Todesfinal
Schmidt sagte es immer wieder und sie gingen alle den Feldweg hoch, der in den Wald führte. Auf einmal war ein junger Beamter neben Skamper, der ihn stützen wollte, doch Skamper fühlte sich jetzt wieder besser, es musste die Spritze gewesen sein, die ihm der Arzt gegeben hatte. Er stolperte hinter Dora und Schmidt her, neben ihm war Jasmin, die manchmal etwas sagte, und hinter ihm Arabella, aber Skamper achtete nur auf den Weg, konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, nicht zu stolpern, einfach weiterzugehen. Sie hatten etwas gefunden, hatte Schmidt gesagt.
Dann blieben alle stehen und es war einer der seltenen Momente während dieser Suche, dass Skamper einen klaren Blick hatte.
Sie waren auf einer kleinen Lichtung, im letzten Herbst hatte es einen schweren Sturm gegeben, der eine Schneise in den Wald geschlagen hatte. Nur ein paar Bäume reckten ihre dürren Äste in den Himmel. Vor ihnen war Gebüsch, dahinter Wiese und dann sah Skamper die Beamten, die vor etwas standen und auf sie warteten.
Sie hatten Leichenteile ausgegraben. Während sie näher kamen, erzählte Schmidt, dass sie eine Hand gesehen hätten. Sofort, nachdem sie die Stelle gefunden hatten, die ihnen Dora am Telefon genannt hatte, hätten sie die Hand entdeckt. Der Arm war hinter einem Gebüsch im Boden eingegraben gewesen, die Hand hatte aus der Erde geragt und zum Himmel gedeutet. Skamper musste an den Arm denken, den sie am Glatzenstein gesehen hatten.
Sie hätten sofort angefangen zu graben und hätten auch gleich einen Rumpf im Boden gefunden. Einen Rumpf, dem der Kopf fehlte. Der Leichnam sei erstaunlich frisch, vielleicht hatte man den Rumpf in einem Eisschrank aufbewahrt. Dies alles erzählte Schmidt, während sie zu den Beamten gingen.
Die Leiche war weiß und aufgedunsen, als wäre sie im Wasser gewesen, der Kopf war so sauber vom Hals getrennt worden, dass die Ränder künstlich wirkten, wie der Rumpf einer Schaufensterpuppe. Skamper nahm alle diese Eindrücke in sich auf und dann sah er die blutig eingeritzte Frage auf der Brust des Toten: »Welchen Fehler machte Boris Vanderhorst?«
Skamper murmelte die Frage vor sich hin, wiederholte sie, wurde lauter: »Welchen Fehler machte Boris Vanderhorst?« und sah auf einmal, dass ihn alle anstarrten, und im Blick von Jasmin erkannte er Angst. Angst, dass er durchdrehen würde, dass es schon zu spät war, dass sie das Versteck nicht finden würden.
Skamper stoppte mitten im Satz. Er setzte sich auf den Boden, starrte vor sich hin. Freundschaft, dachte er, vielleicht ist Freundschaft das Wort, aber dann fragte er sich, wie sie das zu dem Versteck führen sollte, denn das hier war nicht das Versteck, hier gab es nur den Hinweis, der sie zum Final bringen sollte.
Dora hockte sich neben ihn. »Hast du eine Ahnung, was das bedeuten könnte?« Sie sprach langsam und betonte jedes Wort.
Skamper sah sie an, schüttelte den Kopf.
Auf einmal war er so müde, dass er sich am liebsten ins Gras gelegt hätte, es hatte keinen Sinn mehr, er konnte hier liegen und warten, bis es zu Ende ging.
Dann blickte er sich um und sah, dass alle stumm um ihn standen, die zwei Polizisten, die den Leichnam ausgegraben hatten, der Beamte, der neben Skamper gegangen war, der Arzt, Dora, Schmidt und Arabella. Jasmin war nicht da. Wo war Jasmin?
Skamper glaubte ihre Ratlosigkeit hören zu können und sie dröhnte in seinem Kopf.
»Ich habe etwas entdeckt.«
Skamper sah auf. Jasmin stand auf einmal vor ihm. »Es gibt hier drei Wege, die weiterführen. Und an jedem ist ein Buchstabe. Ein S, ein K und ein V. Das ist ganz frisch gestrichen.«
Morlov hatte den Weg markiert. Sie mussten den Buchstaben folgen, und die Buchstaben erhielt man, wenn man die Frage richtig beantwortete. Die Erkenntnis durchfuhr Skamper wie ein heißes Fieber.
»Vertrauen«, sagte er. »Das Wort ist Vertrauen.«
Sie hasteten durch den Wald, Skamper wusste nicht, wie lange sie schon den Buchstaben folgten, die Morlov an die Bäume geschrieben hatte. Aber dass sie auf dem richtigen Weg waren, dass auf den Buchstaben V ein E gefolgt war, und dass sie dann an irgendwelchen Bäumen auf ihrem Weg ein R und ein T gesehen hatten, gab Skamper Kraft. Vertrauen. Er musste vertrauen, dass Morlov sich keinen tödlichen Scherz erlaubt hatte, dass sie am Ende dieser Schnitzeljagd tatsächlich ein Versteck finden würden, in dem sich das Gegenmittel befand.
Skamper wusste nicht, wie spät es war. Die Sonne stand niedrig, er sah die Wolken am
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