Todesengel
war ungefähr dreißig Zentimeter lang. Der Durchmesser entsprach genau dem Kaliber des C-Bogens, den David vor ein paar Minuten inspiziert hatte. Der Zylinder stand aufrecht neben dem Parkhaus-Modell auf dem Tisch; van Slyke hatte also keinen Schwachsinn geredet. David stürmte mit seinen Bleischürzen auf den Zylinder zu.
»Bleiben Sie stehen!« schrie Traynor. Bevor David den Zylinder erreicht hatte, kam ihm Caldwell in die Quere und packte ihn am Kragen. »Was, zum Teufel, haben Sie hier zu suchen?« wollte Caldwell wissen.
»Ich versuche, Ihnen das Leben zu retten, wenn es nicht schon zu spät ist«, erwiderte David. »Lassen Sie ihn los!« schrie Angela. »Wovon reden Sie eigentlich?« fragte Traynor. David zeigte auf den Zylinder. »Ich fürchte, Sie haben Ihre Sitzung neben der Strahlungsquelle einer Kobalt-60-Anlage abgehalten.«
Cantor sprang sofort auf; sein Stuhl kippte nach hinten und krachte zu Boden. »Mir ist dieses komische Ding eben schon aufgefallen«, rief er. »Aber ich bin nicht darauf gekommen, was es wohl sein könnte.« Mit diesen Worten drehte er sich um und rannte aus dem Raum. Caldwell war völlig verblüfft und ließ David los, der sofort zum Tisch rannte und sich den Messingzylinder schnappte. Er hob ihn mit seinen Bleihandschuhen hoch und rollte ihn in eine Bleischürze. Dann wickelte er auch die beiden anderen Schürzen, die er bei sich trug, um den Zylinder. Als er damit fertig war, reichte ihm Angela ihre Schürzen und ging kurz hinaus, um die restlichen zu holen. Während er die letzte Schürze um das wulstige Paket wickelte, holte Angela den Geigerzähler hervor. »Ich glaube Ihnen kein Wort«, sagte Traynor schließlich, um das schockierte Schweigen zu brechen. Doch seine Stimme klang wenig überzeugend. Cantors überstürzte Flucht hatte ihn stark verunsichert. »Es ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt zum Diskutieren«, sagte David. »Am besten verlassen Sie schleunigst diesen Raum. Während Ihrer Sitzung waren Sie alle einer sehr hohen Dosis radioaktiver Strahlen ausgesetzt. Ich empfehle Ihnen, so schnell wie möglich einen Arzt aufzusuchen.«
Traynor und die anderen Anwesenden warfen sich nervöse Blicke zu. Plötzlich stürmte ein Vorstandsmitglied nach dem anderen aus dem Raum. Auch Traynor ergriff die Flucht.
David nahm noch einmal den Geigerzähler zur Hand. Entsetzt mußte er feststellen, daß die Nadel heftig ausschlug; die radioaktive Strahlung war weiterhin sehr stark. »Laß uns schnell abhauen«, sagte David. »Mehr können wir im Augenblick nicht tun.«
Sie ließen den in Bleischürzen gehüllten Zylinder auf dem Tisch zurück und eilten aus dem Raum. Als sie die Tür hinter sich zugeschlagen hatten, brachte David den Geigerzähler ein letztes Mal zum Einsatz. Wie erwartet, war die radioaktive Strahlung jetzt wesentlich schwächer. »Solange niemand den Konferenzraum betritt, wird heute nacht wohl keiner mehr zu Schaden kommen«, sagte er. Dann steuerten sie auf die Eingangshalle zu, um Nikki abzuholen. Kurz bevor sie unten waren, blieb David stehen. »Glaubst du, wir können Nikki noch ein paar Minuten warten lassen?« fragte er.
»Solange sie vor einem Fernseher hockt, wartet sie notfalls eine ganze Woche auf uns«, erwiderte Angela. »Warum fragst du?«
»Ich glaube, ich weiß, wie die Patienten verstrahlt worden sind«, entgegnete David und führte Angela zurück auf die Krankenstation.
Eine halbe Stunde später holten sie Nikki ab und gingen zum Parkplatz. Zunächst fuhren sie mit dem Cherokee zu van Slykes Haus, um ihren Volvo abzuholen. »Glaubst du, es besteht die Gefahr, daß er heute nacht jemandem etwas antut?« fragte David und zeigte dabei auf das Haus von van Slyke, »Nein«, erwiderte Angela.
»Ich kann es mir auch nicht vorstellen«, sagte David. »Dieses Haus noch einmal betreten zu müssen, ist so ziemlich das letzte, was ich jetzt tun möchte. Laß uns zu meinen Eltern fahren. Ich bin total erschöpft.« David stieg aus. »Ich fahre hinter dir her«, rief er Angela zu.
»Ruf deine Mutter an«, rief Angela zurück. »Sie macht sich bestimmt schon wahnsinnige Sorgen.« David stieg in den Volvo und ließ den Motor an. Dann warf er noch einmal einen Blick auf Calhouns Lieferwagen und schüttelte traurig seinen Kopf.
Während er in die Hauptstraße einbog, griff David zu seinem Mobiltelefon. Bevor er jedoch seine Mutter anrief, wählte er die Nummer der Bundespolizei. Als sich ein Beamter des Bereitschaftsdienstes meldete, erklärte David
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