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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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denkt an Shirin. »Ich tue es für dich, Schwester«, flüstert sie, und niemand hört es, denn der Motor ist tausendmal lauter.
    Das Zeug, das gut verpackt unter den Bodenplatten des Jeeps liegt, wird sie sich schon bald um den Leib binden. Dann wird ihr Herz zerreißen und sie selbst wird unsterblich werden. Und frei.

16.
    Sie hätte auch jemand anderen hierhin gehen lassen können, klar. Die richterliche Befugnis zur Öffnung des Postfachs hatte Bellhorn ihr innerhalb einer Dreiviertelstunde besorgt und gleichzeitig angeboten, einen Mitarbeiter zu schicken.
    Trotzdem fuhr sie selbst zum Postamt am Weidendamm und besorgte sich mit dem Juristen-Wisch in der Hand den Ersatzschlüssel zum Fach 387628.   Es war reine Ablenkung, Wencke hielt es weder im Büro noch zu Hause noch allzu frühzeitig am Flugplatz aus, und das Öffnen der Reisebüro-Post versprach ein ungefährliches Unterfangen zu sein.
    Einige mannshohe Regale, von oben bis unten in verschieden große, graue Schließfächer aufgeteilt, reihten sich in der Poststelle aneinander. Shirins Fach hatte das kleinste Format und man musste in die Knie gehen, um dranzukommen. Wencke steckte den Schlüssel in die runde Öffnung, drehte ihn, stellte das Metalltürchen auf und spähte hinein. Es lag tatsächlich nur dieser eine Brief vom Reisebüro darin. Ein wenig enttäuscht war Wencke schon, sie hatte insgeheim gehofft, vielleicht einen Hinweis zu finden, eine Adresse, einen Kontakt, irgendwas eben, das sie schneller zu Emil bringen könnte.
    Der Brief von
Sunshine Travel
enthielt wie angekündigt dieReiseunterlagen, die im Juni gebucht worden waren: Zwei Wochen Malediven mit allem Drum und Dran. Doch die Namen, die außer Shirin Talabani auf den Tickets standen, hatte Wencke nicht erwartet. Weder Karsten Völker noch Peer Wasmuth noch sonst ein Mann sollte mit auf Reisen gehen; die Tickets verrieten, dass Shirin mit ihren Kindern ins Palmen-Paradies fliegen wollte, ihre Begleiter waren gebucht als Frau Roza Talabani und Kind Azad Talabani. Was das zu bedeuten hatte, darüber würde sie sich später noch den Kopf zerbrechen. Jetzt musste sie los.
    Erst auf den zweiten Blick entdeckte Wencke den kleingedruckten Satz am Ende der Buchungsbestätigung.
Der Gesamtbetrag von 7265,- Euro wird in dieser Woche von Ihrem Konto mit der Nr.   133   144   155   -   9 abgebucht.
Dahinter fanden sich die Daten der
Welfen-Privat-Bank
, von der Wencke wusste, dass sie mit den Selbstbedienungsschalteranlagen der üblichen Geldinstitute nichts zu tun hatte, sondern in erster Linie Vermögens- und Stiftungsverwaltung betrieb.
    Wencke suchte sich den Weg durch das Schließfachlabyrinth nach draußen, wo Axel wie verabredet auf dem Parkplatz auf sie wartete, die gepackten Sachen im Kofferraum. Sie fischte sich eine frische Jeans, ein gelbes T-Shirt und ein weißes, weites Hemd aus der kompakten Reisetasche und begann, sich während der Fahrt auf dem Beifahrersitz umzuziehen. Es war wie eine Wiedergeburt, endlich wieder in Zivil zu sein. Die versiffte Uniform schleuderte sie auf die Rückbank.
    »Stell dir vor, Shirin Talabani hatte ein Konto bei der
WPB.
Nobler kann man sein Vermögen in Niedersachsen nicht parken. Dass sie Konten für alleinerziehende Kurdinnen einrichten, ist mir allerdings völlig neu.«
    Wencke reichte Axel den Brief und er verstand die Aufforderung, noch heute der Sache nachzugehen.
    »Mitten im Schuljahr vierzehn Tage Strandurlaub zu buchen –das macht einfach keinen Sinn«, regte Wencke sich auf. »Und warum hat sie sich das ganze Zeug nicht nach Hause schicken lassen? Wozu diese umständliche Aktion mit dem Reisebüro in Steinhude und dem Postfach in Hannover?«
    »Das sieht ziemlich verboten aus.« Kurz dachte Wencke, Axel spräche von ihren Brüsten, die eine Sekunde bloß lagen, bevor sie sich den sonnenfarbenen Baumwollstoff darüber schob. Doch sein Blick war auf die Tickets gerichtet. »Sie wollte nicht, dass diese Tickets jemandem in die Hände fallen, der die Reise verhindern könnte. Der Trip in den Indischen Ozean musste top secret bleiben.«
    Wencke verstand. »Du meinst, es könnte sich um eine Flucht handeln? Sie kauft Urlaubstickets auf die Malediven, von dort startet sie dann meinetwegen nach Südafrika, schließlich weiter, nach Skandinavien oder wohin auch immer. Menschen, die wirklich verschwinden wollen, verwischen auf diese Weise ihre Spuren.«
    »Eine ziemlich kostspielige Angelegenheit für drei Personen.«
    »Im Juni schien Geld ja

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