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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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das so war, aber keines seiner Worte drang in ihr Bewusstsein.
    Auf den ersten Blick erschien die Stadt modern, in einigen Hannoveraner Stadtteilen trugen mehr Frauen Kopftuch als hier im Zentrum Istanbuls. Und doch war ihr alles sehr fremd, die Bedeutungen der zahlreichen Hinweisschilder erschlossen sich Wencke nicht im Geringsten und ein Blick auf das Durcheinander der Straßen machte deutlich, dass man hier schnell aus der Spur geraten konnte, wenn man nicht wusste, wohin. Sie musste nett zu Wasmuth sein, auch wenn er nervte.
    Drei junge Männer kamen auf sie zu, als wären sie bestens mit ihr bekannt, und boten kaltes Wasser in Plastikflaschen an. Wencke kaufte zwei und trank die erste in einem Zug leer. Der Gebetsruf des Muezzin aus blechernen Lautsprechern schaffte es nicht ganz, den Lärm ringsherum zu übertönen. Niemand schenkte ihm Beachtung, niemand hielt inne, der Klang wirkteähnlich spektakulär, wie wenn in Hannover die Marktkirchenglocke läutete. Hatte sie wirklich erst heute Morgen am Fenster ihres Büros gestanden und dem Gebimmel gelauscht? Es schien ihr Tage her zu sein.
    »Und, wie gefällt es Ihnen?«, fragte Wasmuth.
    Wencke holte tief Luft. »Wie es mir gefällt? Hören Sie! Ich vermisse meinen Sohn, und vielleicht gelingt es Ihnen zu kapieren, dass ich mir verdammte Sorgen um ihn mache und keine Ahnung habe, wo in diesem Moloch er womöglich festgehalten wird. Können wir jetzt – ich bitte Sie darum – anfangen? Wie kommen wir am schnellsten zu dieser Blauen Moschee?«
    Er presste seine schmalen Lippen aufeinander. Auf einmal sah er gar nicht mehr so aus, als würde ihm der Ausflug Spaß machen. »Wir sind hier nicht in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Hier kommt man nicht eben mal ganz schnell wohin. Es gibt zig verschiedene Metro- und Straßenbahnnetze, modern und nostalgisch, kilometerlang und auch nur mit zwei Stationen. Bequem können Sie es woanders haben, Frau Tydmers, aber nicht in Istanbul!«
    Ohne einen weiteren Satz lief er los und kümmerte sich nicht darum, ob Wencke Schritt halten konnte. Doch das war bei diesen Menschenmassen gar nicht so einfach. Wasmuth bewegte sich recht routiniert durch das Chaos von Drehkreuzen, in die man kleine Münzen werfen musste, um zur Straßenbahn zu gelangen. Sie schoben sich durch eine enge Unterführung, in der ein buntes Sammelsurium an gefälschten Markenklamotten und nervtötendem Kinderspielzeug angeboten wurde, nahmen wieder eine Bahn, fuhren an bunten Teppichläden und Döner-Restaurants vorbei und stiegen schließlich mit zahllosen anderen Touristen an einer Haltestelle aus.
    Wencke fühlte sich in dem Geschiebe und Gedrängel der Massen höchst unwohl. »Where do you come from?«, fragte alle zehn Meter ein Kellner und forderte mit unmissverständlicherGeste, doch an einem der hinter ihm liegenden Tische Platz zu nehmen.
    Die
Sultan Ahmet Camii
lag in einem Park mit fast englischem Rasen. Sechs raketenförmige Minarette bezeichneten die Eckpunkte der Moschee, die aus unzähligen Kuppeln, Bögen, Säulen und Arkadengängen bestand. Über eine monumentale Treppe gelangten sie in einen Innenhof, in dessen Mitte ein steinerner Pavillon stand. Selten hatte Wencke so viele fotografierende Menschen auf einmal gesehen, alle Hautfarben waren vertreten. Wie viel man davon sehen konnte, war unterschiedlich, die Frauen trugen alles vom freizügigen Minirock bis zum ganzkörperverhüllenden Çarşaf.
    Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie mit offenem Mund stehen geblieben war, und als sie wieder zu sich kam, war Wasmuth verschwunden. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse, hielt Ausschau nach einem blassen Mann in brauner Sommerhose und beigefarbenem Hemd, davon gab es einige, aber keiner von ihnen war Wasmuth. »Mist«, fluchte sie, rannte zu den Säulengängen, spähte hinter die zahlreichen Nischen, schließlich trat sie durch die riesige Tür. Kein Mensch nahm Anstoß daran, dass sie weder barfuß noch mit Kopfbedeckung in die Moschee getreten war. Die Stimmung im Inneren des Gotteshauses war seltsam, erinnerte so gar nicht an die sakrale Stille der christlichen Kirchen. Frauen standen tratschend beieinander, Kinder rollten sich über den dicken Teppich, an jedem klobigen Stützpfeiler stand mindestens eine Touristengruppe und lauschte den Vorträgen eines Reiseleiters, die Sprachfetzen ergaben einen multinationalen Klangteppich.
    Wencke schaute sich um und passierte die Abgrenzung zum Gebetsraum. Ein überdimensionierter Lüster

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