Todesengel
Gesimsen seien eine wahre Pracht. David wollte sich jeden Winkel des Hauses ansehen. Sie stiegen über die grauen Granitstufen in den Keller hinab, wo die Luft ziemlich feucht und muffig war. »Hier riecht es so komisch«, sagte er. »Kann es sein, daß im Keller irgendwo Wasser steht?«
»Nicht daß ich wüßte«, erwiderte Dorothy. »Aber der Keller ist riesengroß. Wenn Sie handwerklich ein bißchen begabt sind, können Sie sich hier eine komplette Werkstatt einrichten.«
Angela mußte ein Kichern unterdrücken. Beinahe wäre ihr herausgerutscht, daß David kaum imstande war, eine Glühbirne auszuwechseln, doch sie hielt ihre Zunge im Zaum.
»Hier gibt es ja gar keinen Bodenbelag«, bemerkte David. Er bückte sich und kratzte mit seinem Fingernagel etwas an der Erde.
»Das ist ein festgewalzter Lehmboden«, antwortete Dorothy. »In älteren Häusern findet man häufig solchen Boden. Hier unten gibt es auch noch andere Merkmale, die typisch sind für ein Haus aus dem neunzehnten Jahrhundert.« Während sie das sagte, öffnete sie eine schwere Holztür. »Das hier zum Beispiel ist der alte Vorratskeller.«
Der düstere Raum wurde nur von einer einzigen schwachen Glühbirne beleuchtet; man konnte gerade erkennen, daß an den Wänden ein paar Regale für Einmachgläser und auf dem Boden große Kisten für Kartoffeln und Äpfel standen.
»Hier kriegt man ja richtig Angst«, sagte Nikki. »Es sieht aus wie in einem Kerker.«
»Ein schönes Plätzchen für deine Eltern, falls sie uns mal besuchen sollten«, sagte David zu Angela. »Wir könnten sie gut hier unten einquartieren.« Angela verdrehte die Augen.
Im anschließenden Kellerraum präsentierte Dorothy ihnen stolz eine große Kühltruhe. »Wie Sie sehen, verfügt dieses Haus sowohl über die alten wie auch über die neuen Methoden der Lebensmittellagerung«, sagte sie. Bevor sie den Keller wieder verließen, öffnete Dorothy noch eine weitere Tür. Dahinter befand sich eine Treppe aus Granitstein, die zu einer Ausstiegsluke hochführte.
»Über diese Treppe kommt man in den Hof«, erklärte Dorothy. »Deshalb wird hier unten das Brennholz aufbewahrt.« Sie zeigte auf einen Stapel Holzscheite, der ordentlich an einer Wand aufgeschichtet worden war. Am Ende ihres Rundgangs durch den Keller sahen sie sich noch den großen Heizofen an. Er sah beinahe so aus wie eine alte Dampflokomotive. »Früher wurde in diesem Ofen Kohle verbrannt«, erklärte Dorothy. »Aber inzwischen ist er in eine Ölheizung umfunktioniert worden.« Sie zeigte auf einen großen Öltank, der gegenüber der Kühltruhe auf Betonblöcken stand. David nickte, obwohl er keinen Schimmer davon hatte, wie ein Heizofen funktionierte, was auch immer in ihm verbrannt wurde.
Auf der Treppe, die zur Küche hinaufführte, stieg David wieder dieser moderige Geruch in die Nase; deshalb fragte er Dorothy, ob das Sickersystem auch wirklich funktioniere.
»Aber natürlich, es ist alles bestens in Ordnung«, beteuerte sie. »Wir haben den Sickerbrunnen überprüfen lassen. Er befindet sich auf der Westseite des Hauses. Wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen den Brunnen.«
»Nein, das ist nicht nötig«, erwiderte David. Er wußte weder, wie ein Sickerbrunnen funktionierte, noch wie er hätte aussehen sollen.
Auf dem Weg zurück in die Stadt setzte Dorothy die Wilsons vor der Green Mountain National Bank ab. Als sie die Bank betraten, waren David und Angela nervös und aufgeregt. Barton Sherwood kam sofort auf sie zu.
»Wir haben ein Haus gefunden, das uns gefällt«, sagte David.
»Das überrascht mich überhaupt nicht«, erwiderte Sherwood. »In Bartlet gibt es schließlich jede Menge wunderschöne Häuser.«
»Es gehört Clara Hodges«, fuhr David fort und überreichte Sherwood die Objektbeschreibung. »Die Eigentümerin verlangt zweihundertfünfzigtausend Dollar. Was halten Sie von dem Haus? Meinen Sie, der Preis ist angemessen?«
»Es ist ein grandioses, altes Haus«, sagte Sherwood. »Ich kenne es sehr gut.« Er warf einen Blick auf die Grundstücksbeschreibung. »Die Lage ist ebenfalls fabelhaft. Mein eigenes Grundstück liegt direkt daneben. Was den Preis angeht, würde ich sagen - es ist ein Geschenk.«
»Die Bank wäre also bereit, uns bei diesem Kaufpreis einen Kredit zu gewähren?« fragte Angela. Sie wollte ganz sicher sein, denn sie konnte noch immer nicht so richtig an ihr Glück glauben.
»Sie müssen natürlich ein niedrigeres Angebot machen«, sagte Sherwood. »Ich empfehle Ihnen,
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