Todesengel
Sie?« richtete sich Caldwell an Angela.
»Ja, auf jeden Fall.«
David bat seinen neuen Chef, ihn doch noch einmal durch seine zukünftigen Praxisräume zu führen. Kelley tat David diesen Gefallen gern. Vor dem Wartezimmer verharrte David für einen Moment und malte sich aus, daß an der freien Stelle unter dem Namensschild von Dr. Randall Portland schon bald sein Name stehen würde. Er hatte es geschafft. Er hatte sein langes und hart erarbeitetes Ziel erreicht, auf das er seit der achten Klasse zugesteuert war. Schon damals hatte für ihn festgestanden, daß er einmal Arzt werden würde.
Schließlich öffnete er die Tür und betrat den Raum. Doch dann wurde David abrupt aus seinen Träumen gerissen, als plötzlich eine Person in Chirurgenkleidung mit einem Satz von dem Sofa im Wartezimmer aufsprang. »Was soll denn das bedeuten?« fragte der Mann ärgerlich. David brauchte einen Augenblick, bis er sich darüber klar war, daß es Dr. Randall Portland war, der da vor ihm stand. Vielleicht hatte David den Mann deshalb nicht auf Anhieb wiedererkannt, weil er im Wartezimmer einfach nicht mit ihm gerechnet hatte; zum Teil lag es aber sicherlich auch daran, daß Dr. Portland sich in dem einen Monat ziemlich stark verändert hatte. Er war viel dünner geworden und wirkte gequält; seine Augen lagen in tiefen Höhlen, und seine Wangen waren eingefallen.
Kelley kam hinzu und machte die beiden noch einmal miteinander bekannt. Er erklärte Randall, weshalb sie gekommen seien; daraufhin verflog dessen Ärger so schnell wie er gekommen war. Wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht, plumpste Dr. Portland zurück auf sein Sofa. David fiel auf, daß sein künftiger Kollege nicht nur abgenommen hatte, sondern daß er auch sehr blaß war. »Es tut mir wirklich leid, daß ich Sie gestört habe«, sagte David.
»Kein Problem. Ich habe nur gerade versucht, ein bißchen zu schlafen«, erklärte Dr. Portland. »Ich mußte heute morgen schon operieren und war etwas müde.«
»Tom Baringer?« fragte Caldwell. Dr. Portland nickte.
»Ich hoffe, daß alles geklappt hat«, sagte Caldwell. »Die Operation ist reibungslos verlaufen«, erwiderte Dr. Portland. »Jetzt müssen wir ihm nur noch die Daumen drücken, daß er sich gut erholt.«
David entschuldigte sich ein weiteres Mal und drängte dann schleunigst zum Aufbruch.
»Das war wohl nicht so gut«, sagte Kelley. »Tut mir leid.«
»Irgend etwas stimmt nicht mit ihm. Was ist mit ihm los?« fragte David.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Kelley. »Ich finde, er sieht verdammt schlecht aus«, stellte David fest.
»Er macht den Eindruck, als ob er Depressionen hätte«, sagte Angela.
»Wahrscheinlich ist er einfach überarbeitet«, räumte Kelley ein. »Er hat sehr viel zu tun.«
Die Wilsons, Caldwell und Kelley gingen zurück in den Verwaltungstrakt. Vor seiner Bürotür sagte Kelley noch: »Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann lassen Sie es mich wissen.«
»Wir müssen ein paar Häuser besichtigen«, sagte Angela. »Vielleicht können Sie uns sagen, an wen wir uns da am besten wenden?«
»Rufen Sie Dorothy Weymouth an«, kam Caldwell ihm zuvor.
»Würde ich auch sagen«, sagte Kelley abschließend und verabschiedete sich freundlich.
»In Bartlet ist sie auf jeden Fall die beste Grundstücksmaklerin«, sagte Caldwell. »Kommen Sie doch einfach noch einmal mit in mein Büro, dann können Sie gleich mit ihr telefonieren.«
Eine halbe Stunde später saßen Angela, David und Nikki im Büro von Dorothy Weymouth. Es befand sich im zweiten Stock eines Gebäudes, von dem aus man auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Diningcar sehen konnte. Dorothy war eine freundliche Frau. Sie war ziemlich stämmig und trug ein unförmiges, sackartiges Kleid.
»Ich muß sagen, ich bin wirklich beeindruckt!« begann Dorothy. Für eine derart robuste Frau hatte sie eine erstaunlich hohe Stimme. »Während Sie auf dem Weg vom Krankenhaus hierher waren, hat mich Barton Sherwood angerufen, um mir mitzuteilen, daß die Bank gerne bereit ist, Ihnen zu helfen. Ich hab’ es wahrhaftig selten erlebt, daß der Bankdirektor persönlich bei mir anruft, noch bevor ich meine Kundschaft überhaupt getroffen habe. Da ich Ihren Geschmack natürlich noch nicht genau kenne, müssen Sie mir helfen.« Dorothy breitete auf ihrem Schreibtisch Fotos von Häusern aus, die zum Verkauf standen. »Würden Sie lieber in einem weißen Schindeldach-Haus im Stadtzentrum wohnen, oder bevorzugen Sie
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