Todesengel
sich widerstandslos hinausführen.
»Wir müssen miteinander reden, Harold«, insistierte Hodges, als sie im Flur standen. »Diese Sache ist wirklich ernst.«
»Das glaube ich Ihnen ja«, antwortete Harold und bemühte sich, aufrichtig zu klingen. Er wußte genau, daß er sich irgendwann anhören mußte, was den alten Mann so in Aufruhr versetzte. Dennis Hodges hatte die Leitung der Krankenhausverwaltung übernommen, als Harold noch zur Schule gegangen war. Als Dennis sich damals für diesen Posten entschieden hatte, hatten die meisten Ärzte die Verantwortung gescheut, die mit dem Job verbunden war.
Dennis Hodges hatte das Ruder im Städtischen Krankenhaus von Bartlet dreißig Jahre lang in der Hand gehabt, und während dieser Zeit hatte er aus dem kleinen Landkrankenhaus ein großes Klinikum gemacht. Erst vor drei Jahren war er von seinem Posten zurückgetreten und hatte die Verantwortung für diese riesige Institution an Harold Traynor übergeben.
»Jetzt passen Sie mal auf«, sagte Traynor, »egal, was Sie bedrückt - die Sache kann bestimmt bis morgen warten. Wir reden dann beim Mittagessen darüber. Ich werde dafür sorgen, daß Barton Sherwood und Dr. Delbert Cantor mit dazukommen. Sie wollen doch sicherlich über unsere Krankenhauspolitik diskutieren, und dann wird es wohl am besten sein, wenn mein Stellvertreter und der Leiter der medizinischen Abteilung dabei sind. Meinen Sie nicht auch?«
»Na ja, wahrscheinlich haben Sie recht«, willigte Hodges zögernd ein.
»Okay, dann steht der Termin«, sagte Traynor erleichtert und wollte so schnell wie möglich zurück in den Konferenzsaal. Nachdem er Hodges nun besänftigt hatte, wollte Harold versuchen, aus der unterbrochenen Sitzung noch das Beste zu machen. »Ich werde noch heute abend mit den beiden reden.«
»Ich will mich hier zwar eigentlich nicht mehr einmischen«, sagte Hodges abschließend, »aber für das, was hier passiert, fühle ich mich noch immer verantwortlich. Und ohne mich wären Sie niemals in den Vorstand berufen, geschweige denn zum Vorsitzenden gewählt worden!«
»Das ist mir vollkommen klar«, sagte Traynor und fügte im Scherz hinzu: »Ich weiß allerdings nicht, ob ich Ihnen für diese zweifelhafte Ehre danken oder ob ich Sie dafür verfluchen soll.«
»Ich befürchte, daß Ihnen die Macht zu Kopf gestiegen ist«, entgegnete Hodges.
»Ach, nun hören Sie aber auf«, antwortete Traynor. »Von welcher ›Macht‹ reden Sie denn? Das einzige, was mir dieser Job einbringt, sind Kopfschmerzen, ständig wiederkehrende Kopfschmerzen.«
»Immerhin leiten Sie hier einen Hundert-Millionen-Dollar-Komplex«, entgegnete Hodges. »Und das Klinikum ist in dieser Gegend weit und breit der größte Arbeitgeber. Wenn das keine Macht bedeutet!«
Traynor räusperte sich nervös. »Trotzdem bereitet uns das Krankenhaus viel Kummer. Wir können froh sein, daß unsere Türen überhaupt noch geöffnet sind. Ich muß Sie ja wohl nicht daran erinnern, daß unsere beiden Konkurrenz-Krankenhäuser nicht mehr existieren. Das Valley Hospital mußte schließen, und das Mary-Sackler-Krankenhaus ist in ein Pflegeheim umgewandelt worden.«
»Ja, unser Krankenhaus hat es geschafft«, entgegnete Hodges. »Aber ich habe wirklich Angst, daß die eigentliche Aufgabe der Klinik bei euch geldversessenen Geschäftemachern in Vergessenheit geraten ist!«
»Das ist doch völliger Unsinn«, raunzte Traynor und verlor ein wenig seine Beherrschung. »Ihr alten Ärzte müßt endlich mal aufwachen und der neuen Realität ins Auge sehen! In der heutigen Zeit ist es nicht leicht, ein Krankenhaus zu führen. Ich denke da nur an die Kostendämpfung, an rationelles Pflegemanagement und an die Einmischung der Regierung. Wir können nicht mehr einfach die Kosten zugrunde legen und dann unser Honorar draufschlagen. Die Zeiten haben sich geändert. Um zu überleben, müssen wir uns anpassen und neue Strategien entwickeln! Das schreibt Washington uns vor.« Hodges lachte verächtlich. »Washington schreibt bestimmt nicht das vor, was Sie und Ihr Gefolge hier veranstalten.«
»Genau das tut Washington!« konterte Traynor. »Man nennt das Wettbewerb, Dennis. Der Stärkere und Fiesere überlebt. Die ganzen Kostenverlagerungen und die Buchungstricks, die bei Ihnen noch durchgegangen sind, gibt es nicht mehr!«
Traynor hielt inne und merkte, daß er langsam aus der Fassung geriet. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und atmete tief durch. »Hören Sie, Dennis, ich muß jetzt
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