Todesacker
aussah, als sei sie in eine verschrumpelte gelbe Plastikfolie eingeschweißt worden. Auch der Daumen war merkwürdig deformiert, als sei er gebrochen gewesen und nie wieder richtig zusammengewachsen. Das durchtrennte Handgelenk war ausgefranst, und die Hautfetzen sahen aus, als seien sie mit irgendeiner klebrigen Substanz versiegelt worden.
Cooper richtete sich auf und dehnte die schmerzenden Muskeln seines Rückens. Er hatte am Vormittag Squash gespielt, und dabei hatte ihm sein Gegner den Ball in die Nieren geschmettert, nachdem er einen Stoppball erlaufen und am falschen Platz gestanden hatte. Man konnte sich bei Polizisten nie darauf verlassen, dass sie einem nicht in den Rücken fielen.
»Eine Hand des Ruhms«, sagte er. »Die bekommt man heutzutage nur noch alle Jubeljahre zu Gesicht.«
»Hm.«
»Alle Jubeljahre. Obwohl sich meine Freude in Grenzen hält. Aber es gibt nicht mehr viele davon.«
Cooper hatte den Verdacht, dass er vor sich hin plapperte und Nonsens von sich gab. Das tat er, da eine Stille herrschte, die es zu füllen galt. Es war nicht das erste Mal, dass das vorkam. Nicht einmal das erste Mal am heutigen Tag.
Er sah seine Begleiterin an, da er sich aufgrund ihres Schweigens nicht sicher war, wie sie reagierte. »Und, was hältst du davon?«
»Ich finde sie eklig.«
»Eklig?«
»Ja, total igitt.«
Cooper nickte. »Ja, da hast du vermutlich recht.«
Das war zwar keine fachliche Beurteilung, aber sie war trotzdem zutreffend. Es gab viele Situationen, in denen man sie als Polizist der E-Division gerne verwendet hätte. An einem Samstagabend auf Betrunkenenstreife, zum Beispiel, wenn in der High Street wieder einmal jemand in der Gosse lag. Den fasse ich nicht an, Zentrale, das ist ja igitt. Ja, das würde passen.
Doch heute war sein freier Tag, und er hatte sich angeboten, etwas mit seiner ältesten Nichte zu unternehmen, da sie bereits Weihnachtsferien hatte. Deshalb fühlte er sich verpflichtet, interessant und informativ zu sein. Sich angeboten? War das wirklich die richtige Formulierung? Er erinnerte sich, dass er auf der Bridge End Farm vorbeigeschaut und mit seinem Bruder Matt geplaudert hatte, als Amy ihn entführt hatte. Doch das würde er vor Gericht niemals geltend machen können. Er hatte keine Beweise.
»Die ›Hand des Ruhms‹ stammt angeblich von einem hingerichteten Verbrecher und war diesem abgetrennt worden, als sein Leichnam noch am Galgen hing«, las Cooper aus dem Führer vor.
»Hier ist ein Rezept«, unterbrach ihn Amy. Sie war inzwischen elf Jahre alt und in mancher Hinsicht seltsam erwachsen. Cooper bekam langsam Mitleid mit den Lehrern an Amys neuer Schule. Sie konnte erbarmungslos sein, wenn man sie langweilte.
»Ein was, Amy?«
»Ein Rezept.«
»Wie in einem Kochbuch? So ein Rezept?«
»Ich glaube schon. › Das Rezept für die Zubereitung einer Hand des Ruhms ist einfach ‹, steht hier.«
Cooper sah zu seiner Nichte hinunter, überrascht von der plötzlichen Veränderung ihres Tonfalls. Jetzt war sie interessiert. Es war »igitt«, einfach nur dazustehen und eine konservierte Hand zu betrachten, aber zu lernen, wie man sie konservieren konnte, das war cool. Vermutlich hätte ihn das nicht überraschen sollen.
»› Man drücke das Blut aus der Hand, balsamiere sie in einem Leichentuch ein und tauche sie dann in eine Lösung aus Salpeter, Salz und Pfeffer. Anschließend trockne man sie in der Sonne. ‹ Was ist Salpeter, Onkel Ben?«
»Ähm... ich bin mir nicht ganz sicher.«
Amy schnaubte leise. »› Die andere wichtige Zutat ist eine Kerze, die aus dem Fett eines Gehängten,Wachs und Lappland-Sesam hergestellt ist. ‹ Was ist Lappland-Sesam?«
»Äh...«
»Sesamsamen aus Lappland offensichtlich.« Sie runzelte die Stirn. »Wachsen in Lappland Sesampflanzen?«
»Ich, äh …«
»Schon gut.«
»Ich weiß, wie die Hand des Ruhms verwendet wurde«, sagte Cooper verzweifelt. »Man hat Kerzen zwischen die Finger der Hand gesteckt und sie angezündet, wenn man in ein Haus eingebrochen ist.«
»Wenn man was getan hat?«
»Na ja, sie wurde von Einbrechern verwendet. Der Legende zufolge wurden sie dadurch unsichtbar. Außerdem hat die Hand angeblich verhindert, dass die Hausbesitzer aufwachen.«
Auf der kleinen Tafel stand noch eine letzte Erklärung, bei der er sich nicht die Mühe machte, sie vorzulesen. Die Dochte der Kerzen bestanden aus Haarlocken, die in Fett vom Körper des Mörders und von einem alten Kater getaucht und anschließend geweiht
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