Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
Handfläche, nahm den Ehering am Finger
wahr. »Nehmen Sie Platz.«
»Das ist Inspector O’Grady vom Morddezernat«, sagte sie.
Er blickte verwirrt zu Nougat. »Was macht er hier?«
»Es ist jetzt mein Fall. War es eigentlich immer.«
Sie setzten sich an den Tisch. Die Bedienung erschien mit Speisekarten.
»Wir wollen nichts«, sagte Miller, »wir bleiben nicht lange.«
»Doch, doch, ich nehme was«, sagte O’Grady und ließ sich die Speisekarte geben. »In der Zwischenzeit können Sie mir schon
mal eine Diet Coke bringen. Eine große.«
»Ist Miller Ihr richtiger Name?«, fragte Hope, als die Bedienung wieder fort war.
»Nein.«
»Sind Sie Venter? Oder Vergottini?«
»Ich habe Frau und Kinder.«
»Hier steht, es gibt hier ein italienisches Vorspeisenbuffet«, kam es von O’Grady hinter der Speisekarte.
»Wollen Sie mein Foto auch veröffentlichen?«
»Nicht, wenn Sie mit uns zusammenarbeiten.«
Er war sichtlich erleichtert. »Ich erzähle Ihnen alles, was ich weiß, aber dann lassen Sie mich in Ruhe?« Flehend, hoffnungsvoll.
»Das hängt von Ihrer Unschuld ab, Sir.«
|499| »Keiner ist in dieser Sache unschuldig.«
»Erzählen Sie uns davon.«
Er sah sie an, sah zur Tür, durch den Raum, seine Augen kamen nie zur Ruhe. Sie sah im Licht des Restaurants den glänzenden
Schweiß, die silbernen Tröpfchen auf seiner Stirn.
»Zügeln Sie sich noch kurz«, sagte Nougat O’Grady. »Ich will mir nur kurz mal das Buffet ansehen, bevor Sie loslegen.« Er
wuchtete sich hoch.
Die Kugel des Heckenschützen, die Miller gegolten hatte, brach durch das Fenster des Restaurants und pflügte sich zwischen
der vierten und fünften Rippe durch den Körper des fetten Polizisten, streifte den rechten Lungenflügel, ging durch die obere
rechte Herzkammer, trat durch das Brustbein aus und grub sich in den Holzbalken über der Theke in der Mitte des Restaurants.
Ein Schuss war nicht zu hören, nur das splitternde Fenster und O’Grady, der durch die Wucht des Geschosses über den Tisch
geworfen wurde, der unter seinem beträchtlichen Gewicht zerbrach. Er fiel auf den Boden, lag dort inmitten von zerborstenem
Holz und seinem Blut, und bekam von all dem nichts mehr mit.
Miller reagierte als Erster. Er sprang auf und rannte, als die ersten Gäste zu kreischen begannen, nach hinten in die Küche.
Hope saß benommen und wie gelähmt auf ihrem Stuhl, der zerbrochene Tisch hatte sie am Knie verletzt, O’Grady war halb über
sie gefallen. Sie betrachtete das Gesicht des Polizisten, seinen starren Blick.
»O Gott«, sagte sie leise, sah verwirrt zu ihm, zum fliehenden Miller, hörte draußen quietschende Reifen, erhob sich, sah |500| einen weißen Lieferwagen die Kloof Street hinabfahren, ihre Beine zitterten. Sie griff nach ihrer Handtasche, sie musste Miller
aufhalten, die Restaurantangestellten waren wie hypnotisiert, starrten entgeistert vor sich hin, Miller war verschwunden.
Sie rannte ihm nach, griff in die Handtasche, tastete nach der SW99, stolperte, ihre Beine gaben kurz nach, dann rannte sie
weiter.
»Wir würden gern wissen, wer der Mieter des Apartment 612 im Rhodes House ist«, sagte van Heerden zu Maria Nzululuwazi von
den Southern Estate Agents.
»Sie sind von der Polizei«, sagte sie wissend.
»Es geht um einen Mordfall«, sagte Tiny Mpayipheli.
»Huu«, erwiderte Maria, betrachtete Tiny von oben bis unten und erschauderte. »Hätte nichts dagegen, von Ihnen gejagt zu werden.«
»Ich kann Sie jederzeit verhaften.«
»Wofür?«
»Wegen Überschreiten der Schönheitsgrenze.«
»Rhodes House«, erinnerte sie van Heerden.
»612«, sagte Tiny.
»Charmeur«, sagte Maria und hämmerte auf die Tastatur ihres Computers ein. »612 ist nicht zu vermieten.«
»Wir wollen auch nur wissen, wer der Mieter ist.«
»Es ist nicht vermietet, es ist eine Eigentumswohnung.«
»Wer ist der Besitzer?«
Wieder gab sie etwas ein, sah zum Bildschirm. »Orion Solutions.«
»Haben Sie die Adresse?«
»Ja, ja, die hab ich«, sagte sie und sah zu Tiny.
|501| »Können wir sie heute noch bekommen?«, fragte van Heerden.
»Mit Frauen kann er aber wirklich«, sagte Tiny.
»Hab ich schon bemerkt. Solan Street in Gardens. 78 Solan. Wollen Sie auch die Telefonnummer?«
»Ja, ja, die will ich.«
Miller rannte die Nebenstraße hinunter, Hope Beneke sah ihn durch die Regenschauer. »Miller«, schrie sie hinterher, ihre Stimme
klang hysterisch.
»Ich werde die Fotos veröffentlichen,
Weitere Kostenlose Bücher