Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
Bett hängenden Tropf. Er roch schwach ihr Parfüm, sah die Rundung ihrer Brüste
     unter der weißen Uniform, und dann war er da, wach, sein Brustkorb schmerzte, schwer war sein Körper.
    »Hallo«, sagte die Schwester.
    Mühsam brachte er einen Laut heraus.
    »Willkommen in der Welt. Ihre Mutter ist gerade beim Frühstück. Sie wird sofort wieder hier sein.«
    Er sah sie nur an, die hübschen Linien ihrer Hände, die zarten blonden Haare auf ihren geschmeidigen Armen. Er lebte, er sah
     ins Sonnenlicht, das durch das Fenster schien.
    »Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht«, sagte die Schwester. »Aber jetzt werden Sie wieder gesund.«
    Wieder gesund
.
    »Haben Sie Schmerzen?«
    Er nickte schwach, sein Kopf war schwer.
    »Ich werde Ihnen was dagegen geben«, sagte sie, und er schloss die Augen, und als er sie wieder aufschlug, war seine Mutter
     da.
    »Mein Kind«, sagte sie. Er sah die Tränen in ihren Augen. »Ruh dich aus, alles ist in Ordnung, du musst dich nur ausruhen«,
     und dann schlief er wieder ein.
     
    Wilna van As stand neben seiner Mutter. »Ich wollte Ihnen nur danken. Der Arzt erlaubt mir nur zehn Minuten, ich wollte mich
     nur von ganzem Herzen bei Ihnen bedanken.« Er sah, wie verunsichert und nervös sie war. Er versuchte |530| sie anzulächeln, hoffte, sein Gesicht spielte mit, und dann wiederholte sie »Danke«, drehte sich um, tat einen Schritt, drehte
     sich zurück, kam zum Bett, küsste ihn auf die Wange und verließ schnell das Zimmer; ihm traten Tränen in die Augen.
    »Ich hab dir das gekauft«, sagte seine Mutter leise. Sie hielt einen tragbaren CD-Player in Händen. »Ich weiß, du brauchst
     ihn.«
    »Danke, Ma.«
    Er musste aufhören zu weinen, zum Teufel, was sollte das mit dem Weinen?
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte seine Mutter, »es macht nichts.«
    Er wollte die Hand heben, die Tränen wegwischen, aber sie war irgendwo unter den Decken und den Infusionskanülen festgeschnallt.
    »Und die CDs.« Sie hielt einige in der Hand. »Ich hab mir einfach welche aus deinem Schrank genommen. Ich wusste nicht, was
     du hören möchtest.«
    »Agnus Dei«, sagte er.
    Sie sah die CDs durch, fand die richtige, legte sie ein, steckte ihm die kleinen Kopfhörer in die Ohren, drückte die »Play«-Taste.
     Die Musik erfüllte seinen Kopf, seine Seele. Er sah zu seiner Mutter. »Danke«, sagte er stimmlos, sah, wie sie tonlos »war
     mir eine Freude« erwiderte, und dann küsste sie ihn auf die Stirn, setzte sich und starrte zum Fenster hinaus, während er
     die Augen schloss und die Musik verschlang, jede einzelne Note, jede einzelne gesegnete Note.
     
    |531| Am Spätnachmittag erwachte er wieder.
    »Es ist jemand für dich da«, sagte seine Mutter.
    Er nickte. Sie ging zur Tür, sprach dort mit jemandem, kam dann zurück, gefolgt von Tiny Mpayipheli. Der Verband um seinen
     Kopf bedeckte vollständig ein Ohr, er bewegte sich etwas steif in seinem Krankenhauspyjama und Morgenmantel. Erleichterung
     überkam ihn, dass der große Mann noch am Leben war, doch der Verband um seinen Kopf, der aussah wie ein verrutschter Turban,
     als führte er hier eine Parodie auf einen Araber auf, weckte in ihm das Bedürfnis zu lachen. Etwas an Tiny — der sich offensichtlich
     bewusst war, wie absurd er aussah, was ihn verunsicherte — verstärkte noch das Komische an der Situation, und das Lachen sprudelte
     aus ihm heraus. Er schüttelte sich, stechende Schmerzen in seinen Wunden, aber er konnte nicht anders, das Lachen quoll einfach
     aus seinem Mund. Mpayipheli stand nur da, grinste dämlich, und dann lachte auch er und hielt sich die schmerzenden Rippen.
     Sie sahen sich an, die beiden jämmerlichen Verletzten, und Joan van Heerden an der Tür musste ebenfalls lachen.
    »Sie sehen selbst nicht so toll aus«, sagte Tiny.
    Das Lachen verstummte. »Ich träumte, Sie wären tot.«
    Der Schwarze ließ sich auf einem Stuhl neben dem Bett nieder, bedächtig, wie ein alter Mann. »Ich stand kurz davor.«
    »Was ist gestern geschehen?«
    »Gestern?«
    »Ja.«
    »Gestern haben Sie geschlafen, wie auch an den sechs Tagen zuvor. Und ich hab im Bett gelegen und mich bedauert und den Krankenschwestern
     vorgejammert, wie schlecht es in |532| diesem Krankenhaus um die Quotenregelung bestellt sei, weil es hier doch nur dünne weiße Krankenschwestern gibt, denen man
     nicht in den flachen Hintern kneifen kann.«
    »Sechs Tage?«
    »Heute ist Donnerstag. Sie sind seit einer Woche hier.«
    Erstaunen.
    »Was ist

Weitere Kostenlose Bücher