Inzwischen leitete er eine Theater- AG und probte für die nächste Weihnachtsfeier mit sich selbst als Scrooge. »Das
ist noch ein bisschen früh, aber so haben wir auf jeden Fall genug Zeit.«
    Er schien mir nicht mehr böse zu sein. »Nett«, meinte er, »dass du
dich mal sehen lässt.«
    »Das war doch klar«, sagte ich, bedankte mich für die Absolution und
beteuerte noch einmal, dass ich mit seiner Festnahme nichts zu tun hatte.
    »Hab ich mir schon gedacht.«
    Ich überreichte ihm einen Christstollen. »Der war eigentlich damals
als Weihnachtsgeschenk gedacht«, sagte ich. »Aber laut Verfallsdatum hält er
bis Ende nächsten Jahres.«
    Löwenich fing an, den Kuchen auszupacken, aber ich hielt ihn zurück.
»Der ist für dich allein. Und wenn du zufällig auf eine Feile stoßen solltest,
weißt du, was zu tun ist.«
    »He«, meinte er. »Ich war überzeugt davon, Noteboom hätte es
verdient. Deshalb hab ich ihm auch noch diese grässlichen Töttchen gekocht.
Obwohl ich Vegetarier bin.«
    »Das war bestimmt nicht leicht.«
    »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Der Mann ist tot, und
ich habe ihn auf dem Gewissen. Erst bin ich ihm als Geist erschienen und jetzt
erscheint er mir als Geist.«
    »Im Ernst?«
    »Das war eigentlich nur ein Bild«, erklärte er.
    »Tut mir leid für dich«, sagte ich.
    »Die anderen habe ich aber nicht umgebracht. Und Schubert habe ich
am Leben gelassen.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »War ein starker Auftritt. Mit dem Reizgas
hast du’s ihm richtig gegeben. Er hat zwar den Verstand verloren, aber das war
kein großer Verlust.«
    »Tut mir leid, dass du wegen mir dein Fahrrad geschrottet hast.«
    »Braucht dir nicht leidzutun. Das war nicht meins.«
    »Weißt du noch, damals?«, grinste er. »Die hatten dir das Fahrrad
geklaut, und ich habe es wieder besorgt.«
    Weiß der Himmel, an wen er sich da erinnerte. »Klar, weiß ich noch«,
sagte ich. »Ich werde sehen, was ich für dich tun kann. Der alten Zeiten
wegen.«
    »Danke für den Stollen«, sagte er.
    Es traf sich gut, dass ich einen Expartner hatte, der sich in
Tricksereien und krummen Sachen bestens auskannte. Wenn Hillgruber

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