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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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der Schulter eine Tür aufzubrechen und mit gezogener Pistole
     hineinzustürmen. Und es jetzt das erste Mal zu versuchen jagt mir mehr Angst ein, als Sie sich vorstellen können.«
    Die Stimme von drinnen: »Wir zählen bis zehn.«
    |487| »Ein weißer Schisser, das hat mir gerade noch gefehlt.«
    »Dann gehen wir rein?«
    »Ja«, sagte Tiny. »Sie zuerst!«
    »Beschissener feiger Xhosa«, sagte Zatopek van Heerden, erhob sich aus seiner kauernden Haltung und brach dann mit der Schulter
     voran durch die Tür.

|488| 52
    Das erste Mal benutzte er ein rotes Band, weil es zufällig zur Hand war, im Haar der Prostituierten: Er las sie in Sea Point
     auf und fuhr mit ihr in seinem VW Kombi zum Signal Hill hinauf, wo er sie, nach vollzogenem Oralverkehr, erdrosselte. Er legte
     ihre Leiche, Arme und Beine gespreizt, mitten auf der Straße ab, was zu seiner »Signatur« wurde, womit er zum Ausdruck bringen
     wollte, dass sie ihm nichts bedeutete, dass er sie und ihresgleichen verabscheute. Und als die Medien sich auf das rote Band
     stürzten, kaufte er sich davon eine Rolle im Hymie Sachs in Goodwood und erdrosselte oder verzierte damit die nächsten sechzehn
     seiner Opfer. Die Gewohnheit, die Opfer mit dem roten Band zu erdrosseln, gab er mit dem dreizehnten auf; von nun an nahm
     er dazu seine Hände zu Hilfe, das rote Band aber war noch immer um den Hals der mit ausgebreiteten Gliedmaßen abgelegten Opfer
     gebunden. Seine spöttische Botschaft an Nagel und mich. Sein Zeichen der Überlegenheit. Ausdruck seines Vergnügens, im Rampenlicht
     der Medien zu stehen.
    Nach dem dritten Mord, als er in den Zeitungen als der Rotbandmörder bezeichnet wurde, schickte er einen Brief an die
Cape Times
. »ICH BIN KEIN MÖRDER. ICH BIN EIN HENCKER«, hatte er, in Blockschrift und orthografisch falsch, geschrieben. Und so wurde
     er in der Öffentlichkeit |489| zum Henker, zu dem Verbrecher, den ich in meiner Laufbahn mehr hasste als jeden anderen. Denn er sorgte dafür, dass Nagel
     am Kap fest- und ich von Nonnie fern gehalten wurde.
    Die Jagd wurde zu einer enormen Belastungsprobe für die Beziehung zwischen Nagel und mir. Der von den Medien geschürte öffentliche
     Druck war gegen Ende hin, als Nagel so unerwartet seine Warnung hinsichtlich seiner Frau ausgesprochen hatte, nahezu unerträglich.
    In allen vorhergehenden Fällen, in denen wir gemeinsam ermittelt hatten, war zwischen uns zwar ein gewisser Konkurrenzdruck
     vorhanden gewesen, aber unser Umgang war immer freundlich geblieben, wir hatten uns auf der sicheren Seite der durch gegenseitigen
     Respekt gezogenen Grenze aufgehalten. Nun aber schien es, als benutzte Nagel den Rotbandmörder als eine Art Messlatte, um
     herauszufinden, wer Nonnie verdient hatte. Wie Schafböcke, die mit den Köpfen voran aufeinander losgehen, wenn sie ihre genetische
     Überlegenheit unter Beweis stellen und ermitteln wollen, wer das Schaf decken darf, griff er mich auf meinem Spezialgebiet
     der Serienmörder an und stellte jeden Beitrag von mir in Frage oder wies ihn kurzerhand zurück — jedes Profil, jede Aussage,
     jedes denkbare Urteil, jede Prognose und Jagdmethode.
    Bereits beim ersten Opfer hatte ich vorhergesehen, dass er wahrscheinlich wieder zuschlagen würde: Alle Anzeichen deuteten
     darauf hin.
    »Quatsch«, hatte Nagel nur geantwortet.
    Als jedoch der zweite Mord geschehen war, war er es, der seine »Theorie« der Presse mitteilte: »Wir haben es hier mit |490| einem Serienmörder zu tun, bereits nach dem ersten Mord hatte ich keinen Zweifel daran.«
    Als die Zahl der Opfer zunahm, die Hysterie der Medien wuchs, der Druck seitens der Vorgesetzten und von ganz oben stärker
     wurde, begann die Freundschaft und professionelle Partnerschaft zwischen Nagel und mir zu bröckeln. Seine Kritik, seine Bemerkungen
     wurden persönlicher, geringschätziger, schneidend.
    Der einzige, große Unterschied zwischen uns beiden war die Tatsache, dass ich mich nie an die Brutalität und Gewalt gewöhnen
     konnte, mit denen wir am Tatort konfrontiert wurden; dass ich mich häufig übergab oder mit blassem Gesicht und zitternden
     Händen versuchte, den Brechreiz zu unterdrücken – mein Entsetzen und meine Erschütterung weckten nicht mehr sein Mitgefühl,
     sondern seinen Zorn. Bewusst betonte er seine Eiseskälte, die Distanz, die er sich seit Jahren aufgebaut hatte. Aber jetzt
     ging er zur Sache. »Im Herzen bist du kein Polizist«, sagte er so ablehnend, dass es mir kalt durch den

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