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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kein Problem gewesen zu sein.«
    »Und wovor musste sie mit ihren Kindern flüchten?«
    »Die anstehende Zwangsheirat vielleicht   …« Nachdem Wencke einen Moment ihre Theorie überdacht hatte, schüttelte sie den Kopf. »Wenn sie Roza das Schicksal ersparen wollte, dann hätte sie einfach nur zum Jugendamt oder ins Frauenhaus gehen müssen. Besonders nach der Vorgeschichte in der Familie hätte man ihnen Schutz geboten, und Rozas Vater Moah Talabani, sollte er weiter auf einer Zwangsheirat bestehen, hätte schneller das Sorgerecht verloren, als er bis zehn zählen könnte. Dann wären sie außer Gefahr gewesen. Nein, es gab einen anderen Grund, im großen Stil abzuhauen. Sie hatte Angst.«
    Sie bogen Richtung Flughafen ab, direkt vor ihnen stieg eine Maschine langsam in den Himmel.
    Axel griff in seine Jackentasche und zauberte ein Handy hervor, es war ein grauenhaft pinkfarbenes, eiförmiges Plastikmonster. »Ich dachte mir, ein solches Teil wird dir bestimmt nicht geklaut im Moloch Istanbul. Du hast ein Guthaben von hundert Euro, deine neue Telefonnummer habe ich dir auf den kleinen Zettel geschrieben, der in der vorderen Tasche steckt, ebenso die Nummern von Kosian, Bellhorn, Wasmuth, deiner Mutter und den anderen Leuten, die alle wissen wollen, wie es dir geht.« Er grinste sie an. »Meine eigene natürlich auch. Dann brauchst du nicht mehr bei mir zu Hause anzurufen   …«
    Wencke hielt kurz die Luft an und schluckte. Die Wörter blieben trotzdem hartnäckig in ihrem Halse stecken.
    »Keine Sorge, sie hat keinen   … ach, scheiße, wie soll ich das ausdrücken? Keinen Verdacht geschöpft? Klingt so albern.« Fast hätte Axel die Abzweigung zum passenden Terminal verpasst, er bremste scharf und schnitt einen Sportwagen, als er sich in die Ausfahrt klemmte. »Es wäre mir lieber, wenn Kerstin nichts erfährt   … von uns   …«
    »Schon klar.« Von uns? War da denn etwas, was man so nennen könnte?
    Links und rechts erhoben sich die Betonschnecken der Parkhäuser, auf Werbeflächen wurden Reiseversicherungen, Hotelketten und Mietwagenfirmen angepriesen.
    Kurz dachte Wencke an Emil, auch wenn es wehtat und sie sich fest vorgenommen hatte, die Sorgen um ihn zu verdrängen, bis sie in der Lage war, tatsächlich etwas zu unternehmen. Ob er gestern Abend auch auf dieser Strecke unterwegs gewesen war? Was hatte er gedacht? Oder war der Flughafen an ihm vorbeigerauscht, weil er benommen war von der Angst – oder von Rozas Tabletten?
    Was hatten Shirins Kinder in diesem Moment von diesem fremden Jungen gehalten – mit schwarz gefärbtem Haar und in Azads Klamotten? In dieser Familie wurde etwas vertuscht,und alle machten mit, auch Roza und Azad. Sie hielten zusammen, jeder für jeden, egal, was verlangt wurde.
    Es ist anders als bei uns, stellte Wencke fest, wo man sich verliebt in einen Mann, der Frau und Kind hat und diese niemals verlassen wird, weswegen es kein Wir gibt und niemals geben wird. Wo man froh ist, die nervende Mutter vom Sofa zu jagen, auch wenn man dann das eigene Kind ganz allein versorgen muss. Denn alles ist wichtiger als ein erfülltes Familienleben, jeder macht sein eigenes Ding, keiner mischt sich ein, auch dann nicht, wenn alles auseinanderbricht.
    Was ist besser, fragte sie sich. Wäre in einer kurdischen Familie auch der Sohn entführt worden, ohne dass ein Mensch es mitbekommen hätte? Die Antwort war frustrierend. Wäre Wenckes Mutter nur zwei Tage länger geblieben   …
    Axel quetschte sein Auto in eine schmale Parkbucht vor dem Terminaleingang. Nur zum Entladen des Gepäcks, mahnten Hinweisschilder, und die Ordnungsbeamten gierten schon auf dem Gehsteig nach Parksündern. Es musste schnell gehen. Die Tasche aus dem Wagen, die Online-Buchung in die Hand, ein Blick in die Papiere, alles dabei. Wencke fühlte sich wie im Zeitraffer, die Sekunden flogen ihr um die Ohren, sie wollte nur weg hier, endlich nach Istanbul, endlich zu Emil   … Bis sie jäh gestoppt wurde, von Axel, der sie in den Arm nahm, der eine Hand in ihren Nacken schob und mit der anderen zärtlich über ihre Wange strich.
    »Wencke Tydmers, warum bist du nur so stur!« Sein Lächeln rutschte ihm fast aus dem Gesicht. »Wenn ich nicht ganz genau wüsste, dass es sinnlos ist, würde ich dich bitten, hierzubleiben und mich auf die Suche zu schicken!«
    »Glaubst du etwa, ich werde es vermasseln?«
    »Nein, wenn es jemand schafft, dann bist du es. Das war es nicht, was ich gemeint habe.«
    »Sondern?«
    »Ich

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