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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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brauchte die Ehe, um nach Deutschland kommen zu dürfen. Und der Vater brauchte die Ehe, um Shirin den Weg in die Unabhängigkeit abzuschneiden. Es ist ein Jammer, sie ist so begabt   …«
    »Aber warum war sie dann in Ihrer Sprachschule? Das wird sie doch kaum nötig gehabt haben.«
    »Shirin ist ehrgeizig. Sie kann zwar fließend deutsch sprechen, hatte aber eine Schwäche beim Lesen und Schreiben. Das wollte sie verbessern. Damals, vor gut zehn Jahren, hatte sie überlegt, die mittlere Reife nachzumachen und dann das Fachabitur zu probieren.«
    »Was ist aus den Plänen geworden?«
    Wasmuth seufzte marianengrabentief. »Die wurden ihr ausgetrieben. Das glaube ich zumindest. Als Azad, der jüngere Sohn, geboren wurde, kam sie nicht mehr in den Unterricht. Meryem, die jüngere Schwester, lernte zu der Zeit bei mir. Sie hat mir erzählt, dass Shirin nach Hannover gezogen ist. Als ich sie dort besuchte, um nach dem Grund für ihr Fortbleiben zu fragen, benahm Shirin sich seltsam ablehnend und bat mich, sie in Ruhe zu lassen.«
    »Und das haben Sie getan?«
    »Was blieb mir anderes übrig? Stellen Sie sich vor, ich bekam sogar Besuch von ihrem Bruder und einem Cousin. Die beiden hatten schlagkräftige Argumente, dass ich mich ihrer Schwester nicht mehr nähern solle.«
    »Sie haben Ihnen Gewalt angedroht?«
    »Nicht direkt. Shirins Familie hat in der Wunstorfer Kurdenszene einen gewaltigen Einfluss, und sie sagten, wenn ich nicht täte, was sie wollten, dann würde es in Zukunft schwer werden, den Unterricht in den Räumen der Moschee abzuhalten. Shirins Schwester Meryem hat man den Sprachunterricht mit sofortiger Wirkung untersagt. Da musste ich klein beigeben,auch wenn es mir wirklich leidgetan hat für meine beste Schülerin.«
    Was für ein Weichei, dachte Wencke. Behauptete, den kurdischen Frauen eine bessere Perspektive bieten zu wollen, und kniff, sobald es ein kleines bisschen brenzlig wurde. Ein Schönwetterprediger vor dem Herrn. Doch sie untersagte sich den spitzen Kommentar. Schließlich hatte er dieses schwierige Treffen heute ermöglicht.
    Eine langgestreckte Rechtskurve, ein Backsteinhaus in einem Waldstück verborgen, danach ein Feldweg.
    »Hier! Genau an dieser Stelle ist der Unfall passiert!« Er fuhr noch langsamer und zeigte auf eine Buche, die weder dicker noch größer war als die anderen Bäume links und rechts der Landstraße. »Das war ein Schock damals, mein Gott! Nie hätte ich gedacht, dass diese schreckliche Drohung wahr gemacht werden würde.«
    »Haben Sie denn vorher gewusst, dass Shirin getötet werden sollte?«
    »Sie hat es mir erzählt. Damals, nachdem sie ihren Mann verlassen hat, hatten wir wieder mehr Kontakt. CIFN war der Zufluchtsort für Shirin und ihre Kinder, als sie nicht mehr wusste, wohin. Sie hat sogar ein paar Tage in der Bildungsstätte gewohnt.«
    Sie durchfuhren ein Dorf namens Gümmer, bogen auf eine Schnellstraße, und nach einigen sprachlosen Minuten passierten sie das Ortsschild. Was wusste Wencke über die Kleinstadt, in der sich die Tragödie der Familien Mêrdîn und Talabani abgespielt hatte? Das Landeskrankenhaus hatte eine anerkannte Psychiatrie, mit deren forensischer Abteilung würde Wencke im Zuge ihrer Arbeit bestimmt noch oft genug telefonieren. Drei dicke Militärmaschinen zogen wie überdimensionale Hummeln ihre Kreise in den Himmel und setzten zum Landeanflug auf den benachbarten Fliegerhorst an.
    Wunstorf war groß genug, dass Gefahren sich im Verborgenen ausbreiten konnten, weil eben nicht jeder jeden kennt und man kaum ahnen kann, welche Dramen sich hinter den schmucken Fachwerkfassaden abspielen. Aber die Stadt war auch klein genug, dass ein solches Verbrechen, wie es sich nur wenige Kilometer vor dem Ortsschild abgespielt hatte, noch nach drei Jahren seine Narben im Miteinander hinterließ.
    »Warum ist Frau Talabani nicht weiter weggezogen?«, fragte Wencke, als sie in die Straße einbogen, in der laut Aktenvermerk der Wohnsitz der alleinerziehenden Mutter war.
    Wasmuth fuhr auf den kleinen Kundenparkplatz einer Videothek. Die vergilbten Aufkleber auf der Scheibe verrieten, dass der Eintritt hier erst ab achtzehn erlaubt war. Die schäbigen Plakate dahinter erklärten mit nackten Tatsachen oder blutigen Details, warum das so war.
    »Ich meine, sie hätte doch ganz woanders ein neues Leben beginnen können. Schließlich hat die Familie ihr ja auch weiterhin gedroht. Man hätte sie in ein Schutzprogramm aufgenommen.«
    Er lachte etwas zu

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